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Einfach zu kompliziert

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Und jetzt bitte lächeln! – Wann immer es „Klick“ macht, ist es mit großer Wahrscheinlichkeit ein Smartphone, mit dem das Bild geschossen wird. Ist ja auch praktisch: Das Ding hat man sowieso dabei. Und soll das Foto verschickt werden, etwa über eine Nachrichten-App wie Whatsapp, oder soll es auf einer Social-Media-Plattform wie Facebook, Twitter oder Instagram landen, dann sind es bis dahin nur wenige Klicks. Um alles Schwierige, zum Beispiel das Heruntersetzen der Auflösung, kümmern sich die Apps – und das funktioniert auch von unterwegs, Internetanbindung vorausgesetzt. Wenn man sich nun ansieht, wie gut die Qualität von Smartphone-Fotos mittlerweile ist, muss man sich nicht mehr allzu sehr darüber wundern, dass ein Industriezweig ganz schön leidet unter den knipsenden Handys: die Fotobranche.

Der Absatz von Digitalkameras geht schon seit einigen Jahren zurück, aber vor allem im vergangenen Jahr ist er regelrecht abgestürzt: Wurden 2013 noch 6,1Millionen Digicams verkauft, waren es 2014 nur noch 4,61 Millionen, ein Rückgang um fast ein Viertel. Im Jahr davor, 2012, hatte der Rückgang bei digitalen Kameras knapp 18 Prozent betragen. Verglichen mit dem Jahr 2011 ist die Branche mittlerweile bei etwas mehr als der Hälfte der verkauften Geräte angekommen. Und dabei sind hier sogar die Action-Kameras eingerechnet, die erfolgreichen kleinen Videokameras, die man sich beim Snowboarden, Surfen, Skaten oder Mountainbiken an den Helm pappt, um dann mit den Videos angeben zu können.



Fotos vom Urlaub, von Konzerten und Parties. Zum Weiterleiten, Teilen, oder einfach für den Augenblick: Diese Generation, die mehr Fotos macht als je eine zuvor, könnte vielleicht die wenigsten hinterlassen.


Aber sind es wirklich nur die Handys mit ihren immer besseren Kameras, die die Fotoapparate in den Augen der Käufer zunehmend überflüssig machen? Nein, sagt der Hamburger Branchenexperte Heino Hilbig, der früher den Deutschland-Vertrieb des traditionsreichen japanischen Kameraherstellers Olympus verantwortet hat. Weder die Zahl der verkauften Smartphones noch die Entwicklung der Bildqualität könne den Absturz der Verkaufszahlen voll und ganz erklären.

Hilbig, der nun als PR-Berater arbeitet, sieht eine Reihe anderer Gründe, die seiner früheren Branche das Geschäft vermiesen. Die Kamerahersteller – die meisten davon schon sehr lange im Geschäft – produzierten zum größten Teil noch immer Geräte, die auf analogen Konzepten basierten. Anders gesagt: Die Bilder werden zwar digital gespeichert, aber das Fotografieren besonders mit den hochwertigeren Kameras ist noch immer ähnlich kompliziert wie mit Spiegelreflexkameras aus den 1970er-Jahren.

Aber warum wird das nicht geändert? Hilbig glaubt zu wissen, wieso: Das Geschäft sei sehr stark von Forschung und Entwicklung getrieben, von dem also, was sich Ingenieure, Profis und Foto-Freaks unter einer guten Kamera vorstellen. Da gibt es dann Rädchen für dies und jenes, Tasten, auf denen man bestimmte Einstellungen abspeichern kann. Das Problem ist aber: Die Zahl der Kamerakäufer, die sich mit derlei Feinheiten überhaupt beschäftigen wollen, sei „verschwindend klein“, ist sich Hilbig sicher. Für alle anderen sind die Geräte nur eines: zu kompliziert.

Und wenn vielleicht auch die Smartphone-Verbreitung und die Entwicklung ihrer Foto-Fähigkeiten nicht erklären können, warum Kameras dramatisch an Bedeutung verlieren – eines haben die schlauen Telefone und die Tablets mit ihren kinderleicht zu steuernden Oberflächen bewirkt: Die Nutzer erwarten nun auch von anderen digitalen Gerätschaften, dass man nicht dicke Handbücher lesen muss, um zu verstehen, wie man eine Nachtaufnahme macht oder wie man dafür sorgt, dass Innenaufnahmen bei künstlichem Licht keinen hässlichen Gelbstich bekommen.

Klar, völlig verschlafen hat die Industrie das Thema Bedienbarkeit nicht. Mehr und mehr Kameras haben einen Berührungsbildschirm, ein Tippen darauf stellt zum Beispiel das Objekt scharf, auf das man mit dem Finger gezeigt hat – genauso wie das bei Handys geht. Und natürlich verfügen moderne Kameras über eine ganze Menge an sogenannten Motivprogrammen. Je mehr sich ein Gerät an Amateure wendet, desto mehr solcher Programme findet man. Von Feuerwerk bis Kindergeburtstag ist fast alles zu haben.

Das Problem ist nur: Jeder Hersteller kocht sein eigenes Süppchen, und nur wenige ermöglichen es, solche Programme oder auch Effekteinstellungen nachträglich auf die Kamera zu laden. Am ehesten treffen noch Geräte wie etwa die Galaxy-Kameras von Samsung solche Bedürfnisse. Sie sind quasi ein Smartphone mit angeflanschtem hochwertigen Objektiv. Das Betriebssystem ist Android – genau wie auf vielen Smartphones von Samsung. Nachträglich Apps zu laden, etwa Instagram, die Bilder gleich auf soziale Netzwerke zu laden, all das lässt sich damit einfach realisieren. Nur sind die Kameras teuer und qualitativ nicht besser als durchschnittliche Amateur-Fotokameras für 150 Euro.

Aber was müsste die Branche tun, um wieder mehr Kunden zu gewinnen? Heino Hilbig glaubt, dass nur mehr Offenheit letztlich zum Erfolg führe. Die Hersteller müssten also ihre Patentstreitigkeiten begraben, müssten Technologiebrücken überwinden, neue Formen entwickeln und die Hoheit über die Bilder an den Kunden zurückgeben. „Früher konnten sie in fast jedem Geschäft einen Film kaufen, der in ihre Kamera gepasst hat. Und sie konnten die Filme weltweit entwickeln lassen.“

Heute aber beginne nach einem Urlaub ein anstrengender Hürdenlauf. Die Bilder müssen zunächst auf den Computer geladen und dann die guten herausgesucht werden, man muss sie dann zu einem Labor schicken oder selbst ein Fotobuch gestalten. „Das hat funktioniert, solange die technische Faszination anhielt“, sagt Hilbig, aber mit den Smartphones und der Möglichkeit, sie beliebig mit Apps zu erweitern, sei die Erwartung an die Bedienungsfreundlichkeit bei den Nutzern gestiegen.

Wenn die Industrie daran nichts ändere, könnte es gut sein, fürchtet Foto-Enthusiast Hilbig, „dass unsere Generation zwar die meisten Fotos macht, aber die wenigsten hinterlässt.“

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