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Ringen um den Kompagnon

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Auch am Tag danach floss die Elbe gemächlich durch Hamburg, doch es ist manches in Bewegung. Bald wird auch wieder über diesen großen Fluss zu reden sein und über die Tiefe der Politik von Olaf Scholz, dem triumphal siegreichen Bürgermeister. Zunächst eilten die lokalen Führungskräfte zu Wochenbeginn nach Berlin, richtungsweisende Frage standen an. Mit 46 Prozent der Stimmen haben Scholz und seine SPD die Bürgerschaftswahl gewonnen, nur zwei Prozent fehlten zu ihrer Bestmarke von 2011 und der absoluten Mehrheit. Selten zuvor war die CDU dermaßen deklassiert worden, Dietrich Wersich sammelte kaum 16 Prozent, wenig mehr als ein Drittel. Aber außer um den souveränen Herrn Scholz geht es jetzt auch um eine Frau und eine Partei, die im Wahlkampf stilsicher und unauffällig geblieben waren: Katharina Fegebank und die Grünen.



Sigmar Gabriel überreicht Hamburgs Bürgermeister Olaf Scholz den Sieger-Blumenstrauß in Berlin, ein Tag nach den Wahlen in Hamburg.


Zur fortgesetzten Alleinregierung reicht es bei der Scholz-SPD ja trotz des neuen Großerfolgs nicht ganz. Dafür gab es wohl zu wenig Wähler (die Wahlbeteiligung lag bei miserablen 57 Prozent), und dafür gibt es künftig zu viele Parteien in diesem städtischen Landesparlament, nämlich sechs. Also braucht der Herrscher über die Hansestadt für die kommenden fünf Jahre einen Kompagnon. Scholz hatte schon vor der Abstimmung angekündigt, dass er in diesem Fall mit den Grünen sprechen werde, also nicht zuletzt mit deren Spitzenkandidatin Fegebank. Daran muss er sich halten, Verlässlichkeit sind ihm und seinen Anhängern wichtig. Laut Umfragen schätzen ihn 78 Prozent der Hansestädter als glaubwürdig, 76 Prozent sind mit ihm zufrieden, und gar 85 Prozent finden, er passe gut zu Hamburg. Nur: Wie gut passen die Grünen zum umschwärmten Scholz und seinem eher konservativen Flügel der SPD?

Ungefähr zwölf Prozent bekam die Partei von Katharina Fegebank, noch ein bisschen mehr als beim letzten Mal. Gemeinsam verspräche das eine stabile Übermacht gegenüber einer zerrissen-kuriosen Opposition aus CDU, Linken, FDP und AfD. Und neu wäre eine Kombination SPD/Grüne nicht einmal im Senat zu Hamburg. Mit der knapp verpassten absoluten Mehrheit verbinde sich „auch eine inhaltliche Botschaft, wie die Stadt sich weiterentwickeln soll“, erläuterte der Stratege Scholz am Montag in der Hauptstadt. Die Botschaft von den Wahlzetteln lässt sich auch dergestalt interpretieren, dass seine Riege trotz aller Sympathiewerte nicht mehr alleine bestimmen soll. Schwieriger ist die Konsequenz. Welches Korrektiv sind die Grünen?

Das Schattenboxen hat begonnen. „Wir werden uns nicht billig verkaufen“, sagt die grüne Bundesvorsitzende Simone Peter. „Wir werden hart verhandeln und sind dann zuverlässige Partner“, verspricht Jens Kerstan, der Hamburger Fraktionschef. Das Problem: SPD und Grüne sind bei nicht ganz unerheblichen Themen recht unterschiedlicher Meinung.

Da wären zunächst zwei Projekte von überregionaler Bedeutung. Das eine ist ein Klassiker: die bereits seit geraumer Zeit umstrittene Elbevertiefung. Der Senat, die Hafenbehörde und viele wichtige Unternehmen sind überzeugt davon, dass die Fahrrinne von Hamburgs mächtigstem Strom ab Cuxhaven wieder ausgebaggert werden muss. Andernfalls würden die modernen Containerriesen nicht mehr an die Terminals gelangen und Deutschlands größten Hafen in Abstiegsgefahr bringen. Auch die Grünen hatten im Rahmen ihrer verunglückten Koalition mit der CDU 2008 zunächst zugestimmt. Ökologen dagegen sorgen sich um die Folgen für die Natur. Umweltverbände haben geklagt und einen Baustopp erwirkt, das Bundesverwaltungsgericht und der EU-Gerichtshof befassen sich mit der Causa.

Der aktuelle Streitfall dreht sich um fünf Ringe. Hamburg könnte der deutsche Bewerber für die Olympischen Sommerspiele 2024 werden, Scholz und die SPD treiben die Kandidatur begeistert voran. Die Grünen sind nicht dagegen, Olympia sei für Hamburg eine Chance. Sie verlangen aber eine eingehende Studie zu Risiken und Kosten sowie eine Volksabstimmung. Und ganz anderer Ansicht sind die Grünen bei der Verkehrsplanung, denn sie wünschen sich statt einer weiteren Linie der U-Bahn eine Trambahn, die sogenannte Stadtbahn.

Widerstand kommt sogar aus eigenen Reihen. Der einstige SPD-Bürgermeister Klaus von Dohnanyi (SPD) rät seinem Genossen Scholz von den Grünen ab. Er sei „kein besonderer Freund von Rot-Grün“, berichtete von Dohnanyi dem Sender Phoenix, Deutschland müsse sich doch im internationalen Vergleich behaupten. Auch Unternehmerverbände warnten vor „zu großen Zugeständnissen an den künftigen grünen Koalitionspartner“, Hamburg dürfe keine „fortschrittskritische Laubenkolonie werden“. Ersatzweise hat sich im Rahmen ihrer Wiedergeburt die FDP in Stellung gebracht, weiter beschwingt durch ihre gut sieben Prozent. Der Bürgermeister könne sich gerne melden, richtete die Hamburger FDP-Frontdame Katja Suding aus. Olaf Scholz aber ist guter Hoffnung, dass die Grünen sich nicht überschätzen. „Da wird niemand seine Chance verspielen.“ Seine mögliche grüne Prinzessin Katharina Fegebank, 38, weiß um seine hoheitliche Bedeutung: „Scholz hat höhere Beliebtheitswerte als die Kanzlerin“, sagt sie, „das ist schon ’ne Nummer.“

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