Quantcast
Channel: jetzt.de - SZ
Viewing all articles
Browse latest Browse all 3345

Mehr als 50 Tote bei Geiselbefreiung in der Wüste

$
0
0
Aktion der algerischen Armee wird international dennoch gutgeheißen. Berlin streitet über deutsche Zurückhaltung in Mali


Paris/Berlin - Das Geiseldrama in der algerischen Wüste hat weit mehr Opfer gefordert, als bisher bekannt war. Einen Tag nach dem blutigen Ende der Terroraktion fanden algerische Spezialeinheiten am Sonntag 25 Tote in der Gasförderanlage In Amena im Osten des Landes. Ob es sich um bisher unbekannte Opfer handelte, war zunächst unklar. Die algerische Regierung hatte bisher von 23 Geiseln und 32 Angreifern gesprochen, die ums Leben gekommen seien. Die Zahl müsse nach oben korrigiert werden, sagte Kommunikationsminister Mohamed Said im Radio. Nicht bekannt ist unter anderem das Schicksal von fünf Norwegern und drei Briten.



Eine Gruppe von Geiseln ergibt sich den Islamisten (Standbild des algerischen Fernsehsenders Ennahar TV).

Mit der Erstürmung der Industrieanlage in der Wüste hatte die algerische Armee am Samstag die Geiselnahme durch islamische Terroristen blutig beendet. Vor dem letzten Angriff sollen die Islamisten noch sieben ausländische Geiseln ermordet haben. Die Geiselnahme war seit Monaten für den Fall vorbereitet, dass Algerien dem Drängen Frankreichs nach Unterstützung im Mali-Krieg nachgibt.

Nach einer ersten Bilanz der Regierung konnten sich 685 algerische Beschäftigte und 107 ausländische Mitarbeiter während des mehrtägigen Dramas selbst retten oder wurden befreit. Zwei deutsche Mitarbeiter einer Bohrfirma, die sich mehrere Kilometer von In Amena entfernt an ihrem Einsatzort befanden, wurden am Samstag aus Algerien ausgeflogen.

Nach anfänglicher Kritik am Vorgehen der Armee gab es nach Abschluss der Aktion viel internationale Unterstützung. Der amerikanische Präsident Barack Obama machte die Geiselnehmer für das Blutvergießen verantwortlich. Frankreichs Präsident François Hollande verteidigte die Befreiungsaktion ebenfalls. Bei einem Geiseldrama mit so kaltblütigen Terroristen, die zum Töten bereit seien, habe ein Land wie Algerien keine andere Wahl gehabt, sagte Hollande. Die Anlage In Amena war am Mittwoch von schwer bewaffneten Islamisten besetzt worden. Am Donnerstag griff das Militär erstmals an. Beim Sturm am Samstag wurden dann alle verbliebenen elf Terroristen getötet. Laut algerischem Radio hatten die Terroristen versucht, einen Teil der Anlage in Brand zu setzen.

Am Wochenende begann der Einsatz der Bundeswehr in Mali. Zwei deutsche Transall-Maschinen landeten Samstagabend in der Hauptstadt Bamako. Die beiden Maschinen mit jeweils sieben Besatzungsmitgliedern sollen Soldaten der westafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft Ecowas nach Bamako bringen. An dem Kampfeinsatz französischer und afrikanischer Truppen gegen islamistische Rebellen beteiligt sich Deutschland nicht.

Über die deutsche Zurückhaltung wurde in Berlin quer durch die Parteien kontrovers diskutiert. Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) sowie Abgeordnete von CDU, SPD und Grünen halten die deutsche Hilfe für den französischen Militäreinsatz für unzureichend. 'Ich kann mir auch nicht vorstellen, dass irgendjemand das für den deutschen Beitrag hält', sagte Lammert der Saarbrücker Zeitung. Die FDP reagierte verärgert. 'Die Aussagen des Bundestagspräsidenten sind nicht hilfreich', sagte der außenpolitische Sprecher der FDP im Bundestag, Rainer Stinner. Er weise 'die Mär, dass wir überall Mitfahrer sind und keinen Beitrag leisten', zurück. Auch SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück sprach sich gegen einen deutschen Militäreinsatz aus. SZ Seiten 4 und 6

Viewing all articles
Browse latest Browse all 3345