Was den Bewohnern von Huaraz im schlimmsten Fall blüht, können sie sich auf bunten Karten anschauen, Forscher der Universität von Texas in Austin haben sie entwickelt. Die Flutwelle kommt darauf von Osten in die peruanische Stadt und breitet sich dann nach Norden und Süden aus. Den Simulationen zufolge könnte sie bis zu 50 Meter hoch sein, sie wird alles mitreißen. Auch das Haus von Saúl Luciano Lliuya. „Man muss etwas tun, bevor es zu spät ist“, sagt er. „Das Problem wächst von Jahr zu Jahr.“
An diesem Montag bekommt deshalb der Essener Stromkonzern RWE Post von Lliuya. Seine Hamburger Anwältin hat das Schreiben aufgesetzt, es ist ein juristisch einmaliger Vorgang. Ein Kleinbauer aus den Anden verlangt darin von einem deutschen Konzern Schutz gegen Folgen des Klimawandels – zu dem dieser Konzern nach Ansicht des Kleinbauern massiv beigetragen hat. „Es ist eine komplizierte Beweiskette“, sagt Roda Verheyen, die Lliuyas Ansprüche in Deutschland vertritt. „Aber die Mitbeeinflussung durch RWE ist unstreitig.“
Ein Bauer aus Peru wirft den RWE vor, massiv an den Überflutungen in Huaraz schuld zu sein. Mit seiner Klage möchte er vor allem, dass Vorsorgemaßnahmen unternommen werden
Die Beweiskette beginnt im Jahr 1898, als der Essener Konzern gegründet wurde, und sie endet bei einer Lagune gut 20Kilometer von Huaraz entfernt. Ein Gletscher speist die Lagune, doch durch die Erderwärmung schmilzt er schneller. Das Volumen, so stellten die texanischen Forscher im vorigen Jahr fest, hat sich binnen 40 Jahren verdreißigfacht. Das strapaziert nicht nur den Damm, der den See zum Tal hin abschließt. Es vergrößert auch die Gefahr, dass eine Lawine die Katastrophe auslöst. 1941 waren schon einmal Eis und Geröll in die Lagune gestürzt, in Huaraz starben durch die Flutwelle seinerzeit etwa 6000 Menschen. Wie ein Kanal leitet ein Tal das Wasser direkt dorthin. Heute leben 35000 Menschen in der roten Zone – mit dem höchsten Risiko.
Gelegentlich führt Lliuya Touristen in die Berge, vier-, fünfmal im Jahr. Man könne dort, sagt er, den Gletschern beim Schmelzen zuschauen. „Ich habe mich immer gefragt, wie man die Verursacher zur Verantwortung ziehen kann.“ Dann stieß er auf die Entwicklungsorganisation Germanwatch, sie unterstützt ihn nun. „Wer andere schädigt, hat Pflichten“, sagt Germanwatch-Kopf Christoph Bals.
Aber hat er auch Pflichten im fernen Peru? Grenzüberschreitende Klagen habe es in der Vergangenheit schon öfter gegeben, sagt Lliuyas Anwältin Verheyen. Wegen des sauren Regens etwa zog ein polnischer Bauer vor Gericht, verlangte Schadenersatz von deutschen Emittenten. Er unterlag, weil sich nicht nachweisen ließ, aus welchen Schornsteinen die Schadstoffe kamen. Genau deshalb fordere der Peruaner nun keinen Schadenersatz, sondern Vorsorge gegen die Folgen. Berufen kann er sich dabei sogar auf das Bürgerliche Gesetzbuch, und dass er dies darf, liegt wiederum an einer EU-Verordnung. Juristisch ist das alles Neuland.
Teuer würde es für RWE nicht. Europas größter CO₂-Emittent soll sich nur entsprechend seinem Anteil an den globalen Emissionen an der Entschärfung der Lagune beteiligen, mit geschätzt 0,47 Prozent. Bei 3,5 Millionen Euro Kosten wären das 17000 Euro. Doch auch das wäre der Beginn einer Flutwelle – für Klimasünder.
An diesem Montag bekommt deshalb der Essener Stromkonzern RWE Post von Lliuya. Seine Hamburger Anwältin hat das Schreiben aufgesetzt, es ist ein juristisch einmaliger Vorgang. Ein Kleinbauer aus den Anden verlangt darin von einem deutschen Konzern Schutz gegen Folgen des Klimawandels – zu dem dieser Konzern nach Ansicht des Kleinbauern massiv beigetragen hat. „Es ist eine komplizierte Beweiskette“, sagt Roda Verheyen, die Lliuyas Ansprüche in Deutschland vertritt. „Aber die Mitbeeinflussung durch RWE ist unstreitig.“
Ein Bauer aus Peru wirft den RWE vor, massiv an den Überflutungen in Huaraz schuld zu sein. Mit seiner Klage möchte er vor allem, dass Vorsorgemaßnahmen unternommen werden
Die Beweiskette beginnt im Jahr 1898, als der Essener Konzern gegründet wurde, und sie endet bei einer Lagune gut 20Kilometer von Huaraz entfernt. Ein Gletscher speist die Lagune, doch durch die Erderwärmung schmilzt er schneller. Das Volumen, so stellten die texanischen Forscher im vorigen Jahr fest, hat sich binnen 40 Jahren verdreißigfacht. Das strapaziert nicht nur den Damm, der den See zum Tal hin abschließt. Es vergrößert auch die Gefahr, dass eine Lawine die Katastrophe auslöst. 1941 waren schon einmal Eis und Geröll in die Lagune gestürzt, in Huaraz starben durch die Flutwelle seinerzeit etwa 6000 Menschen. Wie ein Kanal leitet ein Tal das Wasser direkt dorthin. Heute leben 35000 Menschen in der roten Zone – mit dem höchsten Risiko.
Gelegentlich führt Lliuya Touristen in die Berge, vier-, fünfmal im Jahr. Man könne dort, sagt er, den Gletschern beim Schmelzen zuschauen. „Ich habe mich immer gefragt, wie man die Verursacher zur Verantwortung ziehen kann.“ Dann stieß er auf die Entwicklungsorganisation Germanwatch, sie unterstützt ihn nun. „Wer andere schädigt, hat Pflichten“, sagt Germanwatch-Kopf Christoph Bals.
Aber hat er auch Pflichten im fernen Peru? Grenzüberschreitende Klagen habe es in der Vergangenheit schon öfter gegeben, sagt Lliuyas Anwältin Verheyen. Wegen des sauren Regens etwa zog ein polnischer Bauer vor Gericht, verlangte Schadenersatz von deutschen Emittenten. Er unterlag, weil sich nicht nachweisen ließ, aus welchen Schornsteinen die Schadstoffe kamen. Genau deshalb fordere der Peruaner nun keinen Schadenersatz, sondern Vorsorge gegen die Folgen. Berufen kann er sich dabei sogar auf das Bürgerliche Gesetzbuch, und dass er dies darf, liegt wiederum an einer EU-Verordnung. Juristisch ist das alles Neuland.
Teuer würde es für RWE nicht. Europas größter CO₂-Emittent soll sich nur entsprechend seinem Anteil an den globalen Emissionen an der Entschärfung der Lagune beteiligen, mit geschätzt 0,47 Prozent. Bei 3,5 Millionen Euro Kosten wären das 17000 Euro. Doch auch das wäre der Beginn einer Flutwelle – für Klimasünder.