Der sechs Stockwerke hohe, aufdringlich weiße Würfel, der innerhalb der vergangenen Monate an der Brienner Straße in München emporgeschossen ist, gibt jedem Passanten, der nicht weiß, wozu das Gebilde einmal dienen soll, kräftige Rätsel auf. Für den aber, der gehört hat, warum dieser Klotz gerade an dieser Stelle errichtet worden ist, fängt beim Betrachten des entstandenen architektonischen Gebildes das Grübeln erst an: Die abweisend verschlossene, kantige Kiste ist höher als alle historischen Monumente am ehemaligen „Fürstenweg“ zwischen Residenz und Nymphenburg; sie überragt auch die Traufe der überdimensionierten Nazi-Bauten in unmittelbarer Nachbarschaft, etwa des damaligen „Führerbaus“, der heute die Musikhochschule beherbergt.
Eine neue Ausstellung am Königsplatz erinnert an die Entstehungsjahre des Nationalsozialismus in München.
In diesem dominanten Würfel soll das von politischen Kreisen in Stadt und Land lange verhinderte und im Jahr 2001 dann endlich doch beschlossene NS-Dokumentationszentrum eingerichtet werden, also der „Lern- und Erinnerungsort zur Geschichte des Nationalsozialismus“, der sich, so ist zu hoffen, auch mit der nie offen eingestandenen Mitschuld der Münchner Gesellschaft am Aufkeimen und Erstarken des Nationalsozialismus beschäftigen soll. Das Institut wird seine Arbeit exakt auf dem Gelände des ehemaligen „Braunen Hauses“ aufnehmen, also an jenem Ort in der „Hauptstadt der Bewegung“, von dem aus die NSDAP mit ihren angegliederten Organisationen innerhalb weniger Jahre nicht nur die auf den Königsplatz ausgerichteten, heute noch erhaltenen Bauten an der Arcis- und jetzigen Katharina-von Bora-Straße, sondern auch große Teile der umgebenden Maxvorstadt annektiert und ihrem Partei-Imperium eingegliedert hat. So wurde beispielsweise das künstlerisch höchst wertvoll ausgestattete Palais des Mathematikprofessors, Kunstsammlers und Musikmäzens Alfred Pringsheim, in dem Thomas Mann seine Frau Katia kennengelernt hat, 1933 an die NSDAP zwangsverkauft, danach abgerissen und durch den bis heute erhaltenen monströsen Partei-Verwaltungsbau ersetzt.
Das Braune Haus, an dessen Stelle sich jetzt das NS-Dokumentationszentrum erhebt, war nicht nur eine der wichtigsten Brutstätten der nationalsozialistischen Ideologie, es war innerhalb der braunen Bewegung so etwas wie das Herz der Finsternis. Das Grundstück, auf dem das Gebäude steht, ist also extrem belastet. Aus diesem Grund stellen sich viele Menschen, die ein dezidiertes Bekenntnis der Stadt München zum lang verdrängten unschönen Teil ihrer Vergangenheit für überfällig halten, die Frage, ob ein so mächtiger, die Umgebung dominierender Neubau die richtige Antwort auf die Verbrechen ist, die von diesem Ort aus organisiert worden sind.
Das Verwaltungszentrum der nationalsozialistischen Partei in München war ein Täter-Ort: Fast alle Weichen in Richtung Diktatur sind hier gestellt worden. Es war also nicht ein Ort der Opfer, wie etwa die Konzentrationslager, in denen schon bald nach der Befreiung Gedenkstätten eingerichtet worden sind. Hier kann also nur eine Lehr- und Erinnerungsstätte geschaffen werden, die in einleuchtender Überschärfe die Manipulationen aufzeigt, mit denen die demokratischen Strukturen in Deutschland Stück für Stück zerschlagen worden sind.
Darum noch einmal die Frage: Wird ein Bauwerk, das sich so hoch und so mächtig in den Münchner Himmel erhebt, nicht zwangsläufig zum Triumphort für die Täter, die an dieser Stelle gewirkt haben und nun im neuen Gebäude mit ihren Taten vorgestellt werden? Darf ein Haus, das der Aufklärung dienen soll, ein Gebäude, in dem begangene Verbrechen dem Vergessen entrissen und kritisch analysiert werden sollen, so brutalistisch auftreten, wie es der Neubau an der Brienner Straße auf den ersten Blick zu tun scheint?
Die Antwort der Stadt, als sie sich nach jahrelangen Diskussionen zu einem Wettbewerb für ein Haus der mahnenden Erinnerung entschlossen hatte, und auch die Argumente der historischen Kommissionen, die als Berater hinzugezogen worden sind, hätten in Kurzfassung ungefähr so gelautet: Das gesamte Quartier unmittelbar östlich vom Königsplatz ist ideologisch so kontaminiert, dass ein halbwegs unschuldiger Ort hier nicht zu finden gewesen wäre. Die erhaltenen Monumentalbauten der Nationalsozialisten an der Arcisstraße, also der „Führerbau“ und sein Pendant sowie die dazwischenliegenden monströsen Sockel der beiden abgerissenen Ehrentempel, tragen mit architektonisch primitiven Mitteln und plumper Übergröße einen Anspruch vor, gegen den sich ein Bau, der ganz bewusst dagegengesetzt wird, erst einmal behaupten muss. Wer sich hier wegduckt oder mit Anstand kleinmacht, hat schon verloren. Das neue Dokumentationszentrum, das mit seinen Aktivitäten den Beweis antreten soll, dass die Epoche, aus der die Nachbarbauten stammen, überwunden ist, und das diktatorische System, das sich dieser Formen und Größenordnungen bedient hat, durch etwas anderes, Demokratisches ersetzt worden ist, dieses Haus kann sich nicht in der Erde verstecken. Es muss den Nachbarbauten architektonisch Paroli bieten, stilistisch sich aber entschieden von ihnen absetzen.
Daher haben die Auslober des Wettbewerbs ein dezidiert modernes Gebäude als Wunschziel angegeben, ein Haus, das sich Achtung verschafft im Quartier und Ausblicke auf die Umgebung bietet, auf die Nachbarbauten, die Orte des Geschehens. So hat der sechsgeschossige Würfel des Berliner Architekturbüros Georg Scheel Wetzel den ersten Preis gewonnen.
Ob dieser in weißem Sichtbeton errichtete Turmbau mit seinen irgendwie unspezifisch wirkenden vier Fassaden den hohen Ansprüchen gerecht wird, die man bei der Ausschreibung formuliert hat, darf bezweifelt werden. Zu deutlich erinnert der weiße Klotz mit seinen jeweils um die Ecken herum geführten Fensterreihungen an phantasielos gestaltete Verwaltungsbauten, wie sie etwa entlang der Einfahrt zum Münchner Hauptbahnhof gleich zu Dutzenden aneinandergereiht sind.
Beschäftigt man sich freilich mit den Grundstücksverhältnissen auf dem Baugelände, dann begreift man etwas von den Zwängen, die bei der Planung des Dokumentationszentrums herrschten. Die Grundfläche des ehemaligen Palais Barlow, das Paul Ludwig Troost zum „Braunen Haus“ ausgebaut hat, ist in Wirklichkeit so beengt, dass bei dem anvisierten Bauprogramm in jedem Fall mächtig in die Höhe oder in die Tiefe gegangen werden musste. Auch die Berliner Architekten haben die Hälfte der Funktionen unter die Erde verlegt. Auf dem zur Verfügung stehenden oberirdischen Rechteck aber haben sie nur die östliche Hälfte bebaut, um auf der westlichen Hälfte den dringend benötigten, vielfältig nutzbaren Vorplatz für das ansonsten hart an der Straße stehende Dokumentationszentrum zu bekommen. Der Vorplatz endet am Sockel des nördlichen Nazi-Ehrentempels, der demnächst vom groben Bewuchs befreit und in das Darstellungsprogramm des Zentrums aufgenommen werden soll. Der südliche Sockel darf bleiben, was er im Lauf der Zeit geworden ist: ein Biotop des Absurden.
So sehr die architektonische Hülle des künftigen Ausstellungsinstituts Zweifel wecken mag am Sinn dieser ursprünglich städtischen, dann von Land und Bund gleichermaßen geförderten Unternehmung, so überzeugend wirkt das, was sich im Inneren ankündigt. Erste Überraschung ist die außerordentliche Helligkeit, mit der die Besucher im Würfel empfangen werden. Sie kontrastiert aufs eindrucksvollste mit den vom Tageslicht abgeschlossenen, nur künstlich ausgeleuchteten Partien des inszenierten Rundgangs durch die Geschichte und durch die von einem Wissenschaftlerteam erarbeitete Themenfolge.
Im fünften Obergeschoss ist neben den Räumen der Verwaltung ein für Symposien und kleine Lehrveranstaltungen bereitstehender Konferenzsaal eingerichtet; er bietet durch seine Fensterfronten eine Panoramaansicht über das ehemalige Nazi-Quartier und den Königsplatz. Die Besucher fahren mit zwei Liften bis hinauf ins vierte Stockwerk, wo der öffentliche Rundgang beginnt: der Abwärts-Weg, der von der Weimarer Republik über 40 mit Leitbildern bestückte Themenstationen bis zum Ende des Krieges hinabführt und vor einer Anzeigentafel endet, auf der aktuelle Meldungen über rechtsradikale oder antisemitische Aktivitäten angezeigt werden.
Bei diesem Rundweg um den zentralen Erschließungskern herum werden die Blicke der Besucher über die großen Eckfenster immer wieder auf bestimmte Punkte im Stadtgebiet gelenkt. So erfährt man beim Blick auf den Karolinenplatz, dass dort in den Dreißigerjahren beinahe sämtliche Bauten von NS-Institutionen gekapert wurden. Beim Blick nach Süden bekommt man gezeigt, wo die nazigläubigen Vertreter der katholischen und der evangelischen Kirche residierten. Vor der Fensterwand, die auf den Königsplatz gerichtet ist, wird in regelmäßigen Abständen eine Leinwand herunterfallen, auf die Filmaufnahmen von den dort zelebrierten Massenveranstaltungen projiziert werden. Beim Blick auf den „Führerbau“ wird man mitansehen können, wie Chamberlain und Daladier 1938 vor diesem Haus vorfuhren, um mit Hitler und Mussolini das „Münchner Abkommen“ zu unterzeichnen.
Grundlage aller Einzeluntersuchungen aber wird die Frage sein: Warum hat München in der Entwicklungsgeschichte des Nationalsozialismus eine so zentrale Rolle gespielt? Die Antwort dürfte recht unbequem und vielteilig ausfallen – und dem Haus nach der Eröffnung im Frühjahr 2015 die Berechtigung verschaffen, die viele Passanten am Außenbau noch vermissen.
Eine neue Ausstellung am Königsplatz erinnert an die Entstehungsjahre des Nationalsozialismus in München.
In diesem dominanten Würfel soll das von politischen Kreisen in Stadt und Land lange verhinderte und im Jahr 2001 dann endlich doch beschlossene NS-Dokumentationszentrum eingerichtet werden, also der „Lern- und Erinnerungsort zur Geschichte des Nationalsozialismus“, der sich, so ist zu hoffen, auch mit der nie offen eingestandenen Mitschuld der Münchner Gesellschaft am Aufkeimen und Erstarken des Nationalsozialismus beschäftigen soll. Das Institut wird seine Arbeit exakt auf dem Gelände des ehemaligen „Braunen Hauses“ aufnehmen, also an jenem Ort in der „Hauptstadt der Bewegung“, von dem aus die NSDAP mit ihren angegliederten Organisationen innerhalb weniger Jahre nicht nur die auf den Königsplatz ausgerichteten, heute noch erhaltenen Bauten an der Arcis- und jetzigen Katharina-von Bora-Straße, sondern auch große Teile der umgebenden Maxvorstadt annektiert und ihrem Partei-Imperium eingegliedert hat. So wurde beispielsweise das künstlerisch höchst wertvoll ausgestattete Palais des Mathematikprofessors, Kunstsammlers und Musikmäzens Alfred Pringsheim, in dem Thomas Mann seine Frau Katia kennengelernt hat, 1933 an die NSDAP zwangsverkauft, danach abgerissen und durch den bis heute erhaltenen monströsen Partei-Verwaltungsbau ersetzt.
Das Braune Haus, an dessen Stelle sich jetzt das NS-Dokumentationszentrum erhebt, war nicht nur eine der wichtigsten Brutstätten der nationalsozialistischen Ideologie, es war innerhalb der braunen Bewegung so etwas wie das Herz der Finsternis. Das Grundstück, auf dem das Gebäude steht, ist also extrem belastet. Aus diesem Grund stellen sich viele Menschen, die ein dezidiertes Bekenntnis der Stadt München zum lang verdrängten unschönen Teil ihrer Vergangenheit für überfällig halten, die Frage, ob ein so mächtiger, die Umgebung dominierender Neubau die richtige Antwort auf die Verbrechen ist, die von diesem Ort aus organisiert worden sind.
Das Verwaltungszentrum der nationalsozialistischen Partei in München war ein Täter-Ort: Fast alle Weichen in Richtung Diktatur sind hier gestellt worden. Es war also nicht ein Ort der Opfer, wie etwa die Konzentrationslager, in denen schon bald nach der Befreiung Gedenkstätten eingerichtet worden sind. Hier kann also nur eine Lehr- und Erinnerungsstätte geschaffen werden, die in einleuchtender Überschärfe die Manipulationen aufzeigt, mit denen die demokratischen Strukturen in Deutschland Stück für Stück zerschlagen worden sind.
Darum noch einmal die Frage: Wird ein Bauwerk, das sich so hoch und so mächtig in den Münchner Himmel erhebt, nicht zwangsläufig zum Triumphort für die Täter, die an dieser Stelle gewirkt haben und nun im neuen Gebäude mit ihren Taten vorgestellt werden? Darf ein Haus, das der Aufklärung dienen soll, ein Gebäude, in dem begangene Verbrechen dem Vergessen entrissen und kritisch analysiert werden sollen, so brutalistisch auftreten, wie es der Neubau an der Brienner Straße auf den ersten Blick zu tun scheint?
Die Antwort der Stadt, als sie sich nach jahrelangen Diskussionen zu einem Wettbewerb für ein Haus der mahnenden Erinnerung entschlossen hatte, und auch die Argumente der historischen Kommissionen, die als Berater hinzugezogen worden sind, hätten in Kurzfassung ungefähr so gelautet: Das gesamte Quartier unmittelbar östlich vom Königsplatz ist ideologisch so kontaminiert, dass ein halbwegs unschuldiger Ort hier nicht zu finden gewesen wäre. Die erhaltenen Monumentalbauten der Nationalsozialisten an der Arcisstraße, also der „Führerbau“ und sein Pendant sowie die dazwischenliegenden monströsen Sockel der beiden abgerissenen Ehrentempel, tragen mit architektonisch primitiven Mitteln und plumper Übergröße einen Anspruch vor, gegen den sich ein Bau, der ganz bewusst dagegengesetzt wird, erst einmal behaupten muss. Wer sich hier wegduckt oder mit Anstand kleinmacht, hat schon verloren. Das neue Dokumentationszentrum, das mit seinen Aktivitäten den Beweis antreten soll, dass die Epoche, aus der die Nachbarbauten stammen, überwunden ist, und das diktatorische System, das sich dieser Formen und Größenordnungen bedient hat, durch etwas anderes, Demokratisches ersetzt worden ist, dieses Haus kann sich nicht in der Erde verstecken. Es muss den Nachbarbauten architektonisch Paroli bieten, stilistisch sich aber entschieden von ihnen absetzen.
Daher haben die Auslober des Wettbewerbs ein dezidiert modernes Gebäude als Wunschziel angegeben, ein Haus, das sich Achtung verschafft im Quartier und Ausblicke auf die Umgebung bietet, auf die Nachbarbauten, die Orte des Geschehens. So hat der sechsgeschossige Würfel des Berliner Architekturbüros Georg Scheel Wetzel den ersten Preis gewonnen.
Ob dieser in weißem Sichtbeton errichtete Turmbau mit seinen irgendwie unspezifisch wirkenden vier Fassaden den hohen Ansprüchen gerecht wird, die man bei der Ausschreibung formuliert hat, darf bezweifelt werden. Zu deutlich erinnert der weiße Klotz mit seinen jeweils um die Ecken herum geführten Fensterreihungen an phantasielos gestaltete Verwaltungsbauten, wie sie etwa entlang der Einfahrt zum Münchner Hauptbahnhof gleich zu Dutzenden aneinandergereiht sind.
Beschäftigt man sich freilich mit den Grundstücksverhältnissen auf dem Baugelände, dann begreift man etwas von den Zwängen, die bei der Planung des Dokumentationszentrums herrschten. Die Grundfläche des ehemaligen Palais Barlow, das Paul Ludwig Troost zum „Braunen Haus“ ausgebaut hat, ist in Wirklichkeit so beengt, dass bei dem anvisierten Bauprogramm in jedem Fall mächtig in die Höhe oder in die Tiefe gegangen werden musste. Auch die Berliner Architekten haben die Hälfte der Funktionen unter die Erde verlegt. Auf dem zur Verfügung stehenden oberirdischen Rechteck aber haben sie nur die östliche Hälfte bebaut, um auf der westlichen Hälfte den dringend benötigten, vielfältig nutzbaren Vorplatz für das ansonsten hart an der Straße stehende Dokumentationszentrum zu bekommen. Der Vorplatz endet am Sockel des nördlichen Nazi-Ehrentempels, der demnächst vom groben Bewuchs befreit und in das Darstellungsprogramm des Zentrums aufgenommen werden soll. Der südliche Sockel darf bleiben, was er im Lauf der Zeit geworden ist: ein Biotop des Absurden.
So sehr die architektonische Hülle des künftigen Ausstellungsinstituts Zweifel wecken mag am Sinn dieser ursprünglich städtischen, dann von Land und Bund gleichermaßen geförderten Unternehmung, so überzeugend wirkt das, was sich im Inneren ankündigt. Erste Überraschung ist die außerordentliche Helligkeit, mit der die Besucher im Würfel empfangen werden. Sie kontrastiert aufs eindrucksvollste mit den vom Tageslicht abgeschlossenen, nur künstlich ausgeleuchteten Partien des inszenierten Rundgangs durch die Geschichte und durch die von einem Wissenschaftlerteam erarbeitete Themenfolge.
Im fünften Obergeschoss ist neben den Räumen der Verwaltung ein für Symposien und kleine Lehrveranstaltungen bereitstehender Konferenzsaal eingerichtet; er bietet durch seine Fensterfronten eine Panoramaansicht über das ehemalige Nazi-Quartier und den Königsplatz. Die Besucher fahren mit zwei Liften bis hinauf ins vierte Stockwerk, wo der öffentliche Rundgang beginnt: der Abwärts-Weg, der von der Weimarer Republik über 40 mit Leitbildern bestückte Themenstationen bis zum Ende des Krieges hinabführt und vor einer Anzeigentafel endet, auf der aktuelle Meldungen über rechtsradikale oder antisemitische Aktivitäten angezeigt werden.
Bei diesem Rundweg um den zentralen Erschließungskern herum werden die Blicke der Besucher über die großen Eckfenster immer wieder auf bestimmte Punkte im Stadtgebiet gelenkt. So erfährt man beim Blick auf den Karolinenplatz, dass dort in den Dreißigerjahren beinahe sämtliche Bauten von NS-Institutionen gekapert wurden. Beim Blick nach Süden bekommt man gezeigt, wo die nazigläubigen Vertreter der katholischen und der evangelischen Kirche residierten. Vor der Fensterwand, die auf den Königsplatz gerichtet ist, wird in regelmäßigen Abständen eine Leinwand herunterfallen, auf die Filmaufnahmen von den dort zelebrierten Massenveranstaltungen projiziert werden. Beim Blick auf den „Führerbau“ wird man mitansehen können, wie Chamberlain und Daladier 1938 vor diesem Haus vorfuhren, um mit Hitler und Mussolini das „Münchner Abkommen“ zu unterzeichnen.
Grundlage aller Einzeluntersuchungen aber wird die Frage sein: Warum hat München in der Entwicklungsgeschichte des Nationalsozialismus eine so zentrale Rolle gespielt? Die Antwort dürfte recht unbequem und vielteilig ausfallen – und dem Haus nach der Eröffnung im Frühjahr 2015 die Berechtigung verschaffen, die viele Passanten am Außenbau noch vermissen.