François Hollande hat mit der "Ehe für alle" Wahlkampf gemacht, um die Stimmen der Homosexuellen für sich zu gewinnen. Doch er hat nicht damit gerechnet, dass der Widerstand dagegen zu einem Massenphänomen wird.
Paris - Sonntagnachmittag in der französischen Hauptstadt: Vier Menschenschlangen wälzen sich Richtung Marsfeld und Eiffelturm. Zehntausende Bürger aus dem ganzen Land sind dem Ruf des Bündnisses "Manif Pour Tous" ("Demo für alle") gefolgt, in Paris aufzumarschieren. Sie protestieren nicht etwa gegen den Kampfeinsatz in Mali, und auch nicht gegen die Massenarbeitslosigkeit. Den Demonstranten geht es um ein gesellschaftspolitisches Projekt. Sie sagen Nein zu dem Vorhaben Präsident François Hollandes, die Ehe für gleichgeschlechtliche Paare zuzulassen.
Wie viele Menschen sich an der Demonstration beteiligten, war am Abend noch nicht abzusehen. Die Veranstalter hofften auf Hunderttausende. Sie hatten parteipolitische und religiöse Symbole bei dem Umzug untersagt, um sich auf das Thema Homo-Ehe zu konzentrieren. Allerdings spaltete sich eine Gruppe ultrakonservativer Katholiken in einem eigenen Demonstrationszug ab. In den Hauptzügen waren viele Bürgermeister mit ihren Schärpen in den Farben der Republik zu sehen. Sie wollten so demonstrieren, dass sie die Ehe zwischen Mann und Frau als Grundlage der republikanischen Ordnung ansehen. Andere Demonstranten trugen Banderolen mit Aufschriften wie: "Wir stammen alle von einem Mann und einer Frau ab." Die "Ehe für Alle" ist Hollandes Wahlversprechen Nummer 31. Der Sozialist wollte so bei der Präsidentschaftswahl vergangenen Mai die Homosexuellen für sich gewinnen. Indem er die Reform, die nichts kostet, nun umsetzt, möchte er der Parteilinken etwas geben, die unter seinem sozialdemokratischen Kurs in der Wirtschaftspolitik ächzt. Doch Hollande hat nicht damit gerechnet, dass der Widerstand ein Massenphänomen wird.
Demonstranten gegen die "Ehe für Alle" am Sonntag in Paris. Frigide Barjot (Mitte) ist die Leitfigur der Protestbewegung gegen die Homo-Ehe.
Nun gerät sein Versprechen in Gefahr, die Gesellschaft nach den Sarkozy-Jahren zu befrieden. Denn an der Homo-Ehe scheiden sich die Geister der Franzosen. Die meisten der Protestierer versichern dabei, ihr Aufmarsch richte sich keineswegs gegen Lesben und Schwule. Die Kabarettistin mit dem Künstlernamen Frigide Barjot (Frigide Durchgeknallt) - sie ist die Leitfigur der Protestbewegung - betonte zu Beginn der Großdemonstration: "Ich liebe die Homos." Der Gesetzgeber müsse es aber respektieren, dass '"ein Kind nur durch einen Mann und eine Frau entstehen kann". Hollande argumentiert dagegen, Homosexuelle müssten dieselben Rechte bekommen wie Heterosexuelle. Dazu gehöre es, die Ehe schließen und Kinder adoptieren zu können. Zudem wollen die Sozialisten festlegen, dass lesbische Paare Zugang zur Fortpflanzungsmedizin bekommen.
Der Protest gegen die Reform, der im Spätsommer in Kirchenkreisen begann, ist nicht zuletzt durch den Einsatz Frigide Barjots zu einer Volksbewegung angewachsen. Bei der Demo am Sonntag marschierten Christen, Muslime und Juden miteinander. Liberale und konservative Politiker reihten sich ebenso ein wie Rechtsextreme. Auch manche Linke und Homosexuellen-Aktivisten machten mit. Jüngste Umfragen zeigen, dass die Stimmung in Frankreich kippt. Zwar ist eine deutliche Mehrheit für die Homo-Ehe an sich; zugleich spricht sich aber nun, anders als vor einigen Monaten, eine knappe Mehrheit gegen das Adoptionsrecht aus. Eine übergroße Mehrheit ist dagegen, dass Lesben auf Kosten des Gesundheitssystems die Fortpflanzungsmedizin in Anspruch nehmen.
In diesem Punkt gibt Hollande bereits nach. Er wird zunächst nicht umgesetzt. Die Homo-Ehe samt Adoptionsrecht will der Präsident dagegen bald vom Parlament beschließen lassen. Die Demonstranten hoffen, das Gesetz noch stoppen zu können. Sie sagen, die Reform sei so fundamental, dass darüber erst ausführlich im ganzen Land debattiert werden müsse. Ein Teil der Reformgegner schlägt vor, das Volk per Referendum über die Homo-Ehe entscheiden zu lassen. Die katholische Kirche im Land scheint überrascht zu sein, was für eine Bewegung sie da ausgelöst hat. Die Bischofskonferenz unter André Vingt-Trois, dem Kardinal von Paris, möchte nicht, dass die Kirche wie ein politischer Gegner des Präsidenten wirkt. Sie will moralische Kraft und nicht Partei sein. Am Sonntag demonstrierten viele Pfarrer, doch nur wenige Bischöfe. Vingt-Trois begrüßte die Organisatoren, marschierte aber selbst nicht mit.
Hollande hofft, dass der Widerstand abflaut, sobald das Gesetz verabschiedet ist. Er sagt, ein Referendum brauche es nicht, da die Franzosen ja bei der Präsidentschaftswahl für ihn und sein Programm gestimmt hätten. Dennoch dürften die Massenproteste dem Präsidenten schaden. Der Streit um die Homo-Ehe lenkt von seinem wichtigsten Projekt ab: der Bekämpfung der Arbeitslosigkeit.
Paris - Sonntagnachmittag in der französischen Hauptstadt: Vier Menschenschlangen wälzen sich Richtung Marsfeld und Eiffelturm. Zehntausende Bürger aus dem ganzen Land sind dem Ruf des Bündnisses "Manif Pour Tous" ("Demo für alle") gefolgt, in Paris aufzumarschieren. Sie protestieren nicht etwa gegen den Kampfeinsatz in Mali, und auch nicht gegen die Massenarbeitslosigkeit. Den Demonstranten geht es um ein gesellschaftspolitisches Projekt. Sie sagen Nein zu dem Vorhaben Präsident François Hollandes, die Ehe für gleichgeschlechtliche Paare zuzulassen.
Wie viele Menschen sich an der Demonstration beteiligten, war am Abend noch nicht abzusehen. Die Veranstalter hofften auf Hunderttausende. Sie hatten parteipolitische und religiöse Symbole bei dem Umzug untersagt, um sich auf das Thema Homo-Ehe zu konzentrieren. Allerdings spaltete sich eine Gruppe ultrakonservativer Katholiken in einem eigenen Demonstrationszug ab. In den Hauptzügen waren viele Bürgermeister mit ihren Schärpen in den Farben der Republik zu sehen. Sie wollten so demonstrieren, dass sie die Ehe zwischen Mann und Frau als Grundlage der republikanischen Ordnung ansehen. Andere Demonstranten trugen Banderolen mit Aufschriften wie: "Wir stammen alle von einem Mann und einer Frau ab." Die "Ehe für Alle" ist Hollandes Wahlversprechen Nummer 31. Der Sozialist wollte so bei der Präsidentschaftswahl vergangenen Mai die Homosexuellen für sich gewinnen. Indem er die Reform, die nichts kostet, nun umsetzt, möchte er der Parteilinken etwas geben, die unter seinem sozialdemokratischen Kurs in der Wirtschaftspolitik ächzt. Doch Hollande hat nicht damit gerechnet, dass der Widerstand ein Massenphänomen wird.
Demonstranten gegen die "Ehe für Alle" am Sonntag in Paris. Frigide Barjot (Mitte) ist die Leitfigur der Protestbewegung gegen die Homo-Ehe.
Nun gerät sein Versprechen in Gefahr, die Gesellschaft nach den Sarkozy-Jahren zu befrieden. Denn an der Homo-Ehe scheiden sich die Geister der Franzosen. Die meisten der Protestierer versichern dabei, ihr Aufmarsch richte sich keineswegs gegen Lesben und Schwule. Die Kabarettistin mit dem Künstlernamen Frigide Barjot (Frigide Durchgeknallt) - sie ist die Leitfigur der Protestbewegung - betonte zu Beginn der Großdemonstration: "Ich liebe die Homos." Der Gesetzgeber müsse es aber respektieren, dass '"ein Kind nur durch einen Mann und eine Frau entstehen kann". Hollande argumentiert dagegen, Homosexuelle müssten dieselben Rechte bekommen wie Heterosexuelle. Dazu gehöre es, die Ehe schließen und Kinder adoptieren zu können. Zudem wollen die Sozialisten festlegen, dass lesbische Paare Zugang zur Fortpflanzungsmedizin bekommen.
Der Protest gegen die Reform, der im Spätsommer in Kirchenkreisen begann, ist nicht zuletzt durch den Einsatz Frigide Barjots zu einer Volksbewegung angewachsen. Bei der Demo am Sonntag marschierten Christen, Muslime und Juden miteinander. Liberale und konservative Politiker reihten sich ebenso ein wie Rechtsextreme. Auch manche Linke und Homosexuellen-Aktivisten machten mit. Jüngste Umfragen zeigen, dass die Stimmung in Frankreich kippt. Zwar ist eine deutliche Mehrheit für die Homo-Ehe an sich; zugleich spricht sich aber nun, anders als vor einigen Monaten, eine knappe Mehrheit gegen das Adoptionsrecht aus. Eine übergroße Mehrheit ist dagegen, dass Lesben auf Kosten des Gesundheitssystems die Fortpflanzungsmedizin in Anspruch nehmen.
In diesem Punkt gibt Hollande bereits nach. Er wird zunächst nicht umgesetzt. Die Homo-Ehe samt Adoptionsrecht will der Präsident dagegen bald vom Parlament beschließen lassen. Die Demonstranten hoffen, das Gesetz noch stoppen zu können. Sie sagen, die Reform sei so fundamental, dass darüber erst ausführlich im ganzen Land debattiert werden müsse. Ein Teil der Reformgegner schlägt vor, das Volk per Referendum über die Homo-Ehe entscheiden zu lassen. Die katholische Kirche im Land scheint überrascht zu sein, was für eine Bewegung sie da ausgelöst hat. Die Bischofskonferenz unter André Vingt-Trois, dem Kardinal von Paris, möchte nicht, dass die Kirche wie ein politischer Gegner des Präsidenten wirkt. Sie will moralische Kraft und nicht Partei sein. Am Sonntag demonstrierten viele Pfarrer, doch nur wenige Bischöfe. Vingt-Trois begrüßte die Organisatoren, marschierte aber selbst nicht mit.
Hollande hofft, dass der Widerstand abflaut, sobald das Gesetz verabschiedet ist. Er sagt, ein Referendum brauche es nicht, da die Franzosen ja bei der Präsidentschaftswahl für ihn und sein Programm gestimmt hätten. Dennoch dürften die Massenproteste dem Präsidenten schaden. Der Streit um die Homo-Ehe lenkt von seinem wichtigsten Projekt ab: der Bekämpfung der Arbeitslosigkeit.