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Diktatoren-Samba

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Unter allen langlebigen Diktaturen Afrikas ist die von Teodoro Obiang die langlebigste. Seit 35 Jahren beherrscht er das winzige Äquatorialguinea, das er wie seinen Privatbesitz führt. Da das Land die drittgrößte Ölförderung Afrikas hat, wird Obiangs Vermögen von der Zeitschrift Forbes auf 600 Millionen Dollar geschätzt; genau weiß man es nicht, denn Transparenz gehört nicht zu seinen Prioritäten. 3,5 Millionen Dollar dürften in jedem Fall nicht viel Geld für ihn sein. Diese Summe soll der Diktator nun für den Karneval in Rio gespendet haben – um Reklame für sein Land zu machen. Seitdem wird in Brasilien heftig darüber gestritten, ob der weltberühmte Karneval käuflich sei.

Empfängerin von Obiangs Zuwendung war die Sambaschule Beija-Flor (Kolibri). Alljährlich wetteifern die Sambaschulen um den Titel der besten Show. Dieser ging in diesem Jahr unangefochten an Beija-Flor, die ein prachtvolles Defilee mit Tänzerinnen, Trommlern und riesigen Motivwagen mit bunten Impressionen aus Afrika präsentierte – unter besonderer Erwähnung Äquatorialguineas. Der Verein bekam von der Jury am Mittwoch 269,9 von 270 möglichen Punkten.



Tänzer aus der brasilianischen Karnevalsgruppe 'Beija-Flor': Die Gruppe mit der "besten Show" soll von Äquatorialguineas Diktator Teodoro Obiang 3,5 Millionen Dollar erhalten - und Werbung für sein Land gemacht haben.


Sponsoring ist nicht unüblich beim Karneval, Brauereien werben dort, auch die unverdächtige Schweiz hat Geld für eine Samba-Show ausgegeben. „Bei knapp 30 Grad Hitze lieferte Vorjahressieger Unidos da Tijuca den Zuschauern den Winter aus Europa, genauer aus der Schweiz, frei Haus. Auf einem Wagen war eine Eisfläche installiert, auf dem Schlittschuhläufer Samba tanzten“, berichtete die Schweizerische Depeschenagentur SDA dazu. Aber ein Diktator wie Obiang? Eines hat er erreicht: Seitdem OGlobo von der Spende berichtete, weiß jeder Brasilianer, was „Guiné Equatorial“ ist. Reporter folgten der Diktatorenfamilie auf Schritt und Tritt, berichteten, dass sie im Copacabana Palace logierte und ein Bankett für 40Personen ausrichtete, das 24000 Euro gekostet habe. Zudem wurde gemeldet, dass die Bevölkerung Äquatorialguineas bettelarm sei und kaum ein anderes Land eine so hohe Kindersterblichkeit aufweise. Kritiker landeten dort im Kerker.

Entsprechend die Entrüstung: „Unser Karneval ist zu einer Industrie verkommen“, schimpfte Roberto DaMatta, Autor eines Buches über den Karneval: Die Sambaschule habe ihr Prestige verkauft an einen Diktator. Beija-Flor-Präsident Farid Abraao gab zu, man habe Zuschüsse erhalten, nannte aber keine Beträge. Ein anderer Sprecher der Sambaschule sagte, es habe lediglich „kulturelle Unterstützung“ gegeben, um das Bild Afrikas zu verbessern. Das ist durchaus naheliegend: Die Hälfte der Brasilianer hat afrikanische Wurzeln, in Musiktraditionen wie der Samba ist das gut erkennbar.

Doch ausgerechnet Äquatorialguinea ist als Referenz ungeeignet. Es war spanische, nicht portugiesische Kolonie, was sich bis heute auswirkt. Teodoro Obiang etwa soll beim Abendessen auf seiner spanischen Paella bestanden haben, die in Brasilien nur schwer erhältlich ist. Und auch die gesponserte Show sei nicht wirklich gelungen, sagte die Anthropologin Alba Zaluar zu OGlobo. Sie sei zwar farbenprächtig und schön gewesen, trotzdem habe der Umzug sie wütend gemacht. Denn er habe nichts anderes gezeigt als Afrika-Klischees.

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