Eine Studie belegt: Kirchliche Sexualtäter sind nur selten Pädophile. Zu Übergriffen käme es viel häufiger im Zuge einer Lebenskrise
München - Der Mann sei 'pädophil', also sexuell auf Kinder hin orientiert - so heißt es oft, wenn die Gewalttat eines katholischen Priesters an Kindern und Jugendlichen öffentlich wird. Tatsächlich gilt diese Diagnose aber nur für eine Minderheit der Sexualtäter in der katholischen Kirche. Dies jedenfalls legt die Studie nahe, die Norbert Leygraf, der Direktor des Instituts für Forensische Psychiatrie der Universität Duisburg-Essen verfasst hat, im Auftrag der Deutschen Bischofskonferenz. Leygraf hat 78 Gutachten ausgewertet, die über Geistliche angelegt wurden - neun waren tatsächlich pädophil, vier weitere sexuell an Jugendlichen interessiert. Ein Viertel hatte verschiedene psychische Störungen. Zwei Drittel jedoch waren nicht im engeren Sinne psychisch krank; sie befanden sich häufig in einer Lebenskrise, in der sie Grenzen überschritten und ignorierten.
Nur in der Krise? Straffällige Pfarrern seien selten pädophil, belegt eine Studie
Nun ist eine Studie über 78 Gutachten nur begrenzt aussagefähig, und den insgesamt 265 Opfern wird es egal sein, ob der Täter pädophil war oder nicht. Und doch ist die Untersuchung ein 'wichtiger Baustein', in der Aufarbeitung des Missbrauchsskandals, wie der Trierer Bischof Stephan Ackermann sagte, der auch Beauftragter der Bischofskonferenz für Missbrauchsfälle ist - nur wer die Täter kennt, kann Taten verhindern. Von den 78 Priestern wurden zwölf belangt, weil sie Kinderpornos besaßen, 66 wegen realer Übergriffe - drei von vier Opfern waren männlich. 37 Prozent der nicht-pädophilen Täter sind homo-, 54 Prozent heterosexuell. Die Taten waren zum großen Teil Berührungen über und unter der Kleidung, zu zwei Dritteln allerdings auch Manipulationen an den Genitalien; zu Penetrationen kam es in 17 Prozent der Fälle. Die Gewaltintensität der Taten ist damit vergleichsweise niedrig. Die meisten fanden in der Kirchengemeinde statt, seltener in Schulen oder Internaten, innerhalb der Familie oder in Gay-Clubs und Saunen.
Die Gutachter sahen bei fast der Hälfte der Täter keine Bedenken gegen einen weiteren Einsatz in einer Gemeinde - Leygraf verwies auf 'internationale Befunde', wonach nur fünf Prozent der Geistlichen nach einer Therapie rückfällig würden. Anfang 2013 sollen die Ergebnisse detailliert veröffentlicht werden. Mit der Erkenntnis, dass viele Übergriffe der Priester offenbar aus Lebenskrisen heraus entstehen, werden sich dann die Bistümer auseinandersetzen müssen.
München - Der Mann sei 'pädophil', also sexuell auf Kinder hin orientiert - so heißt es oft, wenn die Gewalttat eines katholischen Priesters an Kindern und Jugendlichen öffentlich wird. Tatsächlich gilt diese Diagnose aber nur für eine Minderheit der Sexualtäter in der katholischen Kirche. Dies jedenfalls legt die Studie nahe, die Norbert Leygraf, der Direktor des Instituts für Forensische Psychiatrie der Universität Duisburg-Essen verfasst hat, im Auftrag der Deutschen Bischofskonferenz. Leygraf hat 78 Gutachten ausgewertet, die über Geistliche angelegt wurden - neun waren tatsächlich pädophil, vier weitere sexuell an Jugendlichen interessiert. Ein Viertel hatte verschiedene psychische Störungen. Zwei Drittel jedoch waren nicht im engeren Sinne psychisch krank; sie befanden sich häufig in einer Lebenskrise, in der sie Grenzen überschritten und ignorierten.
Nur in der Krise? Straffällige Pfarrern seien selten pädophil, belegt eine Studie
Nun ist eine Studie über 78 Gutachten nur begrenzt aussagefähig, und den insgesamt 265 Opfern wird es egal sein, ob der Täter pädophil war oder nicht. Und doch ist die Untersuchung ein 'wichtiger Baustein', in der Aufarbeitung des Missbrauchsskandals, wie der Trierer Bischof Stephan Ackermann sagte, der auch Beauftragter der Bischofskonferenz für Missbrauchsfälle ist - nur wer die Täter kennt, kann Taten verhindern. Von den 78 Priestern wurden zwölf belangt, weil sie Kinderpornos besaßen, 66 wegen realer Übergriffe - drei von vier Opfern waren männlich. 37 Prozent der nicht-pädophilen Täter sind homo-, 54 Prozent heterosexuell. Die Taten waren zum großen Teil Berührungen über und unter der Kleidung, zu zwei Dritteln allerdings auch Manipulationen an den Genitalien; zu Penetrationen kam es in 17 Prozent der Fälle. Die Gewaltintensität der Taten ist damit vergleichsweise niedrig. Die meisten fanden in der Kirchengemeinde statt, seltener in Schulen oder Internaten, innerhalb der Familie oder in Gay-Clubs und Saunen.
Die Gutachter sahen bei fast der Hälfte der Täter keine Bedenken gegen einen weiteren Einsatz in einer Gemeinde - Leygraf verwies auf 'internationale Befunde', wonach nur fünf Prozent der Geistlichen nach einer Therapie rückfällig würden. Anfang 2013 sollen die Ergebnisse detailliert veröffentlicht werden. Mit der Erkenntnis, dass viele Übergriffe der Priester offenbar aus Lebenskrisen heraus entstehen, werden sich dann die Bistümer auseinandersetzen müssen.