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Tierquälerei, Doping, Betrug

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Völlig erschöpft schleppt sich Splitters Creek Bundy beim Distanzritt in Al Reef (Abu Dhabi) durch die Wüste. Der Wallach stolpert, stürzt schließlich in den Sand und kommt nicht mehr hoch: Beide Vorderbeine sind gebrochen. Erst nach 20 Minuten erscheint ein Tierarzt und erlöst das Pferd von seinen Schmerzen. Bundys Reiter, der 16 Jahre alte Hamaid Al Falasi, saß bei seinen 17 vom Weltreiterverband FEI registrierten Ritten auf 15 verschiedene Pferden, nur siebenmal hat er das Ziel erreicht.

Es ist unwahrscheinlich, dass er einen Sportpartner betrauert, wohl eher den Verlust eines Sportgerätes mit Materialschwäche. Am Ende haben drei Pferde den 120 Kilometer langen Ritt in Al Reef nicht überlebt. Die Doping-Analyse von Bundy ergab drei verbotene Substanzen und eine Dopingsubstanz, zwei Beruhigungsmittel, die möglicherweise für die Euthanasie verabreicht wurden, und zwei Nervenblocker. Das heißt, Bundy spürte nicht mehr genug, um sicher aufzutreten, deswegen wohl der Ermüdungsbruch auf freier Strecke.

Der Dunkelbraune ist eines von 700 Distanzpferden, mit denen Dubais Herrscherfamilie der Maktoums ihrem Sport frönt. Tierquälereien, Dopingvergehen und Betrügereien mit vertauschten Pferden begleiten seit Längerem die distanzsportlichen Aktivitäten der Wüstensöhne.

Nun war das Maß voll, auch für die Internationale Reiterliche Vereinigung (FEI). „Genug ist genug“, sagt Hanfried Haring, deutsches Mitglied im FEI-Vorstand, dem Bureau. Das 18-köpfige Gremium hatte in der ersten Sitzung nach der Wahl des neuen Präsidenten Ingmar de Vos das Exekutivkomitee angewiesen, tätig zu werden. Die noch ausstehenden FEI-Distanzritte in den Vereinigten Arabischen Emiraten (UAE) wurden gestrichen, auch die Distanz-WM 2016 in Dubai ist fraglich; die Reiterverbände aus der Schweiz und aus Belgien haben bereits mit Absagen gedroht. „Dabei würde ein Machtwort des Maktoum-Scheichs genügen, um die skandalösen Zustände sofort zu beenden“, sagt Haring, „aber nichts dergleichen geschieht.“
 


Die Vorwürfe der Tierquälerei an den Pferden bedrohen die WM 2016

Unter der Präsidentschaft von De Vos’ Vorgängerin Prinzessin Haya, der Zweitgattin von Dubais Scheich Mohammed Bin Rashid al Maktoum, hatte der Weltverband auffällig wenig Energie gezeigt, um distanzreitende Tierquäler und Dopingsünder aus den Emiraten zur Rechenschaft zu ziehen; stattdessen beschränkte sich die FEI auf vollmundige Absichtserklärungen. Zu denen gehörte die Versicherung der Präsidentin, sie halte sich aus dem Thema aufgrund ihrer familiären Verstrickungen heraus, was ihr den Vorwurf der Befangenheit freilich nicht ersparte.

Der Belgier de Vos nun, der bis zu seiner Wahl FEI-Generalsekretär war, muss keine diesbezüglichen Eheprobleme fürchten, vor allem setzte er sich in der Vorstandsdiskussion dafür ein, die Reißleine zu ziehen. „Wir werden dies zur obersten Priorität machen“, sagte er nach der Sitzung. Wie die FEI mitteilte, sei die Absage der beiden ausstehenden internationalen Distanzritte in den Emiraten als „Notmaßnahme“ zum Schutz der Pferde erfolgt: „Wir werden so schnell wie möglich entscheiden, welche Maßnahmen wir dem Präsidium vorschlagen werden.“
Bemerkenswert ist, dass die Sanktion nach einem Vorfall bei einem nationalen Ritt verhängt wurde. Bis vor Kurzem hatte die FEI keine Handhabe, in den nationalen Sport ihrer Mitgliedsverbände einzugreifen; erst eine Regeländerung macht dies möglich. Jetzt ist jedes Land verpflichtet, auch bei nationalen Wettkämpfen das Wohlergehen des Pferdes nach FEI-Standards zu erfüllen. „Diese Änderung wurde noch unter Hayas Präsidentschaft durchgesetzt“, räumt Hanfried Haring ein.

Der internationale Druck wächst, in den USA wird über einen neuen internationalen Distanzreiterverband nachgedacht. Der dänische Verband hat seinen Reitern untersagt, an Ritten in den Emiraten teilzunehmen. Und der Schweizer Verbandspräsident Charles Trolliet wies darauf hin, dass nicht nur der arabische Distanzsport, sondern der gesamte Pferdesport am Pranger stehe. Auch die Deutsche Reiterliche Vereinigung (FN) äußert sich ungewohnt kritisch. Generalsekretär Soenke Lauterbach sagte: „Wir sind erleichtert, dass sich die FEI zu diesem Schritt entschieden hat, denn diese tierverachtenden Verhaltensweisen vor allem in den Emiraten können wir nicht akzeptieren.“

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