Am Ende dieses Nachmittags kam dann tatsächlich noch Helene Fischer aus den Lautsprechern, „Atemlos“ in einer Akustikversion, gespielt vom Pianisten Davide Martello, der immer da auftritt, wo es brennt, der Menschen, die aufeinander
losgehen, durch seine Musik beruhigen will: In Kundus war er schon, auf dem Maidan in Kiew und auf dem Taksim in Istanbul.
In diese Reihe darf sich nun auch Köln aufgenommen fühlen. Auf dem Breslauer Platz waren Junggesellenabschiede bisher das größte Problem. Am Sonntag klimperte Martello, als die Hooligans den Platz verließen, der einem Schlachtfeld glich. Nach einem Tag, der einen eher sprach- als atemlos gemacht hatte.
So etwas hatte es lange nicht mehr gegeben in Deutschland, eine so große Zusammenkunft von Rechtsextremisten. Mitten in Köln, direkt vor dem Dom. Ein pöbelnder Mob zwischen Familien, gleich neben chinesischen Touristen und dem Sonntagsreiseverkehr auf einem der größten Bahnhöfe des Landes.
NRW-Innenminister Ralf Jäger (SPD)
„Man hat die Lage nicht präzise eingeschätzt“, sagt der CDU-Landesvorsitzende Armin Laschet. Über Wochen hatte man den „Hooligans gegen Salafisten“ im Internet zuschauen können, wie die Mobilisierung stieg, wie immer mehr Leute auf Facebook ihr Kommen ansagten. Und dann schien die Polizei doch in der Unterzahl zu sein – und überrascht.
Auf der rechten Seite des Bahnhofs wurden Flaschen geworfen und ein Polizeiauto umgestürzt, 49 Polizisten wurden verletzt, einer von ihnen schwer. Auf der anderen Seite, vor dem Dom, protestierten Linke und Gewerkschaften gegen die Rechten, die Polizei hatte es für eine gute Idee gehalten, einfach die Bahnhofshalle dazwischen zur neutralen Zone zu machen. Dort trafen und rangelten sich Rechte und Linke dann immer mal wieder beim Bierholen. Wobei die Hooligans in beiden Kategorien deutlich in der Überzahl waren, beim Alkohol und den Teilnehmern. Mehr als 4000 sollen es nach den neuesten Schätzungen gewesen sein, die vor dem Bahnhof grölten und tranken. „Hooligans gegen Salafisten“ nannten sich die, die zum Protest aufgerufen hatten. Es war dann eine explosive Mischung verschiedener Gruppen: Rocker waren dabei und rechte Autonome, die genauso aussehen wie die auf der linken Seite, mit Piercings und schwarzem Kapuzenpulli. Ein paar Kurden spazierten herum mit ihrer Flagge und auch „SS-Siggi“ war da, ein Neonazi-Aktivist aus Dortmund. Es waren Leute, die normalerweise so nicht zusammenkommen, die sogenannten Gewaltaffinen aus der Fußballszene, die sich normalerweise gegenseitig verprügeln. Nun standen sie in Köln und brüllten gemeinsam gegen Salafisten.
Als „neue Formation“ bezeichnete Innenminister Ralf Jäger (SPD) die Konstellation am rechten Rand. Viele Veteranen der Hooliganszene waren zu sehen, die sich im fortgeschrittenen Alter offenbar nach festen Strukturen sehnen, die zeigen wollen, dass es sie auch noch gibt. Von einer breiten Bewegung gegen Salafismus und Islamischen Staat (IS) sprachen viele Redner, von der Öffnung zur Gesellschaft hin. Sie haben wohl verstanden, dass man in Deutschland mit Ausländerfeindlichkeit nicht wirklich punkten kann. Wohl aber mit einer aggressiven Haltung gegenüber den Salafisten und dem IS in Syrien. Vor denen haben alle Angst, sogar die Linken.
„Und wir tun aber auch was“, sagt ein Demonstrant auf dem Breslauer Platz. Er kommt noch einmal zurück und befiehlt: „Schreib das auf.“ Mit einem Dosenbier in der Hand für die westlichen Werte, die Aufklärung und so. Vorbild könnte auch die English Defence League sein, die sich in England aus der Hooligan-Szene entwickelte und dort eine der größten antiislamischen Organisationen ist. Für die Demonstration in Köln meldete sich auch eine German Defence League an.
Politik ist Politik. Und Fußball ist Fußball, so traten viele Hooligans früher auf. Längst vermischt sich das Ganze aber. Rechtsextremisten hätten sich der Bewegung angeschlossen, sie aber nicht gesteuert, sagte der Chef des nordrhein-westfälischen Verfassungsschutzes, Burkhard Freier. Unter anderem seien Mitglieder der Parteien Die Rechte und NPD beteiligt gewesen. Dominik Roeseler von der rechtsradikalen Pro-NRW hatte die Versammlung mit angemeldet, wurde dann aber von der Parteiführung zurückgepfiffen. Die wollte nicht mit gewalttätigen Hooligans in Verbindung gebracht werden. Letztlich, so kann man es sagen, haben sich die Traditionalisten unter den Hools durchgesetzt, diejenigen, die saufen und prügeln wollten.
Für Innenminister Ralf Jäger sind die Krawalle von Köln ein doppeltes Problem. Er hat den Kampf gegen rechts zu einem Schwerpunkt seiner Arbeit gemacht. Und in den vergangenen Monaten gleichzeitig ein neues Konzept eingeführt, das die Polizeipräsenz in den Stadien reduzieren, den Fans und Vereinen mehr Eigenverantwortung übertragen sollte. Innovative Ideen waren das eigentlich.
Doch nun steht Jäger vor einem Scherbenhaufen. Denn die Hooligans sind nicht verschwunden, sie haben sich sogar mit denen anderer Vereine verbündet und sind in so großer Zahl aufgetaucht wie selten zuvor. Jäger sagt nun, es werde gegen alle Gewalttäter ermittelt, 50 Strafanzeigen gibt es schon. „Wir werden die Erkenntnisse dazu nutzen, solche Demonstrationen von gewaltbereiten Hooligans künftig zu verbieten“, verspricht Jäger. „Die rechtlichen Hürden für ein solches Verbot sind hoch, aber die Krawalle in Köln sind schockierend und eine wichtige Grundlage für ein solches Vorgehen.“
losgehen, durch seine Musik beruhigen will: In Kundus war er schon, auf dem Maidan in Kiew und auf dem Taksim in Istanbul.
In diese Reihe darf sich nun auch Köln aufgenommen fühlen. Auf dem Breslauer Platz waren Junggesellenabschiede bisher das größte Problem. Am Sonntag klimperte Martello, als die Hooligans den Platz verließen, der einem Schlachtfeld glich. Nach einem Tag, der einen eher sprach- als atemlos gemacht hatte.
So etwas hatte es lange nicht mehr gegeben in Deutschland, eine so große Zusammenkunft von Rechtsextremisten. Mitten in Köln, direkt vor dem Dom. Ein pöbelnder Mob zwischen Familien, gleich neben chinesischen Touristen und dem Sonntagsreiseverkehr auf einem der größten Bahnhöfe des Landes.
NRW-Innenminister Ralf Jäger (SPD)
„Man hat die Lage nicht präzise eingeschätzt“, sagt der CDU-Landesvorsitzende Armin Laschet. Über Wochen hatte man den „Hooligans gegen Salafisten“ im Internet zuschauen können, wie die Mobilisierung stieg, wie immer mehr Leute auf Facebook ihr Kommen ansagten. Und dann schien die Polizei doch in der Unterzahl zu sein – und überrascht.
Auf der rechten Seite des Bahnhofs wurden Flaschen geworfen und ein Polizeiauto umgestürzt, 49 Polizisten wurden verletzt, einer von ihnen schwer. Auf der anderen Seite, vor dem Dom, protestierten Linke und Gewerkschaften gegen die Rechten, die Polizei hatte es für eine gute Idee gehalten, einfach die Bahnhofshalle dazwischen zur neutralen Zone zu machen. Dort trafen und rangelten sich Rechte und Linke dann immer mal wieder beim Bierholen. Wobei die Hooligans in beiden Kategorien deutlich in der Überzahl waren, beim Alkohol und den Teilnehmern. Mehr als 4000 sollen es nach den neuesten Schätzungen gewesen sein, die vor dem Bahnhof grölten und tranken. „Hooligans gegen Salafisten“ nannten sich die, die zum Protest aufgerufen hatten. Es war dann eine explosive Mischung verschiedener Gruppen: Rocker waren dabei und rechte Autonome, die genauso aussehen wie die auf der linken Seite, mit Piercings und schwarzem Kapuzenpulli. Ein paar Kurden spazierten herum mit ihrer Flagge und auch „SS-Siggi“ war da, ein Neonazi-Aktivist aus Dortmund. Es waren Leute, die normalerweise so nicht zusammenkommen, die sogenannten Gewaltaffinen aus der Fußballszene, die sich normalerweise gegenseitig verprügeln. Nun standen sie in Köln und brüllten gemeinsam gegen Salafisten.
Als „neue Formation“ bezeichnete Innenminister Ralf Jäger (SPD) die Konstellation am rechten Rand. Viele Veteranen der Hooliganszene waren zu sehen, die sich im fortgeschrittenen Alter offenbar nach festen Strukturen sehnen, die zeigen wollen, dass es sie auch noch gibt. Von einer breiten Bewegung gegen Salafismus und Islamischen Staat (IS) sprachen viele Redner, von der Öffnung zur Gesellschaft hin. Sie haben wohl verstanden, dass man in Deutschland mit Ausländerfeindlichkeit nicht wirklich punkten kann. Wohl aber mit einer aggressiven Haltung gegenüber den Salafisten und dem IS in Syrien. Vor denen haben alle Angst, sogar die Linken.
„Und wir tun aber auch was“, sagt ein Demonstrant auf dem Breslauer Platz. Er kommt noch einmal zurück und befiehlt: „Schreib das auf.“ Mit einem Dosenbier in der Hand für die westlichen Werte, die Aufklärung und so. Vorbild könnte auch die English Defence League sein, die sich in England aus der Hooligan-Szene entwickelte und dort eine der größten antiislamischen Organisationen ist. Für die Demonstration in Köln meldete sich auch eine German Defence League an.
Politik ist Politik. Und Fußball ist Fußball, so traten viele Hooligans früher auf. Längst vermischt sich das Ganze aber. Rechtsextremisten hätten sich der Bewegung angeschlossen, sie aber nicht gesteuert, sagte der Chef des nordrhein-westfälischen Verfassungsschutzes, Burkhard Freier. Unter anderem seien Mitglieder der Parteien Die Rechte und NPD beteiligt gewesen. Dominik Roeseler von der rechtsradikalen Pro-NRW hatte die Versammlung mit angemeldet, wurde dann aber von der Parteiführung zurückgepfiffen. Die wollte nicht mit gewalttätigen Hooligans in Verbindung gebracht werden. Letztlich, so kann man es sagen, haben sich die Traditionalisten unter den Hools durchgesetzt, diejenigen, die saufen und prügeln wollten.
Für Innenminister Ralf Jäger sind die Krawalle von Köln ein doppeltes Problem. Er hat den Kampf gegen rechts zu einem Schwerpunkt seiner Arbeit gemacht. Und in den vergangenen Monaten gleichzeitig ein neues Konzept eingeführt, das die Polizeipräsenz in den Stadien reduzieren, den Fans und Vereinen mehr Eigenverantwortung übertragen sollte. Innovative Ideen waren das eigentlich.
Doch nun steht Jäger vor einem Scherbenhaufen. Denn die Hooligans sind nicht verschwunden, sie haben sich sogar mit denen anderer Vereine verbündet und sind in so großer Zahl aufgetaucht wie selten zuvor. Jäger sagt nun, es werde gegen alle Gewalttäter ermittelt, 50 Strafanzeigen gibt es schon. „Wir werden die Erkenntnisse dazu nutzen, solche Demonstrationen von gewaltbereiten Hooligans künftig zu verbieten“, verspricht Jäger. „Die rechtlichen Hürden für ein solches Verbot sind hoch, aber die Krawalle in Köln sind schockierend und eine wichtige Grundlage für ein solches Vorgehen.“