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Eine Welt ohne fette Katzen

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Es ist eine ziemlich heile Welt, von der Matthias Knecht erzählt. Da braucht ein Bauer Geld, um ein Pferd zu kaufen oder um seinen Hof zu erweitern. Also legen die Leute aus dem Dorf zusammen, der Bauer kann in der Folge noch besser wirtschaften. Bald hat er den Dörflern den Kredit zurückgezahlt, inklusive satter Zinsen natürlich. Eine Geschichte, in der alle glücklich sind, weil alle gewinnen.
Und dann kamen die Banken.

In Matthias Knechts Erzählung drängten sie sich irgendwann dreist zwischen diese harmonische Verbindung – „fette Katzen, die sich einen Großteil der Marge schnappen“: Fortan waren sie es, die Kredite vergaben. Auf der anderen Seite speisten sie private Investoren mit ein paar Prozenten auf ihre Einlagen ab.  



Zencap vermittelt Investoren und Kreditnehmer ohne dabei Banken zu involvieren

Wenn es nach Knecht geht, soll die Sache in Zukunft wieder ohne Banken laufen, zumindest ein bisschen. Gemeinsam mit Christian Grobe hat er Zencap gegründet, eine Internetplattform, über die Investoren und Kreditnehmer zusammenfinden sollen – einfach, schnell, transparent. Und vor allem ohne Banken.
Braucht ein kleines oder mittelständisches Unternehmen einen Kredit, muss es sich bei Zencap bewerben. Dort sitzen Analysten, die das Unternehmen und sein Vorhaben unter die Lupe nehmen. Das ist aufwendig und kostet Zeit – und geht doch blitzschnell: Binnen 48 Stunden soll die Zu- oder Absage da sein, so das selbst gesetzte Ziel bei Zencap. Leidgeprüfte Unternehmen berichten immer wieder, dass eine Bewilligung bei ihrer Hausbank auch schon mal ein paar Wochen dauern kann.

Allerdings ist es oft eine abschlägige Antwort, die die Antragsteller von Zencap bekommen. Etwa drei Viertel der Kreditwünsche schaffen es gar nicht erst auf das Portal. „Wir sind ja keine Resterampe“, sagt Gründer Knecht. Ziel sei es nicht, Unternehmen Kredite zu verschaffen, die anderswo kein Geld bekommen. Im Gegenteil; wer es bei Zencap schafft, der bekäme das Darlehen auch bei seiner Bank. Nur würde es dort länger dauern, und die Sache wäre weniger flexibel. Zencap selbst übrigens würde über die eigene Plattform kein Geld bekommen: Dafür ist das Unternehmen mit gerade einmal einem guten Jahr noch zu jung. Stattdessen stieg Rocket Internet ein, der Start-up-Investor der drei Samwer-Brüder.

Auch die Zinskonditionen sind bei Zencap vergleichbar mit anderen Angeboten. Das Geld, das gespart wird, weil keine Bank mitverdient, soll an die Investoren fließen – und an Zencap natürlich. Einen Prozentpunkt nimmt die Plattform für ihre Dienste. Für den Geldgeber bleibt ein Zins zwischen derzeit 2,99 Prozent und 14,64 Prozent, je nach Bonität des Kreditnehmers.

Das Bereitstellen von Unternehmenskrediten, lange eine ureigene und exklusive Aufgabe von Banken, geht mit Zencap also auf den Privatanleger über. Mitsamt der Rendite, aber auch mitsamt dem Risiko. Denn das Vergeben eines Kredits ist nun einmal nicht nur lukrativer als ein Sparbuch, es ist auch weniger verlässlich: Geht der Kreditnehmer pleite, ist das investierte Geld zumindest teilweise weg.

Die Prüfung, der Zencap die Unternehmen unterzieht, soll verhindern, dass so etwas allzu oft passiert. Ausschließen kann sie es nicht. Von den 160 Krediten mit einem Gesamtvolumen von etwa zehn Millionen Euro, die seit dem Start von Zencap vor zehn Monaten ausgezahlt wurden, ist bislang ein Geschäft ausgefallen: Ein Logistik-Unternehmen, dem seine Investitionen in Russland zum Verhängnis wurden.
Wer über Zencap investiert, brauche die Kreditnehmer also nicht zu analysieren, meint Knecht. Was er allerdings tun muss, ist sich über seine Risikobereitschaft klar zu werden. Zencap ordnet die Unternehmen dafür in sechs Risikoklassen ein, mit rechnerischen Ausfallwahrscheinlichkeiten zwischen 0,03 Prozent und 12,2 Prozent. Der Anleger muss nur auswählen: Höheres Risiko und höhere Zinsen oder lieber Sicherheit und dafür weniger Zinsen.

Derzeit suchen über die Plattform 24 Unternehmen einen Kredit. Da ist etwa eine Berliner Schuhboutique, die 25000 Euro will, um ihre Betriebsmittel zu erhöhen oder ein Vermieter von mobilen Heizgeräten braucht 100000 Euro, um seine Mietflotte zu vergrößern. Bis zu 250000 Euro können Firmen über Zencap einsammeln. Die meisten Summen sind so klein, dass sich das Geschäft für Banken mit ihrem riesigen Apparat nicht lohnen würde.

Eine zusätzliche Option für die private Geldanlage soll Zencap Anlegern bieten. Sicher nichts für das gesamte Vermögen, aber als Beimischung in Zeiten von verschwindenden Guthabenzinsen und Rekord-Aktienkursen dürften solche Mittelstandskredite für so manchen Anleger tatsächlich interessant sein.
Ganz ohne Bank geht es indes auch bei Zencap nicht, so will es die Finanzaufsicht. Als Abwickler im Hintergrund ist daher die Wirecard-Bank dabei. Und auch sonst sieht Knecht nicht völlig schwarz für die traditionellen Institute: „Für gewisse Funktionen werden wir Banken weiterhin brauchen“, sagt er. Immerhin.

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