Revolutionen haben in China Tradition und veränderten das Land und seine Gesellschaft nachhaltig. Die Xinhai-Revolution stürzte 1911 das Kaiserreich, die kommunistische Revolution bedeutete 1949 die Geburtsstunde der Volksrepublik und mit der Kulturrevolution von 1966 bis 1976 festigte Diktator Mao Zedong seine totalitäre Macht.
Beginn und Dauer der digitalen Revolution, die zurzeit im Land tobt, sind indes schwer an konkreten Jahreszahlen festzumachen. Vermutlich hat sie Mitte der Neunzigerjahre mit der Freischaltung des Internets in China einmal klein begonnen. Heute, rund 20 Jahre später, erlebt sie immer neue Höhepunkte. Und: Ihre Kraft zur Veränderung scheint noch lange nicht erschöpft zu sein.
Die digitale Öffnung Chinas hat eine neue Krankheit hervorgebracht: Die Onlinesucht
Mit der Entscheidung für die digitale Öffnung ihres Landes hat die allein regierende Kommunistische Partei Kräfte entfesselt, die sie kaum noch beherrschen kann. Eine jahrzehntelang bevormundete Masse hat mit Hilfe des Internets und sozialer Medien damit begonnen, drastischen Einfluss zu nehmen auf die politische, gesellschaftliche und wirtschaftliche Entwicklung ihres Landes.
„Die Leute teilen einen Raum miteinander, den sie zuvor nicht hatten: den öffentlichen Raum“, sagt Michael Anti, chinesischer Journalist und Blogger. Soziale Medien bezeichnet er als das Update der Generation Internet. Sie haben aus einer anfänglich losen Vernetzung von Millionen Bürgern eine Kontrollinstanz gemacht.
Als 2009 der Kurznachrichtendienst Weibo seine Plattform öffnete, schlüpfte die Öffentlichkeit im autoritären China erstmals in die Rolle eines Aufsichtsorgans staatlichen Handelns. Die Bürger haben den Weg in Richtung Zivilgesellschaft eingeschlagen, auch wenn ihr seitdem die Partei aus Angst vor Machtverlust viele Hindernisse in den Weg legt.
Der Preis für den öffentlichen Raum ist eine schleichende Verkümmerung des Miteinanders in der realen Welt. Nachrichtendienste, Chat-Räume, Videoplattformen oder Rollenspiele bündeln die Aufmerksamkeit vieler Chinesen auch beim gemeinsamen Essen oder Spazierengehen. Kinder werden von vielen Eltern gerne mit digitalem Spielzeug ruhig gestellt. Millionen von jungen Menschen gelten bereits als onlinesüchtig. In Erziehungslagern militärischer Gangart soll ihnen die Krankheit ausgetrieben werden. Die ständige Vernetzung ist eine Quelle der Unruhe in China. Sie hat den Alltag in den großen Städten ungemein beschleunigt. Auch weil die Menschen digitalen Neuerungen offen gegenüberstehen. Was ihnen Komfort und Erleichterung verspricht, wird gerne angenommen. Taxidienste zum Beispiel. Abends ein Taxi in Shanghai am Straßenrand heranzuwinken, ist nahezu aussichtslos. Fahrzeuge ohne Passagiere rauschen an potenziellen Kunden vorbei, weil sie per Mobil-App bestellt wurden. Am Wochenende säumen Wartende etliche Kreuzungen und Straßen und starren auf ihre Smartphones, um zu prüfen, wann ihr persönliches Taxi anrollt.
Die Digitalisierung erobert auch die chinesische Industrie, die rückständig und wenig automatisiert ihre Trümpfe jahrelang aus einem schier unermesslichen Fundus billiger Arbeitskräfte zog. Doch steigende Lohnkosten zwingen das Land zur Umstrukturierung. Digitalisierung ist der Rettungsanker einer wirtschaftlichen Entwicklung geworden, die ins Stocken geraten ist. Sie soll Produktivität und Effizienz erhöhen und China einige Stufen in der Wertschöpfungskette nach oben katapultieren. Das Land ist weltweit der größte Abnehmer für Industrieroboter.
Das kostet viele Arbeitsplätze, weil die Automatisierung die Arbeiter zunehmend überflüssig macht. Einen Teil davon hat die IT-Branche bereits ersetzt. Der Onlinehandel fördert den Binnenkonsum und stützt das Bruttoinlandsprodukt. IT-Unternehmen zählen zu den beliebtesten Arbeitgebern junger Chinesen. Firmenbosse von Alibaba bis Xiaomi gelten als Kultfiguren. Sie sind die Ikonen der Gründerszene von Peking bis Shenzhen, wo junge Frauen und Männer in Cafés oder Kellern an Apps, Onlinespielen oder digitalen Dienstleistungsangeboten tüfteln.
Doch es sind nicht nur die Konzerne, die von der Digitalisierung erfasst sind. Der Trend hat das gesamte Land integriert. Bauern versorgen ohne Umwege über Großhändler die lokalen Haushalte mit frischen Eiern, tibetische Handarbeiten werden privat gegen kleines Geld im ganzen Land angeboten.
Die Kehrseite für Peking des steigenden Grads an Vernetzung seiner Industrie ist die neue Angriffsfläche, die China dadurch bietet. Die Genossen befürchten Attacken im Cyberkrieg auf die IT ihrer Banken und Top-Unternehmen, gerade auch solche, die das Militär mit Waffen und Technologie versorgen.
Beginn und Dauer der digitalen Revolution, die zurzeit im Land tobt, sind indes schwer an konkreten Jahreszahlen festzumachen. Vermutlich hat sie Mitte der Neunzigerjahre mit der Freischaltung des Internets in China einmal klein begonnen. Heute, rund 20 Jahre später, erlebt sie immer neue Höhepunkte. Und: Ihre Kraft zur Veränderung scheint noch lange nicht erschöpft zu sein.
Die digitale Öffnung Chinas hat eine neue Krankheit hervorgebracht: Die Onlinesucht
Mit der Entscheidung für die digitale Öffnung ihres Landes hat die allein regierende Kommunistische Partei Kräfte entfesselt, die sie kaum noch beherrschen kann. Eine jahrzehntelang bevormundete Masse hat mit Hilfe des Internets und sozialer Medien damit begonnen, drastischen Einfluss zu nehmen auf die politische, gesellschaftliche und wirtschaftliche Entwicklung ihres Landes.
„Die Leute teilen einen Raum miteinander, den sie zuvor nicht hatten: den öffentlichen Raum“, sagt Michael Anti, chinesischer Journalist und Blogger. Soziale Medien bezeichnet er als das Update der Generation Internet. Sie haben aus einer anfänglich losen Vernetzung von Millionen Bürgern eine Kontrollinstanz gemacht.
Als 2009 der Kurznachrichtendienst Weibo seine Plattform öffnete, schlüpfte die Öffentlichkeit im autoritären China erstmals in die Rolle eines Aufsichtsorgans staatlichen Handelns. Die Bürger haben den Weg in Richtung Zivilgesellschaft eingeschlagen, auch wenn ihr seitdem die Partei aus Angst vor Machtverlust viele Hindernisse in den Weg legt.
Der Preis für den öffentlichen Raum ist eine schleichende Verkümmerung des Miteinanders in der realen Welt. Nachrichtendienste, Chat-Räume, Videoplattformen oder Rollenspiele bündeln die Aufmerksamkeit vieler Chinesen auch beim gemeinsamen Essen oder Spazierengehen. Kinder werden von vielen Eltern gerne mit digitalem Spielzeug ruhig gestellt. Millionen von jungen Menschen gelten bereits als onlinesüchtig. In Erziehungslagern militärischer Gangart soll ihnen die Krankheit ausgetrieben werden. Die ständige Vernetzung ist eine Quelle der Unruhe in China. Sie hat den Alltag in den großen Städten ungemein beschleunigt. Auch weil die Menschen digitalen Neuerungen offen gegenüberstehen. Was ihnen Komfort und Erleichterung verspricht, wird gerne angenommen. Taxidienste zum Beispiel. Abends ein Taxi in Shanghai am Straßenrand heranzuwinken, ist nahezu aussichtslos. Fahrzeuge ohne Passagiere rauschen an potenziellen Kunden vorbei, weil sie per Mobil-App bestellt wurden. Am Wochenende säumen Wartende etliche Kreuzungen und Straßen und starren auf ihre Smartphones, um zu prüfen, wann ihr persönliches Taxi anrollt.
Die Digitalisierung erobert auch die chinesische Industrie, die rückständig und wenig automatisiert ihre Trümpfe jahrelang aus einem schier unermesslichen Fundus billiger Arbeitskräfte zog. Doch steigende Lohnkosten zwingen das Land zur Umstrukturierung. Digitalisierung ist der Rettungsanker einer wirtschaftlichen Entwicklung geworden, die ins Stocken geraten ist. Sie soll Produktivität und Effizienz erhöhen und China einige Stufen in der Wertschöpfungskette nach oben katapultieren. Das Land ist weltweit der größte Abnehmer für Industrieroboter.
Das kostet viele Arbeitsplätze, weil die Automatisierung die Arbeiter zunehmend überflüssig macht. Einen Teil davon hat die IT-Branche bereits ersetzt. Der Onlinehandel fördert den Binnenkonsum und stützt das Bruttoinlandsprodukt. IT-Unternehmen zählen zu den beliebtesten Arbeitgebern junger Chinesen. Firmenbosse von Alibaba bis Xiaomi gelten als Kultfiguren. Sie sind die Ikonen der Gründerszene von Peking bis Shenzhen, wo junge Frauen und Männer in Cafés oder Kellern an Apps, Onlinespielen oder digitalen Dienstleistungsangeboten tüfteln.
Doch es sind nicht nur die Konzerne, die von der Digitalisierung erfasst sind. Der Trend hat das gesamte Land integriert. Bauern versorgen ohne Umwege über Großhändler die lokalen Haushalte mit frischen Eiern, tibetische Handarbeiten werden privat gegen kleines Geld im ganzen Land angeboten.
Die Kehrseite für Peking des steigenden Grads an Vernetzung seiner Industrie ist die neue Angriffsfläche, die China dadurch bietet. Die Genossen befürchten Attacken im Cyberkrieg auf die IT ihrer Banken und Top-Unternehmen, gerade auch solche, die das Militär mit Waffen und Technologie versorgen.