Recep Tayyip Erdoğan hat in den letzten Monaten seiner Amtszeit als Premierminister keinen Zweifel daran gelassen, was er von den sozialen Netzwerken hält: Der Kurznachrichtendienst Twitter sei eine „große Gefahr“, müsse an „der Wurzel“ ausgerissen werden und diene als „Mittel für systematischen Rufmord“. Die Freiräume im Internet sind der türkischen Regierung schon lange nicht genehm, im Februar hatte sie ein Gesetz zur schärferen Internetkontrolle durchgesetzt. Nun ist Erdoğan Präsident, sein Nachfolger im Amt des Regierungschefs ist Ahmet Davutoğlu, aber am Misstrauen der Regierung gegen das Internet hat sich nichts geändert. Die AKP hat ihre Parlamentsmehrheit genutzt, um die Kontrolle im Netz weiter auszubauen.
Hegt großes Misstrauen gegen das Internet: Präsident Erdoğan.
In der Nacht zum Mittwoch verabschiedete das Parlament ein Gesetz, das über die bestehende, ohnehin schon restriktive Regelung von Februar in zwei Punkten noch hinausgeht. Künftig darf die staatliche Telekommunikationsbehörde TIB Websites ohne Gerichtsbeschluss sperren, zum Schutz der nationalen Sicherheit, um die öffentliche Ordnung wiederherzustellen oder um Verbrechen zu verhindern – Formulierungen, die viel Spielraum bei der Auslegung lassen. Erst nach der Sperrung muss sich die Behörde innerhalb von 24 Stunden an ein Gericht wenden, das die Blockade – wiederum innerhalb einer 48-Stunden-Frist – genehmigen muss.
Bisher war das Sperren von Internetseiten ohne vorherigen Gerichtsbeschluss nur zulässig, wenn eine eindeutige Verletzung von Persönlichkeitsrechten vorlag. Das neue Gesetz sieht außerdem vor, dass TIB Nutzerdaten bis zu zwei Jahre auf Vorrat speichern darf. Bisher galt eine zweijährige Speicherpflicht für Dienstanbieter; die staatliche TIB durfte diese Daten abfragen, wenn im Rahmen von Ermittlungen ein richterlicher Beschluss vorlag. Mit der neuen Regelung darf die Behörde Nutzerdaten anfordern oder erheben, speichern und entsprechend schnell darauf zugreifen; sie darf diese Daten zudem an die Sicherheitsdienste weitergeben – benötigt dafür allerdings einen Gerichtsbeschluss.
Kritiker fürchten, das Gesetz werde Bürgerrechte weiter einschränken. Erdal Aksünger, Abgeordneter der größten Oppositionspartei CHP, sagte der Zeitung Today’s Zaman, die Türkei sei nun ein Ort geworden, „in dem Gesetzesänderungen über Nacht vorgenommen werden, um das Land nach Gestapo-Manier zu regieren“. Die neue Macht der TIB-Behörde schaffe die Gewaltenteilung ab. Der Internet-Experte Kerem Altıparmak warnte, mit dem Gesetz könne der Vorsitzende der Internetbehörde willkürlich gegen Websites vorgehen, die ihm nicht gefielen. Und die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch kritisierte das Gesetz als „Eingriff in die Privatsphäre aller Internetnutzer“.
Erdoğan muss dem vom Parlament verabschiedeten Gesetz noch zustimmen. Dass er das tun wird, bezweifelt aber niemand. Schließlich war er es, der im Frühjahr eine Sperre von Youtube und Twitter angeordnet hatte. Dort hatten Telefonmitschnitte und Korruptionsvorwürfe gegen ihn die Runde gemacht, etwa eine Aufnahme, in der er angeblich seinen Sohn anweist, Schmiergelder zu verstecken. Das Verfassungsgericht hob die Sperre der Seiten später wieder auf.
Hegt großes Misstrauen gegen das Internet: Präsident Erdoğan.
In der Nacht zum Mittwoch verabschiedete das Parlament ein Gesetz, das über die bestehende, ohnehin schon restriktive Regelung von Februar in zwei Punkten noch hinausgeht. Künftig darf die staatliche Telekommunikationsbehörde TIB Websites ohne Gerichtsbeschluss sperren, zum Schutz der nationalen Sicherheit, um die öffentliche Ordnung wiederherzustellen oder um Verbrechen zu verhindern – Formulierungen, die viel Spielraum bei der Auslegung lassen. Erst nach der Sperrung muss sich die Behörde innerhalb von 24 Stunden an ein Gericht wenden, das die Blockade – wiederum innerhalb einer 48-Stunden-Frist – genehmigen muss.
Bisher war das Sperren von Internetseiten ohne vorherigen Gerichtsbeschluss nur zulässig, wenn eine eindeutige Verletzung von Persönlichkeitsrechten vorlag. Das neue Gesetz sieht außerdem vor, dass TIB Nutzerdaten bis zu zwei Jahre auf Vorrat speichern darf. Bisher galt eine zweijährige Speicherpflicht für Dienstanbieter; die staatliche TIB durfte diese Daten abfragen, wenn im Rahmen von Ermittlungen ein richterlicher Beschluss vorlag. Mit der neuen Regelung darf die Behörde Nutzerdaten anfordern oder erheben, speichern und entsprechend schnell darauf zugreifen; sie darf diese Daten zudem an die Sicherheitsdienste weitergeben – benötigt dafür allerdings einen Gerichtsbeschluss.
Kritiker fürchten, das Gesetz werde Bürgerrechte weiter einschränken. Erdal Aksünger, Abgeordneter der größten Oppositionspartei CHP, sagte der Zeitung Today’s Zaman, die Türkei sei nun ein Ort geworden, „in dem Gesetzesänderungen über Nacht vorgenommen werden, um das Land nach Gestapo-Manier zu regieren“. Die neue Macht der TIB-Behörde schaffe die Gewaltenteilung ab. Der Internet-Experte Kerem Altıparmak warnte, mit dem Gesetz könne der Vorsitzende der Internetbehörde willkürlich gegen Websites vorgehen, die ihm nicht gefielen. Und die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch kritisierte das Gesetz als „Eingriff in die Privatsphäre aller Internetnutzer“.
Erdoğan muss dem vom Parlament verabschiedeten Gesetz noch zustimmen. Dass er das tun wird, bezweifelt aber niemand. Schließlich war er es, der im Frühjahr eine Sperre von Youtube und Twitter angeordnet hatte. Dort hatten Telefonmitschnitte und Korruptionsvorwürfe gegen ihn die Runde gemacht, etwa eine Aufnahme, in der er angeblich seinen Sohn anweist, Schmiergelder zu verstecken. Das Verfassungsgericht hob die Sperre der Seiten später wieder auf.