Berlin – Am weitesten geht Variante 4.5 – die Flutung. Schächte, Strecken, Hohlräume: Was Bergleute in 30 Jahren in den Salzstock gebaut haben, um dort ein Endlager einzurichten, würde komplett geflutet, „mit extern beschaffter salinarer Lösung“. Das Bergwerksgelände an der Oberfläche würde „in den Zustand ,grüne Wiese‘ überführt“, die Gebäude abgerissen. Eine grüne Wiese, wo einst Demonstranten und Wasserwerfer aufeinandertrafen: So weit gehen die Gedankenspiele rund um eines der umstrittensten Relikte der Atomkraft-Ära. Zumindest mal auf dem Papier.
Trotz Endlager-Gesetz hat die neue Suche nach einem Ort für Atommüll noch gar nicht richtig begonnen.
Das Papier stammt aus dem Bundesamt für Strahlenschutz, es enthält 14 verschiedene Varianten für die Zukunft des Salzstocks. Mit allen möglichen Abstufungen reichen sie von der Flutung bis hin zum Fortbestand des bisherigen Bergwerks ohne große Änderungen. Es sind Pläne für die Schwebezeit, denn erst sollen andere Endlager-Optionen ähnlich weit gedeihen wie jene im Wendland. So will es das Gesetz zur neuen Endlagersuche, und die hat ja noch gar nicht richtig angefangen. Nicht mal die Kriterien sind klar, denen ein Endlager künftig genügen muss.
Was es aber bedeutet, dass nichts geschieht, weiß keiner so richtig – dabei eilt die Sache. Schon Ende September läuft der bisherige „Hauptbetriebsplan“ für das Bergwerk aus, die Grundlage aller Arbeiten unter Tage. Eigentlich hätte schon diesen Montag der Antrag auf einen neuen Plan bei den Bergbehörden eingehen sollen, doch die Sache verzögert sich. Denn welche der 14 Varianten dem Betriebsplan zugrunde liegen soll, ist zwischen Bund und Land Niedersachsen umstritten.
Nach SZ-Informationen tendiert das Bundesumweltministerium zu einer Zwischenlösung: Danach würden weite Teile des Bergwerks zwar nicht verfüllt, aber außer Betrieb genommen. Wo Bergleute bis zum vorigen Jahr noch die Geologie des Berges studierten, soll in den nächsten Jahren nichts mehr passieren. Das Salz bliebe dort sich selbst überlassen – und es neigt dazu zuzuwachsen. Nur der „Infrastrukturbereich“ mit seinen Räumen, Werkstätten und Lagern bliebe erhalten, ebenso die Schächte und Bergwerksgebäude.
Doch Niedersachsens Umweltminister Stefan Wenzel (Grüne) geht das nicht weit genug. Zwar sei die grobe Richtung in Ordnung. Allerdings wünsche sich das Land „deutlichere Signale für die Außerbetriebnahme“, sagt Wenzel. In Zukunft solle es in Gorleben „nur noch den geringstmöglichen Aufwand an Personal und Betriebsmitteln geben“. Das wiederum hören die Beschäftigten, an die hundert Bergleute, gar nicht gern. In einem Schreiben an die Ministerpräsidenten der Länder und das Kanzleramt warnte der Betriebsrat kürzlich eindringlich vor einem „Unbrauchbar-Machen“ des Bergwerks. Das Land Niedersachsen wolle in Gorleben vollendete Tatsachen schaffen. Eine offene Suche nach einem Endlager sei dann „nicht mehr machbar“, schrieb der Betriebsrat.
Unterstützung erfahren die Bergleute ausgerechnet durch Wenzels Vorgänger im Umweltministerium, den FDP-Politiker Stefan Birkner. „Früher hieß es immer, Gorleben werde hinter geschlossenen Türen ausgekungelt“, kritisiert er. „Jetzt will die Landesregierung Gorleben genauso hinter verschlossenen Türen erledigen.“
Tatsächlich hat die rot-grüne Landesregierung bisher kein Hehl daraus gemacht, dass sie Gorleben für ungeeignet hält. Nur zähneknirschend hatte sie 2013 der Endlagersuche zugestimmt, obwohl diese Gorleben nicht per se ausschloss. Dahinter steht vor allem die Befürchtung, die Suche könnte am Ende wieder auf Gorleben hinauslaufen – allein durch den Vorsprung, den der Salzstock nach drei Jahrzehnten Erkundungsarbeiten hat. Das wiederum wäre ganz im Interesse der Stromkonzerne: Die haben schon 1,6 Milliarden Euro in das Bergwerk gesteckt und suchen eher unwillig nach Alternativen für ihren Atommüll.
Allerdings kostet auch das Nichtstun Geld, je nach Variante mehr oder weniger viel. Als über Gorleben in den Neunzigern ein zehnjähriges Moratorium verhängt wurde, verschlang allein die „Offenhaltung“ des zuwachsenden Salzstocks 20 Millionen Euro im Jahr. 70 Bergleute behielten seinerzeit ihren Job, auch für Besucher blieb das Bergwerk damals zugänglich. Dies steht jetzt ebenfalls infrage.
Eine Entscheidung über die Variante, so heißt es im Bundesumweltministerium, werde „in Kürze“ fallen. Genehmigen allerdings muss sie das niedersächsische Landesbergamt. Und das untersteht, was Gorleben angeht, dem grünen Umweltminister Wenzel.
Trotz Endlager-Gesetz hat die neue Suche nach einem Ort für Atommüll noch gar nicht richtig begonnen.
Das Papier stammt aus dem Bundesamt für Strahlenschutz, es enthält 14 verschiedene Varianten für die Zukunft des Salzstocks. Mit allen möglichen Abstufungen reichen sie von der Flutung bis hin zum Fortbestand des bisherigen Bergwerks ohne große Änderungen. Es sind Pläne für die Schwebezeit, denn erst sollen andere Endlager-Optionen ähnlich weit gedeihen wie jene im Wendland. So will es das Gesetz zur neuen Endlagersuche, und die hat ja noch gar nicht richtig angefangen. Nicht mal die Kriterien sind klar, denen ein Endlager künftig genügen muss.
Was es aber bedeutet, dass nichts geschieht, weiß keiner so richtig – dabei eilt die Sache. Schon Ende September läuft der bisherige „Hauptbetriebsplan“ für das Bergwerk aus, die Grundlage aller Arbeiten unter Tage. Eigentlich hätte schon diesen Montag der Antrag auf einen neuen Plan bei den Bergbehörden eingehen sollen, doch die Sache verzögert sich. Denn welche der 14 Varianten dem Betriebsplan zugrunde liegen soll, ist zwischen Bund und Land Niedersachsen umstritten.
Nach SZ-Informationen tendiert das Bundesumweltministerium zu einer Zwischenlösung: Danach würden weite Teile des Bergwerks zwar nicht verfüllt, aber außer Betrieb genommen. Wo Bergleute bis zum vorigen Jahr noch die Geologie des Berges studierten, soll in den nächsten Jahren nichts mehr passieren. Das Salz bliebe dort sich selbst überlassen – und es neigt dazu zuzuwachsen. Nur der „Infrastrukturbereich“ mit seinen Räumen, Werkstätten und Lagern bliebe erhalten, ebenso die Schächte und Bergwerksgebäude.
Doch Niedersachsens Umweltminister Stefan Wenzel (Grüne) geht das nicht weit genug. Zwar sei die grobe Richtung in Ordnung. Allerdings wünsche sich das Land „deutlichere Signale für die Außerbetriebnahme“, sagt Wenzel. In Zukunft solle es in Gorleben „nur noch den geringstmöglichen Aufwand an Personal und Betriebsmitteln geben“. Das wiederum hören die Beschäftigten, an die hundert Bergleute, gar nicht gern. In einem Schreiben an die Ministerpräsidenten der Länder und das Kanzleramt warnte der Betriebsrat kürzlich eindringlich vor einem „Unbrauchbar-Machen“ des Bergwerks. Das Land Niedersachsen wolle in Gorleben vollendete Tatsachen schaffen. Eine offene Suche nach einem Endlager sei dann „nicht mehr machbar“, schrieb der Betriebsrat.
Unterstützung erfahren die Bergleute ausgerechnet durch Wenzels Vorgänger im Umweltministerium, den FDP-Politiker Stefan Birkner. „Früher hieß es immer, Gorleben werde hinter geschlossenen Türen ausgekungelt“, kritisiert er. „Jetzt will die Landesregierung Gorleben genauso hinter verschlossenen Türen erledigen.“
Tatsächlich hat die rot-grüne Landesregierung bisher kein Hehl daraus gemacht, dass sie Gorleben für ungeeignet hält. Nur zähneknirschend hatte sie 2013 der Endlagersuche zugestimmt, obwohl diese Gorleben nicht per se ausschloss. Dahinter steht vor allem die Befürchtung, die Suche könnte am Ende wieder auf Gorleben hinauslaufen – allein durch den Vorsprung, den der Salzstock nach drei Jahrzehnten Erkundungsarbeiten hat. Das wiederum wäre ganz im Interesse der Stromkonzerne: Die haben schon 1,6 Milliarden Euro in das Bergwerk gesteckt und suchen eher unwillig nach Alternativen für ihren Atommüll.
Allerdings kostet auch das Nichtstun Geld, je nach Variante mehr oder weniger viel. Als über Gorleben in den Neunzigern ein zehnjähriges Moratorium verhängt wurde, verschlang allein die „Offenhaltung“ des zuwachsenden Salzstocks 20 Millionen Euro im Jahr. 70 Bergleute behielten seinerzeit ihren Job, auch für Besucher blieb das Bergwerk damals zugänglich. Dies steht jetzt ebenfalls infrage.
Eine Entscheidung über die Variante, so heißt es im Bundesumweltministerium, werde „in Kürze“ fallen. Genehmigen allerdings muss sie das niedersächsische Landesbergamt. Und das untersteht, was Gorleben angeht, dem grünen Umweltminister Wenzel.