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Der Fluch der Millionen

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Mitt Romney legt unter Druck seine Steuererklärung 2011 offen. Doch das ist kein Befreiungsschlag. Denn er hat getrickst.


New York - Auch die Veröffentlichung seiner neuesten Steuererklärung hat Mitt Romney nicht vom Verdacht befreit, bei der Darstellung seiner Vermögensverhältnisse zu tricksen. Die in der Nacht auf Samstag offengelegten Unterlagen für das Jahr 2011 zeigen, dass der Präsidentschaftskandidat der Republikaner absichtlich mehr Steuern zahlte als er musste. Offenbar fürchtet Romney eine Diskussion darüber, dass er als Multimillionär nur einem niedrigen Steuersatz unterliegt. Der knapp 400 Seiten starken Steuererklärung zufolge setzte Romney weniger Ausgaben für wohltätige Zwecke ab, als er hätte absetzen können. Damit verstößt er gegen seine eigenen Vorgaben: Im Juli hatte er beteuert, nie mehr Steuern gezahlt zu haben als es seine Pflicht war. Hätte er dies getan und damit seinen Steuersatz manipuliert, 'wäre ich nicht geeignet, Präsident zu werden', sagte er.



Während jeder Steuerzahler versucht, so wenig Steuern zu zahlen wie erlaubt, hat Romney seine Steuerquote zumindest in diesem Jahr künstlich erhöht. Nach den am Freitag veröffentlichten Zahlen lag Romneys Einkommen im Steuerjahr 2011 bei 13,7 Millionen Dollar, davon zahlte er 1,9 Millionen Dollar Bundessteuer, was einem Steuersatz von 14 Prozent entspricht. Hätte er allerdings seine Spenden in Höhe von vier Millionen Dollar zur Gänze und nicht bloß gut zur Hälfte abgesetzt, wäre sein effektiver Steuersatz nach Berechnung amerikanischer Medien und Steuerexperten auf nur noch gut zehn Prozent gefallen. Damit wiederum hätte er gegen das verstoßen, was er den Amerikanern vor wenigen Wochen versichert hatte: dass er in den vergangenen Jahren nie weniger als 13 Prozent Bundessteuer gezahlt habe.

Romneys Wahlkampfteam erkannte in einer Stellungnahme an, dass seine jüngste Steuererklärung gegen die wiederholte Zusicherung verstoße, nicht mehr an den Fiskus zu zahlen als nötig. 'Romney hat betont, dass kein Amerikaner mehr zahlen muss, als es das Gesetz verlangt. Andererseits war er in der einzigartigen Lage, der Öffentlichkeit versprochen zu haben, dass sein Steuersatz kontinuierlich über 13 Prozent liege. Er hat nun seine Steuerberater angewiesen sicherzustellen, dass er dieses Versprechen auch hält', erklärte seine Sprecherin Michele Davis.

Das Privatvermögen des früheren Finanzinvestors Romney erweist sich seit Monaten als Fluch für den Kandidaten Romney. Er ist einer der reichsten Amerikaner, die sich je um das Weiße Haus beworben haben. Im Wettbewerb um die Präsidentschaft hat ihn Amtsinhaber Barack Obama zum einen als gierigen und kalten Ex-Manager dargestellt, der als Chef der Investmentgesellschaft Bain Capital sein Vermögen auf Kosten gefeuerter Arbeiter gemacht habe. Zweitens hat sich Romney selbst in Bedrängnis gebracht, indem er sich weigert, seine Steuererklärungen der vergangenen zehn Jahre offenzulegen. Er sieht sich deswegen andauernden Unterstellungen über seine Steuerquote ausgesetzt. Harry Reid, Führer der demokratischen Mehrheitsfraktion im US-Senat, hat behauptet, Romney habe jahrelang überhaupt keine Steuer gezahlt.

Kandidaten für die Präsidentschaft sind nicht verpflichtet, ihre Einkommensverhältnisse über längere Zeiträume offenzulegen, manche aber tun es als Geste der Transparenz freiwillig. Romneys Vater George, der sich 1968 um die Kandidatur der Republikaner bewarb, legte sein Einkommen über mehr als ein Jahrzehnt offen. Mitt Romney veröffentlichte Ende der vergangenen Woche neben der Steuererklärung für 2011 auch einen Brief seiner Steuerberater, wonach seine Steuerquote von 1999 bis 2009 im Schnitt bei 20,2 Prozent, nie aber unter 13,66 Prozent gelegen habe. Allerdings wurden für diesen Zeitabschnitt keine absoluten Zahlen genannt. Unklar ist zum Beispiel, wie sich Romneys Finanzen während der Wirtschaftskrise 2008 und 2009 entwickelten. Für das Jahr 2010 hatte Romney bereits zuvor eine Steuerquote von 13,9 Prozent offengelegt. Romney und seine Frau Ann haben mehrmals erklärt, die Familie werde auch unter öffentlichem Druck keine weiteren Zahlen offenlegen, denn dies liefere den politischen Gegnern nur Munition für neue Angriffe.

Romneys Steuersatz ist deswegen so niedrig, weil sein Einkommen beinahe ausschließlich aus Kapitaleinkünften stammt: Sein Vermögen in Höhe von mehr als 200 Millionen Dollar arbeitet für ihn. Solche Einkünfte werden in den USA deutlich niedriger besteuert als etwa Gehälter oder Löhne. Amerikas Spitzenverdiener, etwa 0,1 Prozent der Bevölkerung, die sieben Millionen Dollar einnehmen, unterliegen zum Beispiel im Schnitt einer Steuerquote von 22 Prozent, weil ihr Geld sowohl aus Gehältern als auch Kapitaleinkünften stammt. Romney dagegen liegt bei 13 Prozent, weil er kein Gehalt mehr erhält und einen Teil seiner Einkünfte spendet.

Sein Bundessteuersatz liegt damit ungefähr so hoch wie der eines Highschool-Lehrers, der ein Jahreseinkommen von 54000 Dollar erreicht. Nach Jahren der Wirtschaftskrise und einer hohen Arbeitslosigkeit ist diese Bevorzugung der Reichen für Romney politisch heikel. Obama wirft ihm vor, kein Gefühl für die Sorgen der amerikanischen Mittelklasse zu haben.  

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