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Excelsior!

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Er weiß, was amerikanisches Superheldentum bedeutet, seine Dynamik, seine Melancholie. Der Comic-Meister Stan Lee wird 90.

Moderne Helden kommen nicht aus dem Nichts, sie haben eine imaginäre Genealogie, und ihre väterlichen Schöpfer ihre weit gespannten Inspirationen. Stan Lee zum Beispiel, der den größten Helden Amerikas im letzten halben Jahrhundert Gestalt und Kontur gegeben hat, kann sehr genau erzählen, woher er alles hat - von der Kinoleinwand, vom silver screen der Dreißiger und ihrem Swashbuckler in seinen flattrigen Capes, dem romantischen, selbstbewussten und leichtfertigen Helden. Errol Flynn war sein Ding. 'Wenn ich nach einem Film - ich war etwa zwölf - die Straße entlang ging, hatte ich ein schräges Grinsen auf meinem Gesicht, wie ich dachte, dass er es hatte, ich trug einen imaginären Degen an meiner Seite und guckte lebhaft um mich, ob nicht so ein Rumtreiber ein Mädchen anmachen mochte, so dass ich sie retten könnte. Ich war frustriert, dass dieser Typ nie auftauchte, aber, naja, vielleicht war es auch besser ...'



700ste Ausgabe der Spider-Man-Reihe, deren Held Stan Lee erschuf

Ja, der Schatten von Errol Flynn liegt auf all den juvenilen Helden, die Stan Lee in seiner langen Karriere gestaltete, und sogar im Alter zeigt er selbst - schlank und agil, brauner Teint und schmales Bärtchen - eine jugendliche flynnsche Eleganz. Etwas Aristokratisches beinahe - der Schöpfer der modernen amerikanischen Urmythen zeigt europäischen Touch.

Excelsior! war das berühmte Motto, das er für seine Marvel-Comics sich wählte, ein Zauberwort, das ganz dynamisch klang und mysteriös und erhebend. Timely Comics hieß der Verlag, bei dem Stan Lee, geboren am 28.Dezember 1922 als Stanley Martin Lieber, anfing, als Teenager. Er schaute, dass die Tintenfässer der Zeichner immer gefüllt waren, und durfte bei einigen Captain-America-Stories mitmachen, wo er sich dann Stan Lee nannte. Als Anfang der Vierziger der Magazin-Herausgeber und sein bester Zeichner Jack Kirby - mit dem Stan Lee viele Figuren modellierte, unter anderem die Fantastic Four - gingen, übernahm, immer noch Teenager, Stan Lee. 1942 zog es ihn zur Army, wo er Plakate entwarf, Trainingsfilme drehte und Handbücher verfasste.

Nach dem Krieg ging er in den Verlag zurück, der in den Fünfzigern sich dann in Marvel umbenannte und von der Renaissance der Superhelden heftig profitierte: Spider-Man, der Hulk, Iron Man, Captain America, Thor, das Avengers-Konglomerat, Daredevil, die X-Men, auch richtig finstere Figuren wie Punisher und Ghost Rider. Stan Lee entwickelte immenses Verständnis für die Leiden seiner Helden, ihre tristen, dunklen Seiten - auch das kam aus den Dreißigern, als der kleine Stan sah, wie sie Frankensteins Monster malträtierten mit ihren brennenden Fackeln, die unschuldige Kreatur, der sie ein totes Gehirn in den Kopf geklatscht hatten. Auch auf die Superhelden nimmt keiner Rücksicht, wie sie laborieren an permanenter Überforderung, Versagensängsten und der Sehnsucht, zu partizipieren an der Normalität. Die Melancholie des Weltenretters. Die Einsamkeit des Langstrecken-Heilsbringers.

Man kann Stan Lee und sein Marvel-Imperium nicht mit der Autorentheorie erfassen, er hat zeit seines Lebens im Team gewirkt und gern die andern frei schaffen lassen. Der Archetyp des Erzählers also - dem Erzähler, schrieb Walter Benjamin, fügt sich auch das, was er vom Hörensagen vernommen hat, seinem Eigensten bei.

Auch wenn die Marvelfilme seit längerem nun zum Besten des modernen Kinos gehören, wenn Filmemacher wie Sam Raimi oder Joss Whedon subtil und sensibel amerikanisches Heldentum ausleuchten - die Reinheit der Comics können sie nicht erreichen. Bild für Bild entwickelt sich hier ein Ineinander von Ruhe und Dynamik, das die Selbstzweifel dieser Helden manifestiert, die Melancholie, die sie zu bremsen droht. Bewegung im Stillstand, Action, die, antiken Statuen gleich, sich selber reflektiert und einfriert im Vollzug, das ist das Geheimnis, das Mysterium Stan Lees. Seitdem er selber Filme produziert, ist auch er zum Star geworden. Als spiritus rector, der sich für alles mögliche bei ihrer Entstehung interessiert und in vielen einen kleinen Cameo-Auftritt lustvoll zelebriert. Von allen Helden ist ihm der Iron Man am liebsten. In der Verkörperung von Robert Downey Jr., die bedächtig, derb und sehr sophisticated ist, merkt man, wieso. Sie ist dem alten Swashbuckler, dem eleganten Errol Flynn, wirklich nah.

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