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Finger weg da!

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Bei Lena Dunham trudeln gerade Genesungswünsche ein. Eigentlich wollte die Autorin am vergangenen Sonntag auf der Buchmesse in Antwerpen ihr Buch „Not That Kind Of Girl – Was ich im Leben so gelernt habe“ (S. Fischer-Verlag) vorstellen und dann am Dienstagabend im Deutschen Theater in Berlin auf dem Podium sitzen, aber beide Veranstaltungen wurden wegen Krankheit abgesagt. Dabei ist Lena Dunham womöglich gar nicht krank. Sondern eher wütend.



Nachdem eine konservative Internetseite Lena Dunham des Kindesmissbrauchs beschuldigt hat, hat die Autorin Veranstaltungen in Berlin und Antwerpen wegen Krankheit abgesagt.

Auslöser für ihre Wut dürfte ein Text auf der US-amerikanischen Webseite truthrevolt.org sein, die Dunham vor Kurzem vorwarf, ihre kleine Schwester sexuell missbraucht zu haben. Den Beleg dafür findet Autor Bradford Thomas vor allem in einer Passage, in der die Autorin beschreibt, wie sie als Siebenjährige die Vagina ihrer einjährigen Schwester besah. „Eines Sommertags auf Long Island, als ich in der Einfahrt vor unserem Haus saß und mit Klötzen und Eimern spielte, packte mich die Neugier. Grace (ihre Schwester, Anm. d.Red.) saß plappernd und lächelnd da, und ich beugte mich zwischen ihre Beine und untersuchte vorsichtig ihre Vagina.“ Entsetzt habe sie dann nach der Mutter gerufen, Grace hatte sich einige Kieselsteinchen in die Vagina geschoben.

Wer Lena Dunham und vor allem ihre HBO-Fernsehserie „Girls“ kennt, der weiß, dass es dort an plakativem Realismus nicht mangelt. Die Autorin, Regisseurin, Schauspielerin und Produzentin der Serie, in der es um vier junge Frauen in ihren Zwanzigern geht, die sich in New York durch schlecht bezahlte Jobs und schlechten Sex quälen, ist Meisterin im Ausplaudern von Peinlichkeiten. So schreibt sie in ihrem Buch nicht nur über ihre vielen Ängste und Diätversuche, sondern auch, wie sie jede Nacht ins Bett der Eltern kroch (bis sie elf war) und wie sie in den Sommerferien das Masturbieren auf dem Badezimmerteppich übte. Das kann man mögen, das kann man auch nicht mögen.

Die Webseite truthrevolt.org mag die Beschreibungen von Dunham nicht. Dabei geht es den Betreibern der konservativen Seite wohl nicht so sehr um das Buch selbst, sie haben Größeres vor: die Bekämpfung linker Meinungsmacher. Ihre ideologischen Kontrahenten wollen sie nach eigenen Angaben zerstören, dabei dürfe es auch grob und persönlich werden. Eine junge Frau, die über sich und ihren Körper auspackt, das gefällt ihnen nicht.

Lena Dunham äußerte sich am Dienstag auf der Webseite des Time-Magazins offiziell zu den Missbrauchsvorwürfen: „Ich will zunächst klarstellen, dass ich Missbrauch in jeglicher Form unter keinen Umständen billige.“ Sie habe sich stets für die Opfer von Kindesmissbrauch starkgemacht, sagte sie und entschuldigte sich für Schilderungen in ihrem Buch, die Lesern Schmerz zugefügt haben könnten. Sämtliche Passagen, in denen ihre Schwester vorkomme, seien vor Erscheinen des Buchs von dieser abgesegnet worden. Zudem bedauere sie den humorvollen Gebrauch des Begriffs „sexual predator“, sinngemäß: sexgieriges Raubtier, eine Person also, die alles versuche, um ein Mädchen aus der Vorstadt rumzukriegen. Dunham hatte damit zu beschreiben versucht, wie sie die Schwester mit Süßem dazu brachte, sich von ihr fünf Sekunden auf den Mund küssen zu lassen.

Dass Kinder mit sich und ihrer Sexualität experimentieren und sich dafür beizeiten Unterstützung von Geschwistern und Kindergartenfreunden holen, dürfte nicht neu sein. Ebenso wenig wie die Tatsache, dass „Doktorspiele“ in den USA meist hysterischer bewertet werden als in Deutschland. Doch gilt auch hierzulande in vielen Familien, dass kleine Jungs (und auch viele große Jungs) ungehemmt in ihrem Schritt herumzuppeln dürfen, ohne dass jemand Anstoß daran nimmt. Mädchen hingegen sollen ihre Hände „da“ wegnehmen. Dunham schreibt dazu auf Twitter: „Wenn Sie als Kind nie die Vagina eines anderen Kindes angeguckt haben: Gratulation!“

Was also wird von dieser Diskussion übrig bleiben? Ein paar traurige Leser, die die Autorin gern live erlebt hätten. Und die Frage, warum sich truthrevolt.org an dieser Anekdote abarbeitet und nicht etwa an der Erzählung Dunhams, wie sie mit 19 Jahren von einem Studienkollegen vergewaltigt wurde.

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