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'Bedrohlich und terroristisch'

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Freigegebene Dokumente zeigen: Das FBI sah in der Occupy-Bewegung eine Gefahr.

New York - Die New Yorker Polizei war ein ständiger Begleiter der Occupy-Bewegung. Man könnte sogar sagen: ihr Geburtshelfer. Erst als die Bilder von Pfefferspray- und Schlagstock-Attacken um die Welt gingen, wurde aus den Besetzern des Zuccotti-Parks ein globales Medienphänomen. Doch inzwischen hat die Bewegung ihren Schwung verloren. Die Empörung über die Polizeigewalt ist lange verflogen, und das Zeltlager in Lower Manhattan seit mehr als einem Jahr geräumt. Man könnte also behaupten: Der Bedarf an etwas staatlicher Willkür war noch nie so groß wie jetzt.



Ein Occupy-Aktivist in Los Angeles

So gesehen kommt diese Meldung gerade recht: Die Ermittler der US-Bundespolizei FBI haben die Demonstranten überwacht, und zwar schon im August 2011, einen Monat bevor die Aktivisten ihre Zelte im New Yorker Finanzviertel aufschlugen. Teils gerieten die Demonstranten sogar ins Visier von Anti-Terror-Agenten. Das geht aus internen Aktenvermerken hervor, die nun auf Druck der Bürgerrechtsorganisation Partnership for Civil Justice Fund herausgegeben wurden. So haben sich Experten des FBI am 19. August mit Managern der New Yorker Börse getroffen, um die angekündigte Besetzung der Wall Street zu besprechen. Als die Occupy-Proteste von New York aus auf andere amerikanische Städte übersprangen, weiteten die Behörden ihre Überwachung aus. In Indianapolis warnte das FBI vor 'potenziell kriminellen Aktivitäten'. In Florida wurde die Occupy-Bewegung auf internen Konferenzen unter dem Titel 'einheimische Terrorgruppe' behandelt. Agenten waren angehalten, in Erfahrung zu bringen, ob die Demonstranten 'gewalttätige Tendenzen' zeigten. Das FBI zeigte sich besorgt, dass die Occupy-Bewegung als 'Ventil für einen Einzeltäter, der die Bewegung aus Gründen im Zusammenhang mit allgemeiner Unzufriedenheit mit der Regierung missbraucht' herhalten könne.

Da viele Passagen geschwärzt sind, ist die Aussagekraft der nun herausgegebenen Dokumente begrenzt. Mara Verheyden-Hilliard, Leiterin des Partnership for Civil Justice Fund, ist davon überzeugt, bisher 'nur die Spitze des Eisbergs' gesehen zu haben. Die Unterlagen böten nur ein 'Fenster' in das Betätigungsfeld des Überwachungsregimes und sie belegten, dass 'das FBI und das Ministerium für Heimatschutz die Proteste gegen die Unternehmens- und Finanzstrukturen Amerikas als potenziell bedrohlich und terroristisch eingestuft haben'. Mehr noch: Die Bundesbehörden hatten 'de facto als geheimdienstlicher Arm der Wall Street' agiert und Bürgerrechte verletzt.

Das FBI versucht zu beschwichtigen. Es sei voreilig, Schlussfolgerungen aus den Dokumenten zu ziehen. Selbstverständlich beachte das FBI die Meinungsfreiheit und das Demonstrationsrecht der Bürger. Allerdings sind linksgerichtete Protestgruppen in den vergangenen Jahren immer wieder ins Visier der Staatsschützer geraten. Schon nach den Terror-Angriffen des 11. September 2001 stand das FBI in der Kritik, weil es Anti-Terror-Ermittler zur Überwachung von Umweltschützern, Friedensaktivisten und Sozialkritikern abkommandierte.

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