Sie saufen und raufen, sie sonnen sich, und manchmal fällt ein Tourist vom Balkon seines Hotels. Die Schlagzeilen aus Mallorca bringen auch in diesem Sommer niemanden auf die Idee, dass es sich um ein Paradies für Touristen handeln könnte. Doch Mallorca besitzt viele Seiten. Der Strand am Amüsierviertel Ballermann ist nur eine davon. Nach ihrer Rückkehr erinnern sich „Malle“-Reisende eher an stille Berglandschaften und edle Fincas von Freunden, die sich dort – wie inzwischen viele Deutsche – eine Immobilie zugelegt haben. Die ist in nur gut zwei Stunden dank eng getakteter Flugpläne für ein Wochenende erreichbar. Mal eben.
Den Urlaubsspaß lassen die Deutschen sich jedenfalls nicht verderben - wie hier am Meeresstrand
Vier Millionen Urlauber aus Deutschland fallen jedes Jahr auf Mallorca ein, es sind so viele wie nirgendwo. Ballermann und Ballerfrau – die spanische Baleareninsel Mallorca gilt nicht ohne Grund als das 17. deutsche Bundesland. Was als Scherz gemeint ist, hat einen ernsten Hintergrund. Von Wirtschaftskrise ist hier keine Spur mehr, und das gilt nicht nur für die größte Baleareninsel, sondern für die Liebe der Deutschen zu Spanien insgesamt. Bald zehn Millionen deutsche Urlauber machen sich auf den Weg dorthin. Spanien ist das Lieblingsziel der Deutschen. Dorthin reisen fast so viele wie nach Italien und in die Türkei zusammen.
Zehn Tage dauert ein Urlaub im Schnitt, wobei er mindestens fünf Tage dauern muss, um in die Statistik zu kommen. Die zeichnet das Bild einer reisefreudigen Nation: Von den 8o,7 Millionen Deutschen reisen 54,8 Millionen. Da jeder von ihnen theoretisch 1,3 Reisen unternimmt, kommen 70,7 Millionen Reisen zustande. Von denen geht knapp ein Drittel ins Inland, zwei Drittel führen ins Ausland. Aber meistens nicht so sehr weit weg. Fernreisen sind zwar ein beliebtes Partygespräch, auf sie entfallen allerdings im richtigen Leben nur sieben Prozent aller Urlaubsreisen.
„Malle“ statt Malediven, das ist der Normalfall: Ein Drittel der Deutschen, die ins Ausland reisen, verbringen ihren Urlaub am Mittelmeer. Sie fahren also nach Südeuropa oder Nordafrika. Die Urlaube im Süden sind bezogen auf alle Reisen etwa so viele wie die in Westeuropa, Osteuropa und Skandinavien zusammen.
Badewanne Mittelmeer – da viele Menschen ihre Sommerferien am Strand und in der Sonne verbringen wollen, zieht es sie immer wieder an das warme Meer zwischen Europa, Afrika und Asien. Sie haben dabei nur scheinbar die Wahl. Da etliche Urlauber sich nach Schul- oder Werksferien richten müssen, geraten sie zwangsläufig in Zeiträume, in denen die Urlaubsindustrie auf Hochtouren läuft. Dann sind die Flugzeuge rund um die Uhr unterwegs, und normalerweise geht es irgendwo hin, wo genügend Hotels für viele stehen und die Sonne scheint. Also ans Mittelmeer – daran ändern auch politische Krisen nichts.
Während des arabischen Frühlings im Jahr 2011 fielen mit Ägypten und Tunesien gleich zwei wichtige Ziele aus, auch wenn die Staaten in Nordafrika längst nicht die Bedeutung besitzen wie die Urlaubsländer in Südeuropa. Vor allem Ägypten hatte sich mit seinen am Roten Meer in die Wüste gebauten Touristen-Siedlungen einen Ruf erworben als auch preislich attraktives Urlaubsziel. In Spitzenjahren reisten 1,3 Millionen Deutsche dort hin, also nicht einmal halb so viele wie nach Mallorca.
Aber immerhin: Ein Badeurlaub in modernen Hotelanlagen mit All-inclusive-Verpflegung ließ sich gut kombinieren mit einer Kreuzfahrt auf dem Nil und einem Kulturtrip zu den Pyramiden. Jetzt nach dreieinhalb Jahren Krise füllen sich die Hotels am Roten Meer wieder, und in ein paar Monaten wird sich zeigen, ob auch Nil-Reisen gebucht werden. Noch ist nur etwa ein Fünftel der Flotte unterwegs. Ägypten ist für die Deutschen eher ein Ziel im Winter. Reiseveranstalter bieten seit den Demonstrationen auf dem Tahrir-Platz in Kairo als Alternative gern die Kanarischen Inseln an – dann geht es nach Spanien statt Ägypten.
Obwohl es ebenfalls in Nordafrika liegt, ist Tunesien anders als das Krisenland am Nil eher ein Sommerziel. Der Revolution entwichen deutsche Urlauber aufs spanische Festland und auf die Balearen. Da war dann auch noch der Flug kürzer. Einige verhinderte Nordafrika-Urlauber entschieden sich für Bulgarien. Dort allerdings erwiesen sich die gigantischen Hotels am Schwarzen Meer mit ihren benachbarten Vergnügungsparks voller Karussells und Achterbahnen als gewöhnungsbedürftig. Der Jahrmarkttrubel an Sonnenstrand und Goldstrand gefällt vor allem dem Stammpublikum von jährlich 700000 Urlaubern aus Deutschland. Einmal Bulgarien heißt nicht immer Bulgarien. Dauerhaft gewinnen konnte Bulgarien die umgelenkten Afrika-Touristen nicht.
Besser lief es in Griechenland. Das Staatsschulden-Land „hat sich deutlich erholt“, fasst Sibylle Zeuch vom Deutschen Reiseverband DRV die Beobachtungen der Reiseveranstalter zusammen. Waren es 2012 nur noch zwei Millionen deutsche Urlauber in Griechenland, so sollen es bereits 2013 wieder 2,5 Millionen gewesen sein. Allerdings beruht diese Zahl noch auf Schätzungen. In diesem Jahr könnte Griechenland so viele Feriengäste anlocken wie noch nie – auch vor der Krise nicht.
Vom arabischen Frühling in Nordafrika und der schwierigen Entwicklung in Griechenland profitiert hat die Türkei, die vom Massentourismus erst nach Spanien, Italien und Griechenland entdeckt worden ist. Ein Vorteil: Die Hotels sind oft neuer, und alles ist inklusive. „An der Türkei schätzen Urlauber, dass es Luxusurlaub zu bezahlbaren Preisen gibt“, sagt Willi Verhuven, der Eigentümer des Reiseveranstalters Alltours in Duisburg. Auch wenn die Reisesaison erst im Oktober endet, ist es für Verhuven schon jetzt eine gesicherte Erkenntnis: „Der Trend wird bleiben – Mallorca und die Türkei sind die gefragtesten Ziele.“
Als in den Sechzigerjahren des vorigen Jahrhunderts die ersten Charterflieger starteten, ermöglichten sie deutschen Massentourismus in Gebiete südlich der Alpen, die bis dahin mit dem Auto nicht oder nur zeitaufwendig zu erreichen waren. Spanien war von Anfang an Ziel der Ferien-Jets, und die Sünden der Urlaubsindustrie von damals lassen sich noch heute an den zugebauten Abschnitten der Mittelmeerküste besichtigen. Spanien entwickelt sich rasch zum Lieblingsland der Deutschen, und das bleibt auch so, als die Wirtschaftskrise 2009 für einen vorübergehenden Rückgang bei den Besucherzahlen sorgt.
Was auch immer rund ums Mittelmeer passierte, die angejahrte touristische Infrastruktur von Spanien ist stärker gefragt. Reiseveranstalter, Hoteliers und Regionalregierungen hatten freilich investiert, und das lohnt sich nun offensichtlich.
Den Urlaubsspaß lassen die Deutschen sich jedenfalls nicht verderben - wie hier am Meeresstrand
Vier Millionen Urlauber aus Deutschland fallen jedes Jahr auf Mallorca ein, es sind so viele wie nirgendwo. Ballermann und Ballerfrau – die spanische Baleareninsel Mallorca gilt nicht ohne Grund als das 17. deutsche Bundesland. Was als Scherz gemeint ist, hat einen ernsten Hintergrund. Von Wirtschaftskrise ist hier keine Spur mehr, und das gilt nicht nur für die größte Baleareninsel, sondern für die Liebe der Deutschen zu Spanien insgesamt. Bald zehn Millionen deutsche Urlauber machen sich auf den Weg dorthin. Spanien ist das Lieblingsziel der Deutschen. Dorthin reisen fast so viele wie nach Italien und in die Türkei zusammen.
Zehn Tage dauert ein Urlaub im Schnitt, wobei er mindestens fünf Tage dauern muss, um in die Statistik zu kommen. Die zeichnet das Bild einer reisefreudigen Nation: Von den 8o,7 Millionen Deutschen reisen 54,8 Millionen. Da jeder von ihnen theoretisch 1,3 Reisen unternimmt, kommen 70,7 Millionen Reisen zustande. Von denen geht knapp ein Drittel ins Inland, zwei Drittel führen ins Ausland. Aber meistens nicht so sehr weit weg. Fernreisen sind zwar ein beliebtes Partygespräch, auf sie entfallen allerdings im richtigen Leben nur sieben Prozent aller Urlaubsreisen.
„Malle“ statt Malediven, das ist der Normalfall: Ein Drittel der Deutschen, die ins Ausland reisen, verbringen ihren Urlaub am Mittelmeer. Sie fahren also nach Südeuropa oder Nordafrika. Die Urlaube im Süden sind bezogen auf alle Reisen etwa so viele wie die in Westeuropa, Osteuropa und Skandinavien zusammen.
Badewanne Mittelmeer – da viele Menschen ihre Sommerferien am Strand und in der Sonne verbringen wollen, zieht es sie immer wieder an das warme Meer zwischen Europa, Afrika und Asien. Sie haben dabei nur scheinbar die Wahl. Da etliche Urlauber sich nach Schul- oder Werksferien richten müssen, geraten sie zwangsläufig in Zeiträume, in denen die Urlaubsindustrie auf Hochtouren läuft. Dann sind die Flugzeuge rund um die Uhr unterwegs, und normalerweise geht es irgendwo hin, wo genügend Hotels für viele stehen und die Sonne scheint. Also ans Mittelmeer – daran ändern auch politische Krisen nichts.
Während des arabischen Frühlings im Jahr 2011 fielen mit Ägypten und Tunesien gleich zwei wichtige Ziele aus, auch wenn die Staaten in Nordafrika längst nicht die Bedeutung besitzen wie die Urlaubsländer in Südeuropa. Vor allem Ägypten hatte sich mit seinen am Roten Meer in die Wüste gebauten Touristen-Siedlungen einen Ruf erworben als auch preislich attraktives Urlaubsziel. In Spitzenjahren reisten 1,3 Millionen Deutsche dort hin, also nicht einmal halb so viele wie nach Mallorca.
Aber immerhin: Ein Badeurlaub in modernen Hotelanlagen mit All-inclusive-Verpflegung ließ sich gut kombinieren mit einer Kreuzfahrt auf dem Nil und einem Kulturtrip zu den Pyramiden. Jetzt nach dreieinhalb Jahren Krise füllen sich die Hotels am Roten Meer wieder, und in ein paar Monaten wird sich zeigen, ob auch Nil-Reisen gebucht werden. Noch ist nur etwa ein Fünftel der Flotte unterwegs. Ägypten ist für die Deutschen eher ein Ziel im Winter. Reiseveranstalter bieten seit den Demonstrationen auf dem Tahrir-Platz in Kairo als Alternative gern die Kanarischen Inseln an – dann geht es nach Spanien statt Ägypten.
Obwohl es ebenfalls in Nordafrika liegt, ist Tunesien anders als das Krisenland am Nil eher ein Sommerziel. Der Revolution entwichen deutsche Urlauber aufs spanische Festland und auf die Balearen. Da war dann auch noch der Flug kürzer. Einige verhinderte Nordafrika-Urlauber entschieden sich für Bulgarien. Dort allerdings erwiesen sich die gigantischen Hotels am Schwarzen Meer mit ihren benachbarten Vergnügungsparks voller Karussells und Achterbahnen als gewöhnungsbedürftig. Der Jahrmarkttrubel an Sonnenstrand und Goldstrand gefällt vor allem dem Stammpublikum von jährlich 700000 Urlaubern aus Deutschland. Einmal Bulgarien heißt nicht immer Bulgarien. Dauerhaft gewinnen konnte Bulgarien die umgelenkten Afrika-Touristen nicht.
Besser lief es in Griechenland. Das Staatsschulden-Land „hat sich deutlich erholt“, fasst Sibylle Zeuch vom Deutschen Reiseverband DRV die Beobachtungen der Reiseveranstalter zusammen. Waren es 2012 nur noch zwei Millionen deutsche Urlauber in Griechenland, so sollen es bereits 2013 wieder 2,5 Millionen gewesen sein. Allerdings beruht diese Zahl noch auf Schätzungen. In diesem Jahr könnte Griechenland so viele Feriengäste anlocken wie noch nie – auch vor der Krise nicht.
Vom arabischen Frühling in Nordafrika und der schwierigen Entwicklung in Griechenland profitiert hat die Türkei, die vom Massentourismus erst nach Spanien, Italien und Griechenland entdeckt worden ist. Ein Vorteil: Die Hotels sind oft neuer, und alles ist inklusive. „An der Türkei schätzen Urlauber, dass es Luxusurlaub zu bezahlbaren Preisen gibt“, sagt Willi Verhuven, der Eigentümer des Reiseveranstalters Alltours in Duisburg. Auch wenn die Reisesaison erst im Oktober endet, ist es für Verhuven schon jetzt eine gesicherte Erkenntnis: „Der Trend wird bleiben – Mallorca und die Türkei sind die gefragtesten Ziele.“
Als in den Sechzigerjahren des vorigen Jahrhunderts die ersten Charterflieger starteten, ermöglichten sie deutschen Massentourismus in Gebiete südlich der Alpen, die bis dahin mit dem Auto nicht oder nur zeitaufwendig zu erreichen waren. Spanien war von Anfang an Ziel der Ferien-Jets, und die Sünden der Urlaubsindustrie von damals lassen sich noch heute an den zugebauten Abschnitten der Mittelmeerküste besichtigen. Spanien entwickelt sich rasch zum Lieblingsland der Deutschen, und das bleibt auch so, als die Wirtschaftskrise 2009 für einen vorübergehenden Rückgang bei den Besucherzahlen sorgt.
Was auch immer rund ums Mittelmeer passierte, die angejahrte touristische Infrastruktur von Spanien ist stärker gefragt. Reiseveranstalter, Hoteliers und Regionalregierungen hatten freilich investiert, und das lohnt sich nun offensichtlich.