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Volkszählung in der Mundhöhle

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Von Sigmund Freud stammt eine hübsche Beobachtung über das paradoxe Wechselspiel von Intimität und Ekel: Partner, die sich leidenschaftlich auf den Mund küssen, werden wenig später wohl davor zurückschrecken, die Zahnbürste des anderen zu benutzen. Um die Freude am Küssen zu behalten, hilft es vielleicht, gar nicht so genau zu wissen, was da kreucht und fleucht, wenn man sich nahe kommt. Also sollten empfindliche Naturen jetzt nicht weiterlesen, auch wenn ihnen dann die delikate Nachricht entgeht, wonach etwa 80 Millionen Bakterien bei einem leidenschaftlichen Kuss ausgetauscht werden.




Rote Lippen soll man küssen - das ist gut für den Organismus und macht Spaß. Das ist jetzt auch wissenschafltich bewiesen.

Forscher aus den Niederlanden haben diese Volkszählung in der Mundhöhle unternommen und präsentieren im Fachmagazin Microbiome (online) ihre Ergebnisse. Sie haben Paare gebeten, sich mindestens zehn Sekunden lang innig zu küssen und dabei „vollen Zungenkontakt“ und „intensiven Speichelaustausch“ zu pflegen. Anschließend wurde die Mischung der Bakterien im Speichel der Paare gemessen. Außerdem sollten die Teilnehmer Zärtlichkeiten im Alltag in einem Kuss-Tagebuch dokumentieren. Insgesamt bevölkern etwa 100 Billionen Mikroorganismen den menschlichen Körper – da erscheint die Menge des bakteriellen Austauschs während des Küssens doch relativ überschaubar. Falls die Paare sich neunmal oder häufiger am Tag küssen, gleicht sich die Keimzusammensetzung im Mund einander an, so ein weiteres Ergebnis der Forscher.


Sorgen um ihre Gesundheit müssen sich küssende Paare nicht machen, im Gegenteil. Wer nach getaner Arbeit von einem liebenden Partner mit einem Kuss zu Hause empfangen wird, schont Herz und Blutdruck und tut langfristig etwas für seine Gefäße. Untersuchungen haben gezeigt, dass Küssen nicht nur die Laune und das Befinden verbessert, sondern auch das Immunsystem stärkt. Denn beim Küssen wird es angeregt, sich mit den Keimen des anderen auseinanderzusetzen. Diverse schützende Eiweißstoffe, die das Abwehrsystem unterstützen, sind bei Menschen, die viel küssen, in höherer Konzentration vorhanden. Und da nur die wenigsten der ausgetauschten Keime gefährliche Krankheitserreger sind, wird das Immunsystem beim Küssen auch nicht überfordert.


Zudem ist innige Verliebtheit mit intensiven Küssen nicht nur ein Feuerwerk für die Sinne, sondern tut dem ganzen Organismus gut und ist daher ärztlicherseits unbedingt zu empfehlen. Der Kreislauf kommt in Schwung, die Wahrnehmung ist geschärft, und die Glücksgefühle der Begeisterung führen dazu, dass mehr Abwehrzellen und andere den Organismus stärkende Botenstoffe freigesetzt werden. Gleichzeitig sinkt der Pegel von Stresshormonen wie Cortisol oder Adrenalin. Sogar Blutfette wie Cholesterin sind bei Menschen, die sich oft und lange küssen, in niedrigeren Konzentrationen zu finden.


HNO-Ärzte warnen allerdings vor einer gefährlichen Nebenwirkung – dem unbedachten Kuss auf das Ohr. Dabei kann schon mal eine Lautstärke von bis zu 130 Dezibel erreicht werden. Das entspricht der Lärmbelastung durch ein Düsenflugzeug aus der Nähe oder einer Vuvuzela-Tröte beim Fußballspiel.

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