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„Denken Sie an Peter Alexander“

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Die Buslinie 68 hält vor dem riesigen Gebäudekomplex auf dem windigen Mainzer Lerchenberg, die Ansage der Haltestelle klingt fast wie eine Anmoderation: „Zweites Deutsches Fernsehen“ – nicht etwa schnöde „Zett Dee Eff“. Das Büro von Programmdirektor Norbert Himmler liegt im 14. Stock. Hinter dem Schreibtisch hängt eine großformatige Fotoarbeit, eine verfremdete Ansicht des Mainufers in Frankfurt. Wenn man durch die Wand hinter dem Bild sehen könnte, würde man ungefähr auf das Ufer mit den Bankentürmen schauen, erklärt Himmler. Aber ein Programmchef kann natürlich nicht einfach mit dem Kopf durch die Wand.

SZ: Herr Himmler, die Frage aller Fragen für einen Programmchef: Was braucht eine gute Show am Samstagabend?

Norbert Himmler: Unterhaltung hat viel mit Haltung zu tun; wenn man beides verbindet, hat man schon viel richtig gemacht.

Welche Haltung passt zum ZDF-Samstag?

Wir wollen die Menschen ernst nehmen und ihnen gleichzeitig einen Mehrwert bieten. Und hier unterscheiden wir uns von manchem, was zurzeit bei den Privatsendern zu sehen ist. Am Mittwoch vor Ostern zeigen wir die Wissensshow Das große Schlüpfen mit Johannes B. Kerner, neu ist auch Das Spiel beginnt – Die große Show von 3 bis 99, in der bekannte Familienspiele auf die große Bühne gebracht werden. Und es wird – unsere dritte Innovation in diesem Frühjahr – die Show 1000 – Wer ist die Nummer 1? geben, eine gemeinsame Entwicklung mit der BBC.



ZDF-Programmchef Norbert Himmler (seit 2012 im Amt) bringt einige Neuerungen


Ist das nicht etwas bieder? Bieder und vorsichtig?

Nein, das finde ich nicht. Schauen Sie sich das Supertalent an oder den Dschungel; selbst wenn diese Shows erfolgreich sind, mit dieser Haltung können und wollen wir nicht arbeiten. Unser Kernpublikum am Samstagabend sind Familien – Eltern zwischen 30 und 50 zusammen mit ihren Kindern, gerne auch die Großeltern. Dass diese Shows nicht bieder, sondern attraktiv daherkommen, ist Sache der Formatarbeit und der Dramaturgie der Sendungen und keine Frage des Neuigkeitswertes oder der Zuspitzung.

Glauben Sie überhaupt noch an den Samstagabend, an die große Show à la Kulenkampff, Juhnke, Schönherr, Carrell, Gottschalk? Oder tickt das Publikum heute anders?

Ich glaube an Zyklen im Fernsehgeschäft. Es gibt Zeiten der großen Unterhaltung und der großen Shows. Aber es gibt auch Phasen, wie jetzt, in denen fiktionale Programme vorne sind. Unser ZDF-Samstagabend hat im Schnitt sieben Millionen Zuschauer – dank der herausragenden Samstags-Krimis. Es wird aber wieder die Zeit kommen, in der das deutsche Publikum mehr Show und weniger Krimis haben möchte.

Muss jetzt Johannes B. Kerner alles richten? Hat er den Strahlwert für die große Show?

Na, wir haben ja noch Carmen Nebel, Christian Rach, Markus Lanz, Rudi Cerne, um nur einige zu nennen. Aber, klar, Johannes B. Kerner ist ein hervorragender, vielseitiger Moderator. Und er wird Formate moderieren, die zu ihm passen. Darauf freue ich mich sehr.

Joko und Klaas mussten Sie von ZDF Neo zu ProSieben ziehen lassen. Dort machen die beiden attraktive Shows mit Neuigkeitswert und Zuspitzung. Dafür machen Sie jetzt gerne Abende mit Helene Fischer. Ist das die Nachfolge von Volksmusik und Carmen Nebel – nur mit mehr nackter Haut?

Das würde weder Carmen Nebel noch Helene Fischer gerecht. Beide sind Meister ihres Fachs und nicht zu vergleichen. Und wenn Sie mich nach Helene Fischer fragen: Es gibt kaum eine andere Künstlerin, die es schafft, alle Generationen vor den Schirm zu bringen. Musikunterhaltung ist eine der traditionsreichsten Farben im Showbereich, denken Sie an Peter Alexander. Auch er war einer, der es geschafft hat, nicht nur zu singen, sondern auch zu tanzen und zu performen. Und das können wenige so wie Helene Fischer, wie sie an Weihnachten im ZDF wieder bewiesen hat.

Jan Böhmermann, dessen Neo Magazin Royale diesen Freitag erstmals im Hauptprogramm zu sehen ist, hat Helene Fischer als „singende Sagrotanflasche“ bezeichnet. Warum zeigen Sie Böhmermann so spät – nach heute nacht um null Uhr?

Solange Böhmermann nicht selbst singt... Wir zeigen seine Sendung um null Uhr, weil er eine Late-Night-Show macht, da sollte die Sendezeit auch halbwegs zum Genre passen. Und Böhmermann macht ja jetzt schon Sendungen, die klar auch für die Mediathek gemacht sind und dort auch stark nachgefragt werden.

Mit dieser Argumentation bräuchten Sie ihn gar nicht erst ins Hauptprogramm zu holen.

Doch, um ihn auch anderen Zuschauern zuzuführen, jenseits von ZDF Neo und der Mediathek. Aber nicht um 20.15 Uhr, sondern an einem Abend wie dem ZDF-Freitag, den wir schrittweise auf ein jüngeres Publikum ausgerichtet haben, mit modernen Krimis, der heute show und einer modernen aspekte-Sendung. Ich finde das kein schlechtes Line-up.

Geht eine Böhmermann-Show um 20.15 Uhr schon allein wegen der Quote nicht? Würden Sie zu viele ältere Zuschauer vergraulen?

Ich finde es bisweilen mühsam, immer begründen zu müssen, warum wir tolle Programme, die bewusst nischig, intellektuell und zugespitzt angelegt sind, nicht um 20.15 Uhr senden. Selbst die heute show hätte um 20.15 Uhr nichts verloren. Direkt nach dem heute-journal am Freitagabend sitzt sie goldrichtig. Das hat nichts mit mangelndem Mut der Programmmacher zu tun, aber viel mit den Seherwartungen und der Haltung des Publikums zu bestimmten Uhrzeiten. Und umgekehrt: Diese Frage spricht den Millionen Zuschauern, die um 20.15 Uhr etwa den Bergdoktor oder einen guten Krimi sehen wollen, ihren Wunsch ab. Warum eigentlich?

Auf die Frage, ob Sie nicht ein sehr viel jüngeres Publikum ansprechen müssen, würden Sie also sagen: nicht unbedingt?

Ich denke, dass es für das ZDF wichtig ist, erst einmal alle anzusprechen. Trotzdem müssen wir uns darum kümmern, dass uns das Publikum unter 40 Jahren nicht abhandenkommt. Es ist ja nicht so, dass wir hier nichts täten. Die Rundum-Erneuerung der Serienleiste um 19.25 Uhr, Abschaffung von Forsthaus Falkenau, vom Landarzt, von der Küstenwache – neue Serien wie Bettys Diagnose, Doktor Klein, Herzensbrecher, Sibel und Max. Fünf neue Krimi-Reihen am Samstag, die erwähnten neuen Shows, zwei neue Comedy-Serien im Sommer. Bei allen Modernisierungsschritten, die wir angepackt haben, ging es im Kern um eine mittlere Altersstruktur zwischen 30 und 50, bei der weder die Jüngeren noch die Älteren ganz außen vor sind. In dieser Spannung werden wir als öffentlich-rechtliches Vollprogramm immer stehen.

Das ZDF war 2014 Quotensieger, die Masse bringen ältere Zuschauer. Nähmen Sie im Zuge der Verjüngung in Kauf, nicht mehr Erster zu sein?

Wir müssen nicht mit Gewalt Erster sein. Wir sollten unter den ersten drei Sendern sein, aber niemand hat hier die Parole „Marktführer“ ausgegeben. Wir zeigen gutes Programm und denken, die Zuschauer erkennen das.

In der neuen Krimiserie Blochin spielt Jürgen Vogel die Hauptrolle, Sie präsentieren sie auf der Berlinale in einer Reihe mit kinotauglichen Edelserien .. .

Ich will nicht zu viel versprechen, aber ich glaube, dass Blochin – Leben und Tod etwas ganz Besonderes ist und in seinem Genre auf dem deutschen Markt sehr für Aufmerksamkeit sorgen wird. Gebrochene Charaktere, eine relevante Story und starke horizontale Erzählbögen. Das ist eine unserer Antworten auf Sky, Netflix und Co.

Sie haben als Senderchef von ZDF Neo Mad Men ins öffentlich-rechtliche Fernsehen geholt. Heute erwartet das Publikum, dass ein Sender wie das ZDF solche aufwendigen Serien kauft oder produziert, auch wenn sie sich quotenmäßig nicht auszahlen. Wie rechnet sich das?

Sehr! Das Image von ZDF Neo wird nach wie vor von hervorragenden internationalen, oft europäischen Serien getragen. Bald kommen bei ZDF Neo auch deutsche Eigenproduktionen dazu. Moderne, hochwertige Serien spielen auch für unsere Mediathek eine immer größere Rolle. Die neue Schirach-Verfilmung Schuld wie auch Das Team, eine europäische Koproduktion unter deutscher Federführung, stellen wir alle vorab in die Mediathek. Dort findet also die Premiere statt. Damit wird die Mediathek zum ersten Mal auch als eigener Ausspielweg genutzt. Es wird auch Trailer und eine große Kampagne dazu geben, so als ob es um einen der großen linearen Kanäle ginge.


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