Für die Finanzierung seines Buchladens habe sich seine Hausbank nicht erwärmt, erzählt Klaus Bittner. Wenn er mit Maschinen handeln wollte, ja, dann könne man miteinander reden, bekam er zu hören, aber nicht bei Büchern. Und Sicherheiten hatte er auch kaum: „einen R 16, einen Haufen Bücher und 7000 DM“. Auch andere Banken gaben ihm Ende der Siebzigerjahre einen Korb. Dabei war die Welt des Buchhandels damals noch ziemlich heil. Die Leute kauften ihre Bücher oft beim Buchhändler um die Ecke, den es auch noch überall in der Provinz gab. Amazon, das Schreckgespenst der Buchhändler, gründete Jeff Bezos erst 1994.
Bittner hat dann aber doch noch eine Bank überzeugt, und so sitzt er gut gelaunt auf dem schwarzen Sofa im hinteren Teil seines Ladens in der Kölner Innenstadt und plaudert über die Lage des Buchmarktes, während die ersten Kunden den Laden betreten. Er hat sich in dem schwierigen Markt behauptet und gehört auch zu den Gründungsmitgliedern der Gruppe „5Plus“, eines Zusammenschlusses von mittlerweile acht literarisch ausgerichteten Buchhändlern aus dem deutschsprachigen Raum, die sich 2009 fanden.
Amazon vertreibt die Kunden mit Berichten über prekäre Arbeitsbedingungen. Unabhängige Buchhändler profitieren davon
Eine Allianz von Individualisten? Bittner war anfangs skeptisch gewesen, aber er hat sich gerne eines Besseren belehren lassen. Die „riesige Resonanz“ habe ihn überrascht, sagt er, vielleicht seien die Medien froh gewesen, dass da einige Buchhändler mal nicht jammerten über den scheinbar uneinholbaren Siegeszug des Internethandels, sondern ein Zeichen setzten. Ihm habe die Aktion viele neue Kunden beschert. Es gebe sogar welche, die es sich zum Ziel gemacht hätten, alle beteiligten Buchhandlungen zu besuchen: Da komme dann jemand und sage, „ich war bei Ihrem Kollegen in München und soll Sie herzlich grüßen“.
Es gibt aber auch viele Einzelkämpfer: Als Frithjof Klepp 2012 seinen Buchladen gründete, legte er die Messlatte hoch. Über dem Laden in Berlin Mitte prangt selbstbewusst der Slogan: „Ocelot, not just another bookstore“. Der Name der Raubkatze symbolisierte die Unabhängigkeit eines Buchhändlers, der selbst entscheidet, was er in die Regale stellt, und der fest davon überzeugt ist, dass er dem Kunden einen Mehrwert gegenüber dem Suchalgorithmus des Internets bieten kann. Klepp hatte seit 1996 eine Menge Erfahrungen im Buchhandel gesammelt, im klassischen Buchgeschäft genauso wie beim Online-Buchhandel. In seinem Laden wollte er das Beste aus beiden Welten verbinden und bot deswegen neben ausgewählten Büchern auch elektronische Lesegeräte an, gründete einen Online-Shop. Den Standort des Ladens wählte er geschickt, gleich neben der Stadtteilbibliothek mit Hunderten Besuchern täglich. Klepp schuftete und bloggte, organisierte und rechnete und übernahm selbst Schichten an der Espressobar im Laden – bald war er selbst eine Marke.
„Frithjof Klepp hat mit dem Ocelot-Projekt einen Netzraum geschaffen, durch den wir uns bewegen können (...) Erworben wird der Anschluss an ein Netzwerk, das die Atmosphäre in unseren Taschen bis an die Orte trägt, wo wir die Bücher aufschlagen und weiterlesen“, jubelte zum einjährigen Bestehen Stephan Porombka, Professor für Texttheorie und Textgestaltung an der Universität der Künste in Berlin. Ein Jahr später folge die große Ernüchterung: Klepp meldete Insolvenz an. Er habe sich verkalkuliert, so habe er die Anlaufkosten des Online-Handels zu gering veranschlagt. Klepp ging in die Offensive, wohl von der Hoffnung getragen, jemanden zu finden, der mit einsteigt in den Laden, in den er so viel Herzblut gesteckt hatte. Anhänger organisierten einen Flashmob, verabredeten sich also, um gemeinsam auf einen Schlag in dem Laden einzukaufen. Sie riefen Social-Media-Aktionen wie Supportocelot ins Leben. „Danke“ prangt in diesen Tagen in großen Lettern auf dem Schaufenster der Buchhandlung. Gereicht hat es aber nicht.
Klaus Bittner hat den Durchbruch zu dem hinteren Teil des Ladens selbst gestemmt, seitdem ist er 122 Quadratmeter groß. Die Schwerpunkte waren von Anfang an moderne Literatur, Lyrik und Bühnenliteratur. Das habe sich im Laufe der Jahre inhaltlich nicht wesentlich geändert – „das eine ist gewachsen, das andere kleiner geworden“, sagt er. Heute gibt es jedoch auch Kochbücher und Kinderbücher im Sortiment, auf Wunsch von Mitarbeitern. Er gab ihnen freie Hand. Fragt man ihn nach seinem Erfolgsrezept, dann spricht er vor allem von seinem Team, das er in den höchsten Tönen lobt. Jeder von ihnen ist auf der Suche nach Perlen im Meer der Neuerscheinungen. Weil die Kunden ihnen vertrauen, verkaufen sie auch von unbekannteren Titeln schon einmal 200 bis 500 Exemplare. Vor allem müsse man ehrlich zu den Kunden sein, sagt Bittner und erzählt eine Anekdote seines Lehrmeisters. So hätten die Auszubildenden früher gelernt, dem Kunden alleine wegen eines Covers etwas über ein Buch zu erzählen, ohne den Klappentext, geschweige denn eine Zeile des Buches gelesen zu haben. Er wisse nicht, ob die Anekdote stimme, aber so etwas könne man nicht machen.
Bittner zufolge hat sich die Lage für kleinere Buchhändler seit ein bis zwei Jahren zum Besseren gewendet: „Wir bekommen mehr Zulauf, und der Umsatz ist wieder konstanter.“ Profitiert habe man sicher auch von der Berichterstattung über die Arbeitsbedingungen bei Amazon. Immer wieder erzählten ihm Kunden, dass sie dort nicht mehr einkauften. „Da sage ich wunderbar, danke!“ Die Zahl der Laufkundschaft habe zugenommen, daneben gebe es jedoch viele Stammkunden, einige mit einer im Zeitalter des jederzeit „Überallbesorgenkönnens“ unglaublichen Loyalität. Da sei ein Kunde aus Berlin, der drei Mal im Jahr vorbeikomme, um all das abzuholen, was er zwischendurch bestellt habe, und was in einem eigens für ihn im Keller eingerichteten Fach gelagert worden sei. Ein anderer Kunde half Bittner über die schwierigen Anfangsjahre hinweg. Der vermögende Kölner beauftragte ihn, für seine drei Kinder eine Privatbibliothek über moderne Literatur zusammenzustellen. Alle 14 Tage trafen sie sich und besprachen Neuanschaffungen, zwei Jahre lang.
Trotzdem war es mühselig. Die Miete und die Gehälter für die Mitarbeiter waren fix, also habe er vor allem bei sich gespart, erzählt Bitter, der sich in den ersten Jahren 250 DM, später lange Zeit 500 DM auszahlte. Das Geschäft lief mit der Zeit besser, zumal er auch für Bibliotheken und Institute den regelmäßigen Ankauf von Büchern übernahm. Seit 15 Jahren geht es richtig „gut“, erzählt er. Wichtig sei es wohl, dass „wir uns inhaltlich treu geblieben sind“, sagt Bittner, dessen Sache es nie wäre, Kaffee oder Schokolade anzubieten. Das Internet ist für ihn ein unverzichtbares Hilfsmittel und er liebäugelt auch damit, einen speziellen Online-Shop anzubieten, in dem die Kunden Bücher finden, die längst vergriffen, bei ihm aber noch zu haben sind – ob bestimmte Lyrikbände oder Literatur aus Lateinamerika. „Ich muss doch meinen Keller leer kriegen“, scherzt er.
Ocelot-Gründer Frithjof Klepp ist hingegen bei einem Telefonat im Februar gar nicht fröhlich zumute. „Es sieht nicht gut aus“, sagt der Buchhändler schmallippig und verweist an die Insolvenzverwalter von der Kanzlei Wallner-Weiss. „Der Geschäftsbetrieb werde Mitte März eingestellt“, sagt dort eine Mitarbeiterin. Eigentlich habe man ja eine Perspektive für den Weiterbetrieb gesehen, aber Klepp habe sich anders entschieden. Wieso und weshalb, ist nicht zu erfahren, auch nicht von Klepp selbst. Er lässt die Nachrichten auf seinem Handy unbeantwortet, und der Laden ist zeitweise geschlossen. „Achtung, Ocelot ist krank. Die Grippewelle hat nun auch uns erwischt“, steht auf einem Schild.
Klaus Bittner hat kürzlich seinen 65. Geburtstag gefeiert – im Sommer steht das 35-jährige Bestehen seiner Buchhandlung an. Er hat mit seiner Frau darüber geredet, ob er weitermachen solle, und sich dafür entschieden. Der niedrige Rentenbescheid mag eine Rolle gespielt haben, materiell reich wird man auch als erfolgreicher Buchhändler nicht, aber vor allem liebt Bittner sichtlich seinen Beruf und die Bücher. Zu Hause hat er seit einem Umzug nur noch die wichtigsten Bücher, „drei Regalmeter Essenz“, sagt er, andere habe er an die Hilfsorganisation Oxfam gespendet oder verkauft. Wenn er jetzt etwas daheim lese und einen bestimmten Text brauche, wie zuletzt einen von dem Schriftsteller Thomas Bernhardt, dann gehe er in seine Buchhandlung, „ich wohne ja nur hundert Meter weg“.
Bittner weiß aber, dass es nicht nur darauf ankommt, ein neugieriger, belesener und begeisternder Buchhändler zu sein, wenn man Erfolg haben will. „Natürlich schützt uns die Buchpreisbindung, das ist ein unfassbares Privileg“, sagt er, und erzählt von einem Besuch in Polen. Dort gebe es ein Sterben der Buchläden, weil es keine Buchpreisbindung gebe. Deswegen böten die großen Ketten Neuerscheinungen mit Rabatten von teils 40 Prozent an, einem Preis, bei dem kein kleiner Buchhändler mithalten könne, „da bricht dann alles zusammen“. Der Erhalt kleiner unabhängiger Buchläden sei eben auch eine „politische Entscheidung“.
Bittner hat dann aber doch noch eine Bank überzeugt, und so sitzt er gut gelaunt auf dem schwarzen Sofa im hinteren Teil seines Ladens in der Kölner Innenstadt und plaudert über die Lage des Buchmarktes, während die ersten Kunden den Laden betreten. Er hat sich in dem schwierigen Markt behauptet und gehört auch zu den Gründungsmitgliedern der Gruppe „5Plus“, eines Zusammenschlusses von mittlerweile acht literarisch ausgerichteten Buchhändlern aus dem deutschsprachigen Raum, die sich 2009 fanden.
Amazon vertreibt die Kunden mit Berichten über prekäre Arbeitsbedingungen. Unabhängige Buchhändler profitieren davon
Eine Allianz von Individualisten? Bittner war anfangs skeptisch gewesen, aber er hat sich gerne eines Besseren belehren lassen. Die „riesige Resonanz“ habe ihn überrascht, sagt er, vielleicht seien die Medien froh gewesen, dass da einige Buchhändler mal nicht jammerten über den scheinbar uneinholbaren Siegeszug des Internethandels, sondern ein Zeichen setzten. Ihm habe die Aktion viele neue Kunden beschert. Es gebe sogar welche, die es sich zum Ziel gemacht hätten, alle beteiligten Buchhandlungen zu besuchen: Da komme dann jemand und sage, „ich war bei Ihrem Kollegen in München und soll Sie herzlich grüßen“.
Es gibt aber auch viele Einzelkämpfer: Als Frithjof Klepp 2012 seinen Buchladen gründete, legte er die Messlatte hoch. Über dem Laden in Berlin Mitte prangt selbstbewusst der Slogan: „Ocelot, not just another bookstore“. Der Name der Raubkatze symbolisierte die Unabhängigkeit eines Buchhändlers, der selbst entscheidet, was er in die Regale stellt, und der fest davon überzeugt ist, dass er dem Kunden einen Mehrwert gegenüber dem Suchalgorithmus des Internets bieten kann. Klepp hatte seit 1996 eine Menge Erfahrungen im Buchhandel gesammelt, im klassischen Buchgeschäft genauso wie beim Online-Buchhandel. In seinem Laden wollte er das Beste aus beiden Welten verbinden und bot deswegen neben ausgewählten Büchern auch elektronische Lesegeräte an, gründete einen Online-Shop. Den Standort des Ladens wählte er geschickt, gleich neben der Stadtteilbibliothek mit Hunderten Besuchern täglich. Klepp schuftete und bloggte, organisierte und rechnete und übernahm selbst Schichten an der Espressobar im Laden – bald war er selbst eine Marke.
„Frithjof Klepp hat mit dem Ocelot-Projekt einen Netzraum geschaffen, durch den wir uns bewegen können (...) Erworben wird der Anschluss an ein Netzwerk, das die Atmosphäre in unseren Taschen bis an die Orte trägt, wo wir die Bücher aufschlagen und weiterlesen“, jubelte zum einjährigen Bestehen Stephan Porombka, Professor für Texttheorie und Textgestaltung an der Universität der Künste in Berlin. Ein Jahr später folge die große Ernüchterung: Klepp meldete Insolvenz an. Er habe sich verkalkuliert, so habe er die Anlaufkosten des Online-Handels zu gering veranschlagt. Klepp ging in die Offensive, wohl von der Hoffnung getragen, jemanden zu finden, der mit einsteigt in den Laden, in den er so viel Herzblut gesteckt hatte. Anhänger organisierten einen Flashmob, verabredeten sich also, um gemeinsam auf einen Schlag in dem Laden einzukaufen. Sie riefen Social-Media-Aktionen wie Supportocelot ins Leben. „Danke“ prangt in diesen Tagen in großen Lettern auf dem Schaufenster der Buchhandlung. Gereicht hat es aber nicht.
Klaus Bittner hat den Durchbruch zu dem hinteren Teil des Ladens selbst gestemmt, seitdem ist er 122 Quadratmeter groß. Die Schwerpunkte waren von Anfang an moderne Literatur, Lyrik und Bühnenliteratur. Das habe sich im Laufe der Jahre inhaltlich nicht wesentlich geändert – „das eine ist gewachsen, das andere kleiner geworden“, sagt er. Heute gibt es jedoch auch Kochbücher und Kinderbücher im Sortiment, auf Wunsch von Mitarbeitern. Er gab ihnen freie Hand. Fragt man ihn nach seinem Erfolgsrezept, dann spricht er vor allem von seinem Team, das er in den höchsten Tönen lobt. Jeder von ihnen ist auf der Suche nach Perlen im Meer der Neuerscheinungen. Weil die Kunden ihnen vertrauen, verkaufen sie auch von unbekannteren Titeln schon einmal 200 bis 500 Exemplare. Vor allem müsse man ehrlich zu den Kunden sein, sagt Bittner und erzählt eine Anekdote seines Lehrmeisters. So hätten die Auszubildenden früher gelernt, dem Kunden alleine wegen eines Covers etwas über ein Buch zu erzählen, ohne den Klappentext, geschweige denn eine Zeile des Buches gelesen zu haben. Er wisse nicht, ob die Anekdote stimme, aber so etwas könne man nicht machen.
Bittner zufolge hat sich die Lage für kleinere Buchhändler seit ein bis zwei Jahren zum Besseren gewendet: „Wir bekommen mehr Zulauf, und der Umsatz ist wieder konstanter.“ Profitiert habe man sicher auch von der Berichterstattung über die Arbeitsbedingungen bei Amazon. Immer wieder erzählten ihm Kunden, dass sie dort nicht mehr einkauften. „Da sage ich wunderbar, danke!“ Die Zahl der Laufkundschaft habe zugenommen, daneben gebe es jedoch viele Stammkunden, einige mit einer im Zeitalter des jederzeit „Überallbesorgenkönnens“ unglaublichen Loyalität. Da sei ein Kunde aus Berlin, der drei Mal im Jahr vorbeikomme, um all das abzuholen, was er zwischendurch bestellt habe, und was in einem eigens für ihn im Keller eingerichteten Fach gelagert worden sei. Ein anderer Kunde half Bittner über die schwierigen Anfangsjahre hinweg. Der vermögende Kölner beauftragte ihn, für seine drei Kinder eine Privatbibliothek über moderne Literatur zusammenzustellen. Alle 14 Tage trafen sie sich und besprachen Neuanschaffungen, zwei Jahre lang.
Trotzdem war es mühselig. Die Miete und die Gehälter für die Mitarbeiter waren fix, also habe er vor allem bei sich gespart, erzählt Bitter, der sich in den ersten Jahren 250 DM, später lange Zeit 500 DM auszahlte. Das Geschäft lief mit der Zeit besser, zumal er auch für Bibliotheken und Institute den regelmäßigen Ankauf von Büchern übernahm. Seit 15 Jahren geht es richtig „gut“, erzählt er. Wichtig sei es wohl, dass „wir uns inhaltlich treu geblieben sind“, sagt Bittner, dessen Sache es nie wäre, Kaffee oder Schokolade anzubieten. Das Internet ist für ihn ein unverzichtbares Hilfsmittel und er liebäugelt auch damit, einen speziellen Online-Shop anzubieten, in dem die Kunden Bücher finden, die längst vergriffen, bei ihm aber noch zu haben sind – ob bestimmte Lyrikbände oder Literatur aus Lateinamerika. „Ich muss doch meinen Keller leer kriegen“, scherzt er.
Ocelot-Gründer Frithjof Klepp ist hingegen bei einem Telefonat im Februar gar nicht fröhlich zumute. „Es sieht nicht gut aus“, sagt der Buchhändler schmallippig und verweist an die Insolvenzverwalter von der Kanzlei Wallner-Weiss. „Der Geschäftsbetrieb werde Mitte März eingestellt“, sagt dort eine Mitarbeiterin. Eigentlich habe man ja eine Perspektive für den Weiterbetrieb gesehen, aber Klepp habe sich anders entschieden. Wieso und weshalb, ist nicht zu erfahren, auch nicht von Klepp selbst. Er lässt die Nachrichten auf seinem Handy unbeantwortet, und der Laden ist zeitweise geschlossen. „Achtung, Ocelot ist krank. Die Grippewelle hat nun auch uns erwischt“, steht auf einem Schild.
Klaus Bittner hat kürzlich seinen 65. Geburtstag gefeiert – im Sommer steht das 35-jährige Bestehen seiner Buchhandlung an. Er hat mit seiner Frau darüber geredet, ob er weitermachen solle, und sich dafür entschieden. Der niedrige Rentenbescheid mag eine Rolle gespielt haben, materiell reich wird man auch als erfolgreicher Buchhändler nicht, aber vor allem liebt Bittner sichtlich seinen Beruf und die Bücher. Zu Hause hat er seit einem Umzug nur noch die wichtigsten Bücher, „drei Regalmeter Essenz“, sagt er, andere habe er an die Hilfsorganisation Oxfam gespendet oder verkauft. Wenn er jetzt etwas daheim lese und einen bestimmten Text brauche, wie zuletzt einen von dem Schriftsteller Thomas Bernhardt, dann gehe er in seine Buchhandlung, „ich wohne ja nur hundert Meter weg“.
Bittner weiß aber, dass es nicht nur darauf ankommt, ein neugieriger, belesener und begeisternder Buchhändler zu sein, wenn man Erfolg haben will. „Natürlich schützt uns die Buchpreisbindung, das ist ein unfassbares Privileg“, sagt er, und erzählt von einem Besuch in Polen. Dort gebe es ein Sterben der Buchläden, weil es keine Buchpreisbindung gebe. Deswegen böten die großen Ketten Neuerscheinungen mit Rabatten von teils 40 Prozent an, einem Preis, bei dem kein kleiner Buchhändler mithalten könne, „da bricht dann alles zusammen“. Der Erhalt kleiner unabhängiger Buchläden sei eben auch eine „politische Entscheidung“.