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Straßenkampf

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Landkarten auf Smartphones und Tablets gewinnen für die Computerkonzerne an Bedeutung. Apple und Google ringen längst um die Vorherrschaft. Jetzt mischt sich auch Nokia ein. Es geht um einen Milliardenmarkt. Und um die Zukunft der Technologie


München - Plötzlich ist Nokia wieder in den Schlagzeilen zurück. Doch ausnahmsweise geht es diesmal nicht um Massenentlassungen, Produktmängel oder den Börsenkursverfall. Es gibt stattdessen erste Anzeichen, dass der finnische Technologiekonzern mit dem neuen Vorzeige-Smartphone Lumia 920 einen Verkaufserfolg landen könnte. Produkttester attestieren gute Arbeit. In Deutschland und anderen Ländern ist das Gerät kurz nach Handelsstart ausverkauft. Eine Trendwende ist das noch nicht, eine Genugtuung nach Monaten voller Rückschläge, das ist es schon. Da kehrt auch Selbstvertrauen zurück.



Nokia hatte man als relevanten Handy-Hersteller fast schon abgeschrieben. Das neue Smartphone Lumia 920 ist nun ein echter Verkaufserfolg.

Nokia ließ jedenfalls jetzt verlauten, dass man sich durchaus auf Augenhöhe mit den Weltmarktführern Apple und Google sieht. Dabei geht es aber nicht um die Produktion von Smartphones, sondern um einen anderen Milliardenmarkt der Zukunft. Es geht um digitale Landkarten, um Nokias neuen Internetdienst 'Here'. Vor allem aber geht es um die Zukunft der Technologie.

Als Apple im Juni ankündigte, Googles digitale Landkarten von seinem Betriebssystem zu tilgen, war das nicht einfach nur ein weiterer symbolischer Akt in der fortdauernden gegenseitigen Gängelung zweier Erzrivalen. Es war eine strategisch bedeutsame Entscheidung. Es war ein marktpolitisches Statement, das verdeutlichte, welch grundlegende Bedeutung den Kartenprogrammen auf Smartphones und Tablets im mobilen Internetzeitalter zukommt. Digitale Landkarten gehören zur Infrastruktur eines jeden mobilen Betriebssystems. Das Kartenprogramm eines Smartphones ist genau so wichtig wie der dort installierte Webbrowser, das Kameraprogramm oder der Kalender, weil immer mehr Anwendungen auf die Geodaten zurückgreifen. Das war es, was Apple mit seiner Entscheidung vor Augen führte.

Das ist auch der Grund, weshalb Apple in den vergangenen Jahren mit Placebase, Poly9 und C3 Technologies gleich drei Landkartenspezialisten aufgekauft hat. Als dann wenige Wochen später im September der verkorkste Start der eigenen Landkarten-Applikation einen tagelangen Proteststurm hervorrief, lieferte Apple gewissermaßen selbst den Beweis, welche Bedeutung digitale Handy-Landkarten inzwischen erlangt haben. Der Protest ging so weit, dass sich Apple-Chef Tim Cook nach einer Woche genötigt sah, die Kunden in einem offenen Brief um Verzeihung zu bitten. Apples digitale Karten seien nicht mit den Qualitätsanforderungen, welche die Kunden an das Unternehmen stellten, in Einklang zu bringen, gestand er ein. Cook riet den Unzufriedenen, anstatt dem eigenen Produkt, die der Konkurrenz zu verwenden. Es war eine Kapitulationserklärung - wenn auch nur eine vorübergehende. Längst wird Apple mit Hochdruck daran arbeiten, das Angebot zu aktualisieren und zu verbessern. Etwas anderes lässt die Situation auf dem zunehmend umkämpften Markt auch kaum zu.

Denn inzwischen sind es nicht mehr nur die Marktführer Apple und Google, die sich dort gegenseitig beharken. Unter dem Markennamen 'Here' bündelt Nokia fortan seine gesammelten digitale Kartendienste. Eine Webversion und eine App für iPhone und iPad gibt es bereits. Außerdem sind die Finnen auf Googles Android präsent und bald auf dem für 2013 angekündigten mobilen Mozilla-Betriebssystem. Karten für Microsofts Betriebssystem Windows liefert Nokia ohnehin schon. 2008 hat das Unternehmen für acht Milliarden US-Dollar den Geodatenspezialist Navteq übernommen, dessen Daten unter anderem den Navigationsgeräten von Garmin und Navigon zu Grunde liegen und von Autobauern wie Mercedes, BMW, Volkswagen und Hyundai verwendet werden. Außerdem kooperiert Nokia mit Yahoo und dem amerikanischen Logistikunternehmen Fedex. Dessen Fahrzeuge sind mit GPS-Sendern ausgestattet, die Nokia mit Echtzeitinformationen über die Straßen- und Verkehrssituation vor allem in der USA versorgen. Gemeinsam mit den Daten, die Kunden oftmals unbewusst an Navteq liefern, sammelt Nokia eigenen Angaben zufolge so jeden Monat etwa zwölf Milliarden unterschiedliche Geodatenpunkte.

Das ist eine solide Datenbasis, die für solche Programme notwendig, aber nicht hinreichend ist. Entscheidend ist die Übersetzung dieser Daten in für den Nutzer hilfreiche Informationen. Dazu benötigt es Spezialisten, die in der Lage sind, riesige Datenmengen sinnvoll zu strukturieren. Experten, wie man sie am ehesten bei einem Suchmaschinenkonzern findet.

Vor wenigen Wochen gewährte Google dem amerikanischen Magazin The Atlantic Einblick in die Arbeit der seiner Digitalkartografen. Innerhalb von zwei Wochen veröffentlicht Google demnach mittlerweile eine Menge an Geodaten, die mit der Datenmenge vergleichbar ist, die Google 2006 insgesamt auf seinen Servern gespeichert hatte. Es ist eine gigantische Informationsmaschinerie, die permanent versucht, ein digitales Abbild der analogen Welt zu schaffen - mit einem enormen personellen und finanziellen Aufwand. Googles Datenerfassungsautos sind mehr als fünf Millionen Kilometer um die Welt gereist. Jeden Tag werden es mehr. Es ist ein Einsatz, der sich schon bald auszahlen könnte: Der Werbemarkt der Zukunft wird entscheidend von Geoinformationen abhängig sein. Bald schon könnte es völlig normal sein, durch die Fußgängerzone zu laufen und im Vorbeigehen verschiedene Sonderangebot der dort präsenten Ladengeschäfte zu erhalten. Geodienste wie Foursquare können das heute schon.

Nokia ist noch nicht so weit. Einen Tag, nachdem 'Here' in den App-Store gekommen war, zählte das Programm zwar bereits zu den Top 5 der Download-Charts. Allein mit dem Kunden-Feedback klappte es nicht so ganz. Durchschnittlich zweieinhalb von fünf Sternen sind eine durchwachsene Bilanz. Schlechter dürfte nur Apples digitale Landkarten abschneiden. Aber die kann man im App-Store nicht bewerten.

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