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Nach Ebola die Masern

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Während der Erreger des Ebolafiebers allmählich auf dem Rückzug ist, droht in Westafrika die Ausbreitung anderer Infektionskrankheiten. Die Seuche hat die ohnehin schon schwachen Gesundheitssysteme der drei am stärksten betroffenen Länder Sierra Leone, Liberia und Guinea so sehr überlastet, dass der Schutz vor Masern, Malaria und anderen Pathogenen vernachlässigt wurde. Viele Impfprogramme konnten nicht weitergeführt werden. An den nun zu erwartenden Krankheitswellen könnten im schlimmsten Fall mehr Menschen sterben als an Ebola, warnen Forscher in der aktuellen Ausgabe des Fachblatts Science.



So sieht der Masern-Virus unter dem Mikroskop aus. Die Masern sind aber nicht die einzige Bedrohung, die durch Ebola verschlimmert wurde.

Eine Gruppe von Gesundheitswissenschaftler um Justin Lessler von der Johns Hopkins University in Baltimore hat mithilfe eines Computermodells berechnet, welche Folgen allein dadurch entstehen können, dass die Impfprogramme gegen Masern seit fast einem Jahr nur in stark reduziertem Umfang laufen. Im schlimmsten Fall sehen sie 227000 zusätzliche Infektionen in der Region, mit zwischen 2000 und 16000 Todesopfern. Praktisch alle Maserntoten ließen sich jedoch verhindern, wenn umgehend gut organisierte Massenimpfungen starten würden, betont Lessler. Am schnellsten könnten solche Maßnahmen in Liberia greifen, wo seit einigen Wochen keine neuen Ebola-Fälle mehr aufgetreten sind. Solche Impfkampagnen seien jedoch logistisch anspruchsvoll. Regierungen und Nichtregierungsorganisationen müssten eng zusammenarbeiten.

Für ihre Berechnungen gingen die Forscher davon aus, dass die Routine-Impfungen gegen Masern in den drei Ländern in den vergangenen Monaten um 75 Prozent zurückgegangen sind. Das hätte zur Folge, dass aufgrund des fast vollständigen Zusammenbruchs des Vorsorgesystems eine Million Kinder im Alter zwischen neun Monaten und fünf Jahren ohne Impfschutz gegen Masernviren wären. Bereits vor dem Ausbruch der Ebola-Epidemie in Westafrika im Dezember 2013 lag die Impfrate in der Region nur zwischen 62 und 79 Prozent, allerdings waren umfangreiche Impfkampagnen geplant, bevor das Ebolafieber diese Vorhaben zunichte machte. Weil die Erreger so extrem ansteckend sind, müsste die Durchimpfung bei mindestens 95 Prozent liegen, um eine Ausbreitung der Viren zu verhindern und sie mittelfristig auszurotten.

Auch wenn sie ihre Berechnungen nur für das Masernvirus angestellt haben, betonen die Forscher in ihrem Bericht, dass dies nur einer von vielen Erregern sei, die sich infolge der kollabierten Gesundheitssysteme rasant ausbreiten könnten. Auf humanitäre Krisen wie Kriege, politische Unruhen, Hunger- oder Naturkatastrophen folgen oft Krankheitsausbrüche. Infolge des Erdbebens in Haiti im Jahr 2010 etwa erkrankten an die 700000 Menschen an Cholera. Masernepidemien seien oft nur die frühen Folgen, schreiben Lessler und Kollegen. Auch andere Infektionskrankheiten erwachsen im Windschatten von Ebola zu größeren Problemen, als sie ohnehin schon für die Länder darstellen. Die weitgehend ausgerottete Kinderlähmung könnte zurückkehren. Ohne sorgfältige Diagnose und Behandlung fordert auch die Malaria noch mehr Todesopfer als in Zeiten vor Ebola. Auch die Bekämpfung der Erreger wurde notgedrungen über Monate vernachlässigt, genauso die medizinische Versorgung von HIV- oder Tuberkulose-Patienten. Durch Ebola hat aber auch die Versorgung von nicht übertragbaren Krankheiten gelitten.

Lessler räumt ein, dass das Szenario von einem Rückgang der Impfungen um 75 Prozent vielleicht zu pessimistisch sei. Doch selbst wenn nur 25 Prozent weniger geimpft wurde, könne dies zu einigen Zehntausend Erkrankungen und bis zu 4000 Toten führen. Die exakten Zahlen hält er jedoch für weit weniger wichtig, als dass schnellstmöglich mit Gegenmaßnahmen begonnen werde. „Mit jedem Monat steigt die Gefahr für einen Ausbruch.“ Das unterstreicht Science-Redakteurin Caroline Ash in einem Begleitkommentar: „Die Masern sind nicht die einzige Bedrohung, die durch Ebola verschlimmert wurde, und wahrscheinlich sind sie nicht einmal das größte Problem, aber immerhin können wir mit dem Impfstoff etwas dagegen tun.“

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