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Zufrieden, aber desinteressiert

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Berlin – Jahrelang haben Studierende gegen den Bologna-Prozess gewettert, gegen Chaos nach der Einführung von Bachelor und Master und die Verschulung des Studiums. Eine Studie, die Bildungsministerin Johanna Wanka am Dienstag in Berlin vorstellte, zeigt aber: Die Zufriedenheit der Studierenden ist gestiegen. Eine Mehrheit der Befragten beurteilt demnach das Angebot und die Qualität der Lehre positiv; 67Prozent sind mit dem Aufbau ihres Studiums zufrieden, 2001 waren es nur 54 Prozent. Und etwa 70 Prozent gaben an, dass Kernelemente des Bologna-Prozesses – das Credit-Point-System, die Einteilung der Studiengänge in Module und die Qualitätskontrollen – verwirklicht worden sind. Bemängelt wurden fehlender Praxisbezug und volle Lehrveranstaltungen; Pflichtpraktika, Unterricht in kleineren Gruppen und mehr Betreuung stehen ganz oben auf der Wunschliste.



Studenten haben sich mit dem Bologna-Prozess angefreundet. Deswegen lasse politisches Engagement nach, so eine Studie.  

Die Leistungsanforderungen in ihrem Fach empfinden 53 Prozent der Studierenden an Universitäten als hoch oder sehr hoch. An Fachhochschulen sind es nur 36Prozent. Interessant ist, dass sich der zeitliche Aufwand von Studierenden seit 2001 nicht wesentlich verändert hat. Im Durchschnitt verbringen sie gut 30 Wochenstunden mit dem Studieren, das war im Jahr 2001 nicht anders. Tino Bargel, Hochschulforscher und ein Autor der Studie, führt den scheinbaren Widerspruch – eine subjektiv höhere Belastung bei gleichem Zeitaufwand – auf andere Faktoren zurück: auf die Struktur von Studiengängen, aber auch auf selbst oder gesellschaftlich auferlegten Leistungsdruck.

Johanna Wanka wertete die „positive Grundhaltung“ in vielen abgefragten Bereichen als Erfolg von bildungspolitischen Initiativen wie dem Hochschulpakt. Ein Ergebnis der Studie aber findet sie „sehr bedauerlich“: Das politische Interesse von Studenten ist zurückgegangen. 2001 stuften es noch 45 Prozent als sehr stark ein, 2013 waren es nur noch 32 Prozent, Tiefstand seit 1993. Auch in der Hochschulpolitik engagieren sich immer weniger Studenten. Als mögliche Gründe für die Entwicklung nennt die Studie „die zunehmende Komplexität“ von Politik. Sie verweist auch „auf einen allgemeinen Trend zur politischen Passivität und Apathie“, die sich auch bei Studenten ausbreite. Vielleicht haben die Zahlen aber auch etwas mit einem gewandelten Politikverständnis zu tun. Denn die Zahl derjenigen, die mit ihren künftigen Jobs die Gesellschaft verbessern oder anderen Menschen helfen wollen, liegt bei immerhin 43 beziehungsweise
40 Prozent.

Junge Menschen, deutet Forscher Bargel diese Zahlen, seien heute eben besser darin, egoistische und idealistische Motive zusammenzubringen.

Die Studierenden-Survey wird seit Anfang der Achtzigerjahre im Auftrag des Bildungsministeriums von der Universität Konstanz durchgeführt und erscheint in diesem Jahr zum zwölften Mal. Befragt wurden fast 5000 Studierende an 25 Hochschulen.

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