Was die Palästinenser-Regierung sich wünscht vom Internationalen Strafgerichtshof (ICC), das hat sie bereits deutlich gemacht: Die Juristen in Den Haag sollen, sobald am 1. April der Beitritt der Palästinenser zum Gerichtshof in Kraft tritt, israelische Verbrechen anprangern. Was Israels Regierung erwartet, ist ebenso klar. Ihre Armee, die „moralischste der Welt“, wie Außenminister Avigdor Lieberman nicht müde wird zu betonen, soll allenfalls als Zeugin der Anklage in Den Haag auftreten. Gegen Kriegsverbrechen der palästinensischen Hamas.
Wahrscheinlich wird der Internationale Strafgerichtshof in Den Haag schon bald eine Vorermittlung zu den Kriegsverbrechen im Konflikt zwischen Israel und Palästina eröffnen. Konkrete Ergebnisse werden aber nicht vor 2016 erwartet.
Was die politischen Akteure wirklich zu erwarten haben, hängt indes von einer kleinen Gruppe von Juristen am ICC ab, die, verglichen mit ihren Kollegen in nationalen Justizsystemen, einen großen Ermessensspielraum haben. Die Ankläger am ICC zeigen seit zwölf Jahren, wie sie Prioritäten setzen und eigene Regeln entwickeln. Und wenn nun Politiker im Nahen Osten Hoffnungen in sie setzen, dann lohnt auch ein Blick in Hauptstädte, wo man bereits Erfahrungen mit den Anklägern macht: Moskau, Kiew oder London.
Wenige kennen die ICC-Ankläger so gut wie Alex Whiting: Der Amerikaner war von 2010 bis 2013 selbst einer von ihnen, erst als Koordinator aller Ermittlungen, dann als Koordinator aller Anklagen, heute lehrt er in Harvard. An den israelisch-palästinensischen Konflikt, so vermutet er, werde man sich „höchstwahrscheinlich nur sehr vorsichtig und langsam“ herantasten.
Schon bald nach dem 1. April, so schätzt Whiting, wird der Gerichtshof eine Vorermittlung eröffnen, was möglicherweise Aufsehen erregen, aber erst einmal nur bedeuten werde, dass die Juristen überlegen, wo sie anfangen. Damit verbunden sein wird, wie immer, eine Aufforderung an die Konfliktparteien: Zieht eure Kriegsverbrecher selbst zur Verantwortung. Nur wenn die Staaten nicht willens oder fähig sind, „ernsthaft“ zu ermitteln, ist der ICC zuständig. Diese Drohung an Israelis und Palästinenser kann monate- oder jahrelang in der Schwebe bleiben. Der in London lehrende Politologe Mark Kersten, ebenfalls ein Kenner des ICC, sagt: „Jede Wette, dass 2015 noch nichts weiter passieren wird.“
Russlands Regierung lebt bereits seit 2008 mit einem solchen Vorermittlungsverfahren wegen des Georgienkriegs – ohne dass es bislang zu echten Ermittlungen, vor allem zu Zeugenbefragungen, gekommen wäre. Der Bürgerkrieg in Kolumbien ist sogar schon seit Juni 2004 Gegenstand einer ICC-Vorermittlung. Auch gegen Großbritannien laufen seit Mai 2014 Vorermittlungen wegen Foltervorwürfen im Irak. Meist besteht keine Eile. Im Falle Russlands haben die ICC-Ankläger erst im Dezember erklärt, dass weder Russland noch Georgien sich in sechs Jahren ernsthaft um Aufklärung bemüht hätten. Trotzdem unternahmen sie noch nichts.
In diesen Tagen, da sich der ICC dem Nahen Osten zuwendet, ist vielfach spekuliert worden, dass nun die lang ersehnte Chance für den ICC komme, endlich außerhalb Afrikas aktiv zu werden. Der Strafgerichtshof wird oft dafür kritisiert, dass er echte Ermittlungen und Anklagen bisher nur dort betreibt. Dem widerspricht jedoch Alex Whiting: „Die Staatsanwälte denken nicht so, und wenn doch, dann hätten sie längst Ermittlungen an anderen Orten starten können, etwa Georgien, Afghanistan oder der Ukraine.“ Auch in den beiden letztgenannten Staaten laufen seit Monaten Vorermittlungen.
Israels Regierung bemüht sich bereits, interne Ermittlungen in der Armee in Gang zu bringen, um den ICC auf Abstand halten zu können. Es laufen 13 Ermittlungsverfahren gegen Soldaten wegen Vorwürfen im Zusammenhang mit dem jüngsten Gaza-Krieg, sie stehen unter Leitung des Armee-Generalstaatsanwalts Danny Efroni. Ob die Haager Ankläger sich davon beeindrucken lassen, ist offen.
Eine Frage, welche sie aber in jedem Fall diskutieren werden, ruft der im US-Bundesstaat Ohio lehrende Völkerstrafrechtler Michael P. Scharf in Erinnerung. Es geht darum, ob die Taten, um die es in Gaza geht, überhaupt schwer genug wiegen für Den Haag. Der ICC kann nur wenige Prozesse weltweit führen, bislang hat er sich deshalb auf Bürgerkriegsszenarien mit „Hunderttausenden oder zumindest Zehntausenden Toten“ beschränkt, so Scharf. Stets haben die ICC-Richter auch verlangt, dass es sich um Verbrechen handeln muss, die systematisch, „als Bestandteil eines gezielten Plans verübt wurden“. Wie die Haager Juristen insofern den Gaza-Krieg einschätzen, wird man womöglich erst 2016 erfahren.
Wahrscheinlich wird der Internationale Strafgerichtshof in Den Haag schon bald eine Vorermittlung zu den Kriegsverbrechen im Konflikt zwischen Israel und Palästina eröffnen. Konkrete Ergebnisse werden aber nicht vor 2016 erwartet.
Was die politischen Akteure wirklich zu erwarten haben, hängt indes von einer kleinen Gruppe von Juristen am ICC ab, die, verglichen mit ihren Kollegen in nationalen Justizsystemen, einen großen Ermessensspielraum haben. Die Ankläger am ICC zeigen seit zwölf Jahren, wie sie Prioritäten setzen und eigene Regeln entwickeln. Und wenn nun Politiker im Nahen Osten Hoffnungen in sie setzen, dann lohnt auch ein Blick in Hauptstädte, wo man bereits Erfahrungen mit den Anklägern macht: Moskau, Kiew oder London.
Wenige kennen die ICC-Ankläger so gut wie Alex Whiting: Der Amerikaner war von 2010 bis 2013 selbst einer von ihnen, erst als Koordinator aller Ermittlungen, dann als Koordinator aller Anklagen, heute lehrt er in Harvard. An den israelisch-palästinensischen Konflikt, so vermutet er, werde man sich „höchstwahrscheinlich nur sehr vorsichtig und langsam“ herantasten.
Schon bald nach dem 1. April, so schätzt Whiting, wird der Gerichtshof eine Vorermittlung eröffnen, was möglicherweise Aufsehen erregen, aber erst einmal nur bedeuten werde, dass die Juristen überlegen, wo sie anfangen. Damit verbunden sein wird, wie immer, eine Aufforderung an die Konfliktparteien: Zieht eure Kriegsverbrecher selbst zur Verantwortung. Nur wenn die Staaten nicht willens oder fähig sind, „ernsthaft“ zu ermitteln, ist der ICC zuständig. Diese Drohung an Israelis und Palästinenser kann monate- oder jahrelang in der Schwebe bleiben. Der in London lehrende Politologe Mark Kersten, ebenfalls ein Kenner des ICC, sagt: „Jede Wette, dass 2015 noch nichts weiter passieren wird.“
Russlands Regierung lebt bereits seit 2008 mit einem solchen Vorermittlungsverfahren wegen des Georgienkriegs – ohne dass es bislang zu echten Ermittlungen, vor allem zu Zeugenbefragungen, gekommen wäre. Der Bürgerkrieg in Kolumbien ist sogar schon seit Juni 2004 Gegenstand einer ICC-Vorermittlung. Auch gegen Großbritannien laufen seit Mai 2014 Vorermittlungen wegen Foltervorwürfen im Irak. Meist besteht keine Eile. Im Falle Russlands haben die ICC-Ankläger erst im Dezember erklärt, dass weder Russland noch Georgien sich in sechs Jahren ernsthaft um Aufklärung bemüht hätten. Trotzdem unternahmen sie noch nichts.
In diesen Tagen, da sich der ICC dem Nahen Osten zuwendet, ist vielfach spekuliert worden, dass nun die lang ersehnte Chance für den ICC komme, endlich außerhalb Afrikas aktiv zu werden. Der Strafgerichtshof wird oft dafür kritisiert, dass er echte Ermittlungen und Anklagen bisher nur dort betreibt. Dem widerspricht jedoch Alex Whiting: „Die Staatsanwälte denken nicht so, und wenn doch, dann hätten sie längst Ermittlungen an anderen Orten starten können, etwa Georgien, Afghanistan oder der Ukraine.“ Auch in den beiden letztgenannten Staaten laufen seit Monaten Vorermittlungen.
Israels Regierung bemüht sich bereits, interne Ermittlungen in der Armee in Gang zu bringen, um den ICC auf Abstand halten zu können. Es laufen 13 Ermittlungsverfahren gegen Soldaten wegen Vorwürfen im Zusammenhang mit dem jüngsten Gaza-Krieg, sie stehen unter Leitung des Armee-Generalstaatsanwalts Danny Efroni. Ob die Haager Ankläger sich davon beeindrucken lassen, ist offen.
Eine Frage, welche sie aber in jedem Fall diskutieren werden, ruft der im US-Bundesstaat Ohio lehrende Völkerstrafrechtler Michael P. Scharf in Erinnerung. Es geht darum, ob die Taten, um die es in Gaza geht, überhaupt schwer genug wiegen für Den Haag. Der ICC kann nur wenige Prozesse weltweit führen, bislang hat er sich deshalb auf Bürgerkriegsszenarien mit „Hunderttausenden oder zumindest Zehntausenden Toten“ beschränkt, so Scharf. Stets haben die ICC-Richter auch verlangt, dass es sich um Verbrechen handeln muss, die systematisch, „als Bestandteil eines gezielten Plans verübt wurden“. Wie die Haager Juristen insofern den Gaza-Krieg einschätzen, wird man womöglich erst 2016 erfahren.