Du verpflichtest dich beim Bund und wirst zu einem Soldaten – ich halte dich für einen Spaten. Du hast volle Mitgliedschaft bei den Freien Demokraten – für was ich dich halt’, kannst du mal raten.“ Alles Vorurteile? Nicht doch: „Ich habe keine Vorurteile, nur Araber haben Vorurteile.“ So offen und ironisch wie der Rapper Fatoni gehen die wenigsten mit ihren Ressentiments um. Im Gegenteil: Fragen Forscher Menschen offensiv, ob sie etwas gegen Einwanderer, Homosexuelle oder andere soziale Gruppen haben, antworten viele einfach das sozial Erwünschte.
Laut Statistik habe heimlicher Rassismus bei den letzten US-Wahlen eine große Rolle gespielt. Trotzdem der Gewinner: Barack Obama.
Und zwar, weil sie ihre innersten Vorurteile selbst unzureichend kennen, vermutete Anthony Greenwald. Der amerikanische Psychologe entwickelte deshalb Ende der 90er Jahre ein Testverfahren, um diese geheimen Vorbehalte sichtbar zu machen. Dieser „Implizite Assoziationstest“ (IAT) sollte enthüllen, was Menschen „wirklich“ denken. Doch jetzt werden Zweifel laut an dem Test, der mittlerweile in der Sozialpsychologie weit verbreitet ist.
Dabei ist sein Prinzip auf den ersten Blick überzeugend: Probanden sehen am Computer eine Abfolge positiver und negativer Begriffe wie „prachtvoll“, „Vergnügen“ oder „abscheulich“, diese ordnen sie mit einem Tastendruck Kategorien wie „Weiße oder Schwarze“, „dicke oder dünne Menschen“ zu. Beim Test auf Rassen-Vorurteile etwa sollen zuerst gute Begriffe mit weißen Gesichtern verbunden werden und schlechte mit schwarzen. In der zweiten Stufe assoziiert man schlechte Begriffe mit weißen Gesichtern und gute mit schwarzen, sodass jede Kombination erfasst wird. Millisekundengenau wird die Reaktionszeit gemessen. Braucht jemand länger, um positive Worte für eine soziale Gruppe zu finden als negative, so hegt er wohl auch versteckte Vorurteile gegen sie.
Als Greenwald den IAT 1998 vorstellte, löste das eine Lawine aus: Endlich schien es möglich, versteckte Motive und Stereotype sichtbar zu machen. Im Internet bietet etwa die Harvard University einige Tests frei an, Millionen Menschen haben mitgemacht. Demnach hegen drei von vier weißen Amerikanern heimliche Ressentiments gegen Schwarze. Schwulenfeindlichkeit und Vorbehalte gegenüber Älteren seien weit verbreitet. Und bei den US-Wahlen 2008 habe heimlicher Rassismus eine „signifikante Rolle“ gespielt, meinten Forscher der Universität Stanford – dabei wurde Barack Obama Präsident.
Widersprüchliche Ergebnisse wie diese haben viele Forscher zum Zweifeln gebracht. „Die Idee, dass man damit etwas völlig Unbewusstes messen kann, ist infrage gestellt“, sagt der Sozialpsychologe Malte Friese von der Universität des Saarlandes. Tatsächlich könnten viele Menschen, klärt man sie im Vorfeld über den Sinn des Tests auf, voraussagen, welches Ergebnis herauskommt, sagt Friese. Auch die Idee, der IAT messe die „wahre“ Einstellung einer Person, ist dem Psychologen suspekt. „Eine Assoziation zu haben, bedeutet noch nicht, dass man sie selbst gut findet.“ Ein Beispiel: Wer in einer glücklichen Beziehung ist, kann sich zu einer anderen Frau hingezogen fühlen. Beide Gefühle sind da, doch der Verstand verhindert, dass man das als unrichtig Empfundene auslebt. Ähnlich sei es bei Vorurteilen, argumentiert Friese. „Das Ergebnis des IAT zeigt weder, ob man einem Vorurteil bei einer direkten Frage zustimmt, noch ob man eigene Vorurteile auch auslebt.“ Wer also Schwarze mit negativen Begriffen assoziiert, wird sie nicht zwangsläufig diskriminieren.
Zudem lässt sich der Vorurteils-TÜV austricksen. In Experimenten ersetzten Klaus Rothermund und Dirk Wentura die Kategorien gut/schlecht mit neutralen Wörtern oder Kauderwelsch – und maßen dennoch einen Effekt. Wie vertraut ein Wort oder eine Kategorie sei, beeinflusse die Reaktionszeit und verzerre das Ergebnis, vermuten die Psychologen. Mit Stereotypen habe das wenig zu tun. „Dass sich der IAT überlisten lässt, steht außer Frage“, meint Klaus Fiedler von der Universität Heidelberg. In Experimenten überprüfte der Sozialpsychologe die ausländerfeindliche Einstellung gegenüber Türken. Als Fiedler seinen Probanden den Test erklärte und ihn wiederholen ließ, verpufften die Effekte. Selbst als er andere Probanden in einem zweiten Durchlauf nicht über den Mechanismus unterrichtete, konnten diese den IAT überlisten.
Obwohl die methodischen Mängel bekannt sind, ist der IAT heute weitverbreitet. „In einer großen Stichprobe sind mit dem IAT gewiss Vorhersagen über Vorurteile möglich“, sagt Malte Friese. Für eine einzelne Person sei eine Vorhersage aber nicht seriös möglich. Genau das haben jedoch einzelne Anwendungen im Sinn: In den USA nutzten Arbeitgeber schon seit Jahren IATs, um vermeintlich sexistische Bewerber auszusortieren, berichtet Fiedler. „Für diagnostische Zwecke ist das unverantwortlich, da kommt man in Teufels Küche.“ Man unterschätze damit eine wesentliche Eigenschaft des Menschen: dass er sich anpassen kann.
Laut Statistik habe heimlicher Rassismus bei den letzten US-Wahlen eine große Rolle gespielt. Trotzdem der Gewinner: Barack Obama.
Und zwar, weil sie ihre innersten Vorurteile selbst unzureichend kennen, vermutete Anthony Greenwald. Der amerikanische Psychologe entwickelte deshalb Ende der 90er Jahre ein Testverfahren, um diese geheimen Vorbehalte sichtbar zu machen. Dieser „Implizite Assoziationstest“ (IAT) sollte enthüllen, was Menschen „wirklich“ denken. Doch jetzt werden Zweifel laut an dem Test, der mittlerweile in der Sozialpsychologie weit verbreitet ist.
Dabei ist sein Prinzip auf den ersten Blick überzeugend: Probanden sehen am Computer eine Abfolge positiver und negativer Begriffe wie „prachtvoll“, „Vergnügen“ oder „abscheulich“, diese ordnen sie mit einem Tastendruck Kategorien wie „Weiße oder Schwarze“, „dicke oder dünne Menschen“ zu. Beim Test auf Rassen-Vorurteile etwa sollen zuerst gute Begriffe mit weißen Gesichtern verbunden werden und schlechte mit schwarzen. In der zweiten Stufe assoziiert man schlechte Begriffe mit weißen Gesichtern und gute mit schwarzen, sodass jede Kombination erfasst wird. Millisekundengenau wird die Reaktionszeit gemessen. Braucht jemand länger, um positive Worte für eine soziale Gruppe zu finden als negative, so hegt er wohl auch versteckte Vorurteile gegen sie.
Als Greenwald den IAT 1998 vorstellte, löste das eine Lawine aus: Endlich schien es möglich, versteckte Motive und Stereotype sichtbar zu machen. Im Internet bietet etwa die Harvard University einige Tests frei an, Millionen Menschen haben mitgemacht. Demnach hegen drei von vier weißen Amerikanern heimliche Ressentiments gegen Schwarze. Schwulenfeindlichkeit und Vorbehalte gegenüber Älteren seien weit verbreitet. Und bei den US-Wahlen 2008 habe heimlicher Rassismus eine „signifikante Rolle“ gespielt, meinten Forscher der Universität Stanford – dabei wurde Barack Obama Präsident.
Widersprüchliche Ergebnisse wie diese haben viele Forscher zum Zweifeln gebracht. „Die Idee, dass man damit etwas völlig Unbewusstes messen kann, ist infrage gestellt“, sagt der Sozialpsychologe Malte Friese von der Universität des Saarlandes. Tatsächlich könnten viele Menschen, klärt man sie im Vorfeld über den Sinn des Tests auf, voraussagen, welches Ergebnis herauskommt, sagt Friese. Auch die Idee, der IAT messe die „wahre“ Einstellung einer Person, ist dem Psychologen suspekt. „Eine Assoziation zu haben, bedeutet noch nicht, dass man sie selbst gut findet.“ Ein Beispiel: Wer in einer glücklichen Beziehung ist, kann sich zu einer anderen Frau hingezogen fühlen. Beide Gefühle sind da, doch der Verstand verhindert, dass man das als unrichtig Empfundene auslebt. Ähnlich sei es bei Vorurteilen, argumentiert Friese. „Das Ergebnis des IAT zeigt weder, ob man einem Vorurteil bei einer direkten Frage zustimmt, noch ob man eigene Vorurteile auch auslebt.“ Wer also Schwarze mit negativen Begriffen assoziiert, wird sie nicht zwangsläufig diskriminieren.
Zudem lässt sich der Vorurteils-TÜV austricksen. In Experimenten ersetzten Klaus Rothermund und Dirk Wentura die Kategorien gut/schlecht mit neutralen Wörtern oder Kauderwelsch – und maßen dennoch einen Effekt. Wie vertraut ein Wort oder eine Kategorie sei, beeinflusse die Reaktionszeit und verzerre das Ergebnis, vermuten die Psychologen. Mit Stereotypen habe das wenig zu tun. „Dass sich der IAT überlisten lässt, steht außer Frage“, meint Klaus Fiedler von der Universität Heidelberg. In Experimenten überprüfte der Sozialpsychologe die ausländerfeindliche Einstellung gegenüber Türken. Als Fiedler seinen Probanden den Test erklärte und ihn wiederholen ließ, verpufften die Effekte. Selbst als er andere Probanden in einem zweiten Durchlauf nicht über den Mechanismus unterrichtete, konnten diese den IAT überlisten.
Obwohl die methodischen Mängel bekannt sind, ist der IAT heute weitverbreitet. „In einer großen Stichprobe sind mit dem IAT gewiss Vorhersagen über Vorurteile möglich“, sagt Malte Friese. Für eine einzelne Person sei eine Vorhersage aber nicht seriös möglich. Genau das haben jedoch einzelne Anwendungen im Sinn: In den USA nutzten Arbeitgeber schon seit Jahren IATs, um vermeintlich sexistische Bewerber auszusortieren, berichtet Fiedler. „Für diagnostische Zwecke ist das unverantwortlich, da kommt man in Teufels Küche.“ Man unterschätze damit eine wesentliche Eigenschaft des Menschen: dass er sich anpassen kann.