Vorsicht, in dieser exotischen Meldung versteckt sich ein Stückchen Zukunft: Der japanische Messenger-Dienst Line ermöglicht seinen 36 Millionen Nutzern in Thailand künftig, per App Lebensmittel zu bestellen. Eine Ladung Chang-Bier per Messenger ordern, statt mit Freunden zu chatten? In Deutschland, wo Whatsapp und Facebook Messenger den Ton angeben, klingt die Idee surreal. In Asien allerdings, wo Hunderte Millionen Nutzer das PC-Zeitalter übersprungen haben und direkt in der Smartphone-Welt gelandet sind, scheinen solche Funktionen logisch zu sein.
In Thailand kann man Lebensmittel bald ohne den nötigen Gang zum Laden oder Straßenstand ordern: Der Messenger-Dienst "Line" entwickelt eine App.
Die drei großen Smartphone-Messenger Line (Hauptkundschaft in Japan), WeChat (China) und Kakaotalk (Südkorea) haben zusammen mehr als eine Milliarde Nutzer. Doch es ist nicht nur die gewaltige Zahl, die westliche Tech-Firmen beeindruckt, sondern auch der Entwicklungsstand: Die Messenger sind keine reinen Chat- und Fotosharing-Dienste mehr, sondern vereinen höchst unterschiedliche Funktionen in einer einzigen App.
Line ist schon länger für den umsatzträchtigen Verkauf bunter Digital-Sticker bekannt, die klassische Emoticons ziemlich altbacken aussehen lassen; Nutzer können in der App auch Games spielen oder Coupons von Firmen sammeln, denen sie folgen. Im Dezember kaufte Line dem US-Konzern Microsoft den Streamingdienst MixRadio ab, der bald in die App integriert werden dürfte. Mit der Lieferfunktion nähert sich Line auch WeChat an, das einer von mehreren Messengern des Alibaba-Rivalen Tencent ist. WeChat-Nutzer haben nicht nur zahlreiche Kommunikationsfunktionen, sie können über den Dienst auch mobil und online bezahlen oder sich gegenseitig Geld schicken.
In sieben asiatischen Regionen lassen sich seit einiger Zeit in der App auch Kleider, Essen oder ein Taxi bestellen – WeChat hat sich hierfür mit Tochterfirmen von Rocket Internet zusammengetan. In China steht mit dem direkten Alibaba-Konkurrenten JD.com ein mächtiger Partner für ähnliche Dienste bereit. Zudem lässt das Unternehmen inzwischen Markenhersteller eigene Shops in der App einrichten.
All das lässt im Westen genutzte Software wie Whatsapp und Facebook ziemlich alt aussehen. Im vergangenen Frühjahr machte sich WeChat bereits über Facebook-Chef Mark Zuckerberg lustig und legte einen Doppelgänger in einem Werbespot auf die Psychiater-Couch. Die Klage: Alle meine Freunde verlassen mich. In Wahrheit hat Facebook noch genügend Freunde, doch es ist kein Geheimnis mehr, dass im Hauptquartier in Menlo Park gerade intensiv darüber nachgedacht wird, was mit dem 19-Milliarden-Dollar-Einkauf Whatsapp passieren soll (und wohin sich der hauseigene Messenger entwickelt). Facebooks Messenger-Chef David Marcus kam im Sommer von Paypal und bereiste Asien, um Eindrücke zu sammeln. „Es ist wirklich faszinierend“, schwärmte er in einem Interview von den Multifunktions-Messengern, „allerdings funktioniert es dort eben, weil der Zustand des Marktes ein anderer ist als hier.“
So ist Plastikgeld in vielen Gegenden Asiens kaum verbreitet; das Smartphone nimmt hier zunehmend die Ersatzrolle ein. Zudem gibt es für fast alle Funktionen, die WeChat und Co bieten, im Westen eigene Apps – in diesen Markt zu drängen, wäre ein deutlich höherer Aufwand. Und eine weitere Frage, die sich stellt: Wollen Messenger-Nutzer überhaupt mehr als chatten und Fotos teilen?
Path, ein mäßig erfolgreiches US-Netzwerk, scheint daran zu glauben und bietet seit einiger Zeit einen ungewöhnlichen Dienst an: In seiner Messenging-App Talk können Nutzer in englischsprachigen Ländern Restaurants oder Geschäfte mit Fragen anchatten. Genauer gesagt erhält ein menschlicher Digital-Concierge Fragen wie zum Beispiel „Wie lange ist die Schlange vor Ihrem Restaurant?“ oder „Haben Sie das Smartphone xy vorrätig?“ Der Concierge sucht dann nach einer Antwort und übermittelt diese per Chat-Nachricht. Ein solcher Dienst ist aufwendig, öffnet aber die Türen für ein direkteres Verhältnis zwischen Unternehmen und Messenger-Nutzern – eine Vermittlung, die sich eine Plattform in der Theorie glänzend bezahlen lassen könnte.
Doch womöglich geht es auch um mehr. Ben Thompson, einer der derzeit klügsten Tech-Beobachter, sieht die Messenger-Dienste so dominant werden, dass sie „die mobile Plattform darunter überflüssig machen werden.“ Sein Szenario: „Wenn alle wichtigen Apps durch deinen Messenger-Dienst geleitet werden, ist das darunter liegende Betriebssystem – ob iOS oder Android – mehr und mehr irrelevant.“
Auf dem Android-Kontinent Asien zeichnet sich eine solche Entwicklung bereits ab – ein Signal für den nächsten Umbruch in der noch jungen Smartphone-Welt?
In Thailand kann man Lebensmittel bald ohne den nötigen Gang zum Laden oder Straßenstand ordern: Der Messenger-Dienst "Line" entwickelt eine App.
Die drei großen Smartphone-Messenger Line (Hauptkundschaft in Japan), WeChat (China) und Kakaotalk (Südkorea) haben zusammen mehr als eine Milliarde Nutzer. Doch es ist nicht nur die gewaltige Zahl, die westliche Tech-Firmen beeindruckt, sondern auch der Entwicklungsstand: Die Messenger sind keine reinen Chat- und Fotosharing-Dienste mehr, sondern vereinen höchst unterschiedliche Funktionen in einer einzigen App.
Line ist schon länger für den umsatzträchtigen Verkauf bunter Digital-Sticker bekannt, die klassische Emoticons ziemlich altbacken aussehen lassen; Nutzer können in der App auch Games spielen oder Coupons von Firmen sammeln, denen sie folgen. Im Dezember kaufte Line dem US-Konzern Microsoft den Streamingdienst MixRadio ab, der bald in die App integriert werden dürfte. Mit der Lieferfunktion nähert sich Line auch WeChat an, das einer von mehreren Messengern des Alibaba-Rivalen Tencent ist. WeChat-Nutzer haben nicht nur zahlreiche Kommunikationsfunktionen, sie können über den Dienst auch mobil und online bezahlen oder sich gegenseitig Geld schicken.
In sieben asiatischen Regionen lassen sich seit einiger Zeit in der App auch Kleider, Essen oder ein Taxi bestellen – WeChat hat sich hierfür mit Tochterfirmen von Rocket Internet zusammengetan. In China steht mit dem direkten Alibaba-Konkurrenten JD.com ein mächtiger Partner für ähnliche Dienste bereit. Zudem lässt das Unternehmen inzwischen Markenhersteller eigene Shops in der App einrichten.
All das lässt im Westen genutzte Software wie Whatsapp und Facebook ziemlich alt aussehen. Im vergangenen Frühjahr machte sich WeChat bereits über Facebook-Chef Mark Zuckerberg lustig und legte einen Doppelgänger in einem Werbespot auf die Psychiater-Couch. Die Klage: Alle meine Freunde verlassen mich. In Wahrheit hat Facebook noch genügend Freunde, doch es ist kein Geheimnis mehr, dass im Hauptquartier in Menlo Park gerade intensiv darüber nachgedacht wird, was mit dem 19-Milliarden-Dollar-Einkauf Whatsapp passieren soll (und wohin sich der hauseigene Messenger entwickelt). Facebooks Messenger-Chef David Marcus kam im Sommer von Paypal und bereiste Asien, um Eindrücke zu sammeln. „Es ist wirklich faszinierend“, schwärmte er in einem Interview von den Multifunktions-Messengern, „allerdings funktioniert es dort eben, weil der Zustand des Marktes ein anderer ist als hier.“
So ist Plastikgeld in vielen Gegenden Asiens kaum verbreitet; das Smartphone nimmt hier zunehmend die Ersatzrolle ein. Zudem gibt es für fast alle Funktionen, die WeChat und Co bieten, im Westen eigene Apps – in diesen Markt zu drängen, wäre ein deutlich höherer Aufwand. Und eine weitere Frage, die sich stellt: Wollen Messenger-Nutzer überhaupt mehr als chatten und Fotos teilen?
Path, ein mäßig erfolgreiches US-Netzwerk, scheint daran zu glauben und bietet seit einiger Zeit einen ungewöhnlichen Dienst an: In seiner Messenging-App Talk können Nutzer in englischsprachigen Ländern Restaurants oder Geschäfte mit Fragen anchatten. Genauer gesagt erhält ein menschlicher Digital-Concierge Fragen wie zum Beispiel „Wie lange ist die Schlange vor Ihrem Restaurant?“ oder „Haben Sie das Smartphone xy vorrätig?“ Der Concierge sucht dann nach einer Antwort und übermittelt diese per Chat-Nachricht. Ein solcher Dienst ist aufwendig, öffnet aber die Türen für ein direkteres Verhältnis zwischen Unternehmen und Messenger-Nutzern – eine Vermittlung, die sich eine Plattform in der Theorie glänzend bezahlen lassen könnte.
Doch womöglich geht es auch um mehr. Ben Thompson, einer der derzeit klügsten Tech-Beobachter, sieht die Messenger-Dienste so dominant werden, dass sie „die mobile Plattform darunter überflüssig machen werden.“ Sein Szenario: „Wenn alle wichtigen Apps durch deinen Messenger-Dienst geleitet werden, ist das darunter liegende Betriebssystem – ob iOS oder Android – mehr und mehr irrelevant.“
Auf dem Android-Kontinent Asien zeichnet sich eine solche Entwicklung bereits ab – ein Signal für den nächsten Umbruch in der noch jungen Smartphone-Welt?