SPD-Haushälter Carsten Schneider über das EU-Hilfspaket für Zypern und das Ende der Geduld mit Kanzlerin Merkel
Dem jüngsten Hilfspaket der Euro-Staaten für Griechenland hatte Carsten Schneider, 36, noch zugestimmt. Jetzt aber ist für den haushaltspolitischen Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion Schluss: Ohne gravierende Änderungen am geplanten Rettungsprogramm für Zypern will Schneider Kanzlerin Angela Merkel (CDU) nicht noch einmal zur Mehrheit verhelfen. Alles andere, so Schneider, könne er 'den Menschen bei mir daheim in Thüringen nicht mehr vermitteln.' Zypern benötigt nach eigenem Bekunden Hilfen in Höhe von gut 17 Milliarden Euro. Das entspricht beinahe der jährlichen Wirtschaftsleistung des Mittelmeerstaats.
Der haushaltspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion Carsten Schneider.
SZ: Herr Schneider, ist es richtig, dass die Euro-Länder Zypern helfen wollen?
Carsten Schneider: Wer sich den Vertrag über mögliche Hilfen aus dem Rettungsfonds ESM genau anschaut, kann daran schon Zweifel haben, denn laut Text darf der ESM nur tätig werden, wenn die Finanzstabilität der Euro-Zone insgesamt gefährdet ist und alle anderen Mittel ausgeschöpft sind. Andererseits weiß man auch diesmal nicht, welche Ansteckungseffekte es hätte, wenn man das erste Euro-Land fallen ließe.
Was also tun?
Zunächst einmal müssen die Zyprer ihre Probleme selbst lösen - vom aufgeblähten öffentlichen Dienst bis hin zum völlig überdimensionierten Finanzsektor. Die Bilanzsumme aller zyprischen Banken ist acht Mal so groß wie die gesamte Wirtschaftsleistung des Landes. Warum hat die EU-Kommission das eigentlich in den letzten Jahren nie angesprochen? Wahnsinn!
Was müssen die Zyprer tun?
Sie müssen den Finanzsektor verkleinern, und zwar auch durch die Schließung von Geldhäusern. Und sie müssen akzeptieren, dass nur derjenige Anspruch auf Solidarität der Euro-Partner hat, der nicht nur auf dem Papier, sondern auch in der Praxis die vereinbarten Regeln einhält.
Etwas konkreter bitte.
Die Regierung muss erstens erklären, warum es einen so auffällig großen Anteil russischer Kontobesitzer auf Zypern gibt und was am Vorwurf der Geldwäsche dran ist, der ja immer wieder gegen das Land erhoben wird. Sie muss zweitens ihren Körperschaftsteuersatz anheben, der mit zehn Prozent der niedrigste in Europa ist. Man kann nicht Solidarität verlangen und zugleich den Geberstaaten mit Steuerdumping die Konzerne abwerben wollen. Und sie muss drittens der Einführung einer Finanztransaktionsteuer zustimmen.
Das Problem maroder Banken, die den ganzen Staat ins Wanken bringen, wäre damit aber noch nicht gelöst.
Richtig. Die Banken brauchen frisches Kapital. Dazu müssen zunächst die Aktionäre, die Gläubiger und auch die Großanleger herangezogen werden, die Geld nachschießen oder aber Forderungen und Einlagen in Eigenkapital umwandeln müssen. Außerdem müssen umgehend Kapitalverkehrskontrollen verhängt werden, die verhindern, dass die Anleger ihr Geld noch rasch aus Zypern abziehen.
Haben Sie den Eindruck, dass die Bundesregierung ihre Forderungen übernehmen könnte?
Ich habe das seit Monaten immer wieder im Haushaltsausschuss thematisiert, und dennoch hat die Bundesregierung viel Zeit verspielt, ohne konkret etwas zu unternehmen. Es ist den Bundesbürgern aber nicht länger vermittelbar, dass sie selber zahlen sollen, dass der griechische Rentner immer weniger Geld erhält - dass aber zugleich Großbanken und ihre Investoren einmal mehr ungeschoren davonkommen.
Bisher hat sich die SPD noch vor jedem Rettungsbeschluss aufgeplustert - und am Ende brav mit Merkel gestimmt.
Ich widerspreche gar nicht, aber wenn die Regierung diesmal auf unsere Kernforderungen - Gläubigerbeteiligung, Schluss mit dem Steuerdumping, Transaktionsteuer - nicht eingeht, kann ich zumindest für mich sagen: Dann ist Schluss! Wir sind fraktionsintern noch am Anfang der Meinungsbildung, deshalb kann ich nicht für alle sprechen. Aber ich bin ziemlich sicher, dass viele meiner Kollegen das genauso sehen wie ich. Das Problem in Zypern sind die Banken, und deshalb sind es auch die Banken, die diesmal bluten müssen - nicht die Steuerzahler!
Dem jüngsten Hilfspaket der Euro-Staaten für Griechenland hatte Carsten Schneider, 36, noch zugestimmt. Jetzt aber ist für den haushaltspolitischen Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion Schluss: Ohne gravierende Änderungen am geplanten Rettungsprogramm für Zypern will Schneider Kanzlerin Angela Merkel (CDU) nicht noch einmal zur Mehrheit verhelfen. Alles andere, so Schneider, könne er 'den Menschen bei mir daheim in Thüringen nicht mehr vermitteln.' Zypern benötigt nach eigenem Bekunden Hilfen in Höhe von gut 17 Milliarden Euro. Das entspricht beinahe der jährlichen Wirtschaftsleistung des Mittelmeerstaats.
Der haushaltspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion Carsten Schneider.
SZ: Herr Schneider, ist es richtig, dass die Euro-Länder Zypern helfen wollen?
Carsten Schneider: Wer sich den Vertrag über mögliche Hilfen aus dem Rettungsfonds ESM genau anschaut, kann daran schon Zweifel haben, denn laut Text darf der ESM nur tätig werden, wenn die Finanzstabilität der Euro-Zone insgesamt gefährdet ist und alle anderen Mittel ausgeschöpft sind. Andererseits weiß man auch diesmal nicht, welche Ansteckungseffekte es hätte, wenn man das erste Euro-Land fallen ließe.
Was also tun?
Zunächst einmal müssen die Zyprer ihre Probleme selbst lösen - vom aufgeblähten öffentlichen Dienst bis hin zum völlig überdimensionierten Finanzsektor. Die Bilanzsumme aller zyprischen Banken ist acht Mal so groß wie die gesamte Wirtschaftsleistung des Landes. Warum hat die EU-Kommission das eigentlich in den letzten Jahren nie angesprochen? Wahnsinn!
Was müssen die Zyprer tun?
Sie müssen den Finanzsektor verkleinern, und zwar auch durch die Schließung von Geldhäusern. Und sie müssen akzeptieren, dass nur derjenige Anspruch auf Solidarität der Euro-Partner hat, der nicht nur auf dem Papier, sondern auch in der Praxis die vereinbarten Regeln einhält.
Etwas konkreter bitte.
Die Regierung muss erstens erklären, warum es einen so auffällig großen Anteil russischer Kontobesitzer auf Zypern gibt und was am Vorwurf der Geldwäsche dran ist, der ja immer wieder gegen das Land erhoben wird. Sie muss zweitens ihren Körperschaftsteuersatz anheben, der mit zehn Prozent der niedrigste in Europa ist. Man kann nicht Solidarität verlangen und zugleich den Geberstaaten mit Steuerdumping die Konzerne abwerben wollen. Und sie muss drittens der Einführung einer Finanztransaktionsteuer zustimmen.
Das Problem maroder Banken, die den ganzen Staat ins Wanken bringen, wäre damit aber noch nicht gelöst.
Richtig. Die Banken brauchen frisches Kapital. Dazu müssen zunächst die Aktionäre, die Gläubiger und auch die Großanleger herangezogen werden, die Geld nachschießen oder aber Forderungen und Einlagen in Eigenkapital umwandeln müssen. Außerdem müssen umgehend Kapitalverkehrskontrollen verhängt werden, die verhindern, dass die Anleger ihr Geld noch rasch aus Zypern abziehen.
Haben Sie den Eindruck, dass die Bundesregierung ihre Forderungen übernehmen könnte?
Ich habe das seit Monaten immer wieder im Haushaltsausschuss thematisiert, und dennoch hat die Bundesregierung viel Zeit verspielt, ohne konkret etwas zu unternehmen. Es ist den Bundesbürgern aber nicht länger vermittelbar, dass sie selber zahlen sollen, dass der griechische Rentner immer weniger Geld erhält - dass aber zugleich Großbanken und ihre Investoren einmal mehr ungeschoren davonkommen.
Bisher hat sich die SPD noch vor jedem Rettungsbeschluss aufgeplustert - und am Ende brav mit Merkel gestimmt.
Ich widerspreche gar nicht, aber wenn die Regierung diesmal auf unsere Kernforderungen - Gläubigerbeteiligung, Schluss mit dem Steuerdumping, Transaktionsteuer - nicht eingeht, kann ich zumindest für mich sagen: Dann ist Schluss! Wir sind fraktionsintern noch am Anfang der Meinungsbildung, deshalb kann ich nicht für alle sprechen. Aber ich bin ziemlich sicher, dass viele meiner Kollegen das genauso sehen wie ich. Das Problem in Zypern sind die Banken, und deshalb sind es auch die Banken, die diesmal bluten müssen - nicht die Steuerzahler!