Jetzt hat es Heino aber wirklich allen gezeigt: Noch nie wurde ein Album eines deutschen Künstlers in den ersten drei Tagen öfter aus dem Netz heruntergeladen. 'Die Ärzte' möchten sich übergeben.
Schlagersänger Heino wurde als Heinz Georg Kramm im Jahr 1938 in Düsseldorf-Oberbilk geboren. Auch wenn seine Interpretation deutscher Volkslieder nicht überall geschätzt wird: Der Bekanntheitsgrad des Sohnes eines im Krieg gefallenen Zahnarztes tendiert hierzulande gegen 100 Prozent. Seit fünf Jahrzehnten bringt der gelernte Konditor mit Bariton-Stimme seine Fans zum Schunkeln - nun feiert sein Album 'Mit freundlichen Grüßen' einen Verkaufsrekord. Alle Songs sind Cover-Versionen von Bands, die als Gegenprogramm zum deutschen Schlager gelten dürften. Was für ein Triumph!
Seine Frau nennt ihn eine "coole Sau".
SZ: Herr Heino, was ist das für ein Gefühl, wenn man mit 74 Jahren noch mal das komplette Musikgeschäft auf den Kopf stellt?
Heino: Ein ganz wunderbares! Ich könnte Sie umarmen!
Noch nie wurde das Album eines deutschen Sängers in den ersten drei Tagen so oft aus dem Internet heruntergeladen wie Ihre aktuelle CD. Dabei handelt es sich um, nun ja, äußerst eigenwillige Cover-Versionen.
Ich bin mit der Idee ja schon sehr lange schwanger gegangen. Vor eineinhalb Jahren bin ich auf Schalke bei etwas aufgetreten, das ich als 'modernes Schlagerfestival' bezeichnen würde, also Ballermann-Zeugs und so. Da sitzen 35 000 Leute im Publikum, und ich stehe mit meiner Band auf der Bühne. Und wissen Sie, was dann passiert? Die komplette Arena ruft auf einmal: 'Außer Heino können alle nach Hause gehen!' Ganz spontaner Sprechchor. Also, das rührt einen doch! Da hatte ich das Gefühl: Jetzt tu ich mal was für die Leute.
Gut, aber, dass Sie sich gleich an Peter Fox und Oomph! vergehen müssen ...
Die Idee kam aus meinem sehr jungen Umfeld. Mein Produzent und mein Manager sind ja nur halb so alt wie ich. Die haben mir ein paar Songs ausgesucht. Viele Künstler kannte ich natürlich, zum Beispiel Westernhagen, Nena, die Fantastischen Vier oder Rammstein. Manche habe ich aber auch erst durch sie kennengelernt. Stiller zum Beispiel.
Die Sportfreunde Stiller?
Ja, richtig. Und da ich schon an der Schule Singen gelernt habe, war die Interpretation für mich überhaupt kein Problem. Das sind ja einfach nur Schlager der Neuzeit.
In Ihrem künstlerischen Leben haben Sie schon so einiges übergebraten bekommen. Gerade von Seiten der sogenannten Spaßfraktion. Und jetzt plötzlich drehen Sie den Spieß um und zeigen: Eure Texte sind auch nicht besser als meine.
So isses. Und das sollen die ruhig mal aushalten. Das ist sicher nicht einfach für die. Bislang haben diese Bands nämlich von sich gedacht, sie hätten was ganz Neues erfunden. Ist aber gar nicht so. Auf Rädern wurde schon vorher gefahren. Es gibt 26 Buchstaben und 12 Töne. Da kommt nur noch drauf an, was man draus macht.
'Und wie du wieder aussiehst - Löcher in der Hose, und ständig dieser Lärm!' Bei den Ärzten klingt so eine Textzeile ironisch. Bei Ihnen klingt das ernst.
Da siehste mal! Ich habe meine Texte schon immer ernst gemeint, warum sollte es hier anders sein? Ob ich jetzt singe: 'Junge, komm bald wieder' oder 'Junge, brich Deiner Mutter nicht das Herz'. Für mich ist das das Gleiche.
Wie ist es mit Stephan Remmlers Textzeile: 'Flieg zu ihr hin/Sag ihr, ich bin allein/Vogel der Nacht/Sie muss mir verzeihen'? Ist das noch Tragik? Oder schon Komik?
Das hätte ich vor 30 Jahren auch schon singen können, hätte ganz gut zu mir gepasst. Es ist ja so: Dass Künstler aus etwas Ernstem etwas Lustiges machen, das kennt man zur Genüge. Ich aber mache aus etwas Lustigem etwas Ernsthaftes. Und das hat eine neue Dimension, das kommt gut an.
Ein Zeichen für die 'neue Spießigkeit'?
Vielleicht. Jedenfalls lassen sich die Leute wieder gerne mit mir fotografieren.
Am Anfang hieß es: Jetzt ist Rammstein auf Heino sauer - und Die Ärzte sind auch sauer, weil Heino ihre Lieder singt. Stimmt das? Haben Sie irgendwelche direkten Reaktionen dieser Bands oder gar Anwaltsschreiben erhalten?
Ach, für das Nachsingen der Songs musste ich die ja nicht um Erlaubnis fragen. Das sieht das deutsche Urheberrecht nicht vor. Aber wir wollten mit einigen der Künstler gerne schöne Videos machen. Also haben wir freundlich angefragt - uns von denen aber nur kategorische Absagen eingehandelt. Am meisten ausgekotzt haben sich die Ärzte, die meinten: 'So ein Scheiß. Allein schon wegen dieser Anfrage könnt" ich mich übergeben.' Gut, das kennt man ja. Da habe ich eine ganz andere Kinderstube. Der Manager von den Ärzten hat sogar noch die Frechheit besessen und mich gefragt, ob er mich in Zukunft 'Heini' nennen darf. Also, wissen Sie, das ist alles dermaßen lächerlich!
Früher wusste jeder: Wenn Otto Waalkes oder Norbert Hähnel sich Sonnenbrille und Perücke aufziehen, dann ist das ulkig. Wenn Heino aber 'Schwarzbraun ist die Haselnuss' singt, dann wird"s so richtig gruselig. Wieso rühren Sie alle alten Kategorien jetzt durcheinander?
Is dat nich schön? Dat is" doch herrlich. Gestern bin ich nach Baden-Baden gefahren. Mit "nem Aufkleber 'Heino on Tour' hinten auf dem Mietwagen. Sie glauben gar nicht, wie viele Leute uns auf der Autobahn hupend überholt haben und uns begeistert zuwinkten. Das macht doch Freude, Lieber. Und wenn ich ganz ehrlich bin: Dieses Zeug, das ich da gecovert habe, das bewegt sich vom Tonumfang her vielleicht mal innerhalb einer halben Oktave. Musikalisch gesehen: total lächerlich. Da ist das 'Enzian'-Lied deutlich anspruchsvoller, das können Sie mir glauben.
Stört es Sie eigentlich, dass neben Till Lindemann und Ihnen auch weniger rühmliche Gestalten der deutschen Geschichte das 'R' in einer durchaus vergleichbaren Art gerollt haben?
Dat is mir doch wurscht! Ich habe mal Gesang studiert. Und damals wurde das R eben gerollt. Die Ärzte waren damals noch nicht mal geboren.
Ihre Frau nennt Sie jetzt angeblich eine 'coole Sau'?
So hat die mich schon früher genannt. Und wissen Sie, warum? Weil ich auch Mozart, Bach, Schubert und Tschaikowsky singen kann - und das 'Ave Maria' in der Kirche. Ohne dass es peinlich wird. Das kann weder Westernhagen noch Rammstein. Ich habe in meiner 50-jährigen Karriere mehr als 1500 Lieder gesungen. Machen Sie mir das mal nach.
Touren Sie, Enkel eines Kölner Dom-Organisten, bald durch Discotheken?
Hören Sie: Ich habe jetzt lediglich mal mein Repertoire aufgefrischt, in Discos gehe ich deshalb noch lange nicht. Wenn ein 15-Jähriger zu mir ins Konzert kommen will - gerne! Meine älteren Fans werden mit geschwellter Brust daneben sitzen. Für uns alle ist das eine späte Genugtuung. Manchmal ist das Leben auch gerecht.
Schlagersänger Heino wurde als Heinz Georg Kramm im Jahr 1938 in Düsseldorf-Oberbilk geboren. Auch wenn seine Interpretation deutscher Volkslieder nicht überall geschätzt wird: Der Bekanntheitsgrad des Sohnes eines im Krieg gefallenen Zahnarztes tendiert hierzulande gegen 100 Prozent. Seit fünf Jahrzehnten bringt der gelernte Konditor mit Bariton-Stimme seine Fans zum Schunkeln - nun feiert sein Album 'Mit freundlichen Grüßen' einen Verkaufsrekord. Alle Songs sind Cover-Versionen von Bands, die als Gegenprogramm zum deutschen Schlager gelten dürften. Was für ein Triumph!
Seine Frau nennt ihn eine "coole Sau".
SZ: Herr Heino, was ist das für ein Gefühl, wenn man mit 74 Jahren noch mal das komplette Musikgeschäft auf den Kopf stellt?
Heino: Ein ganz wunderbares! Ich könnte Sie umarmen!
Noch nie wurde das Album eines deutschen Sängers in den ersten drei Tagen so oft aus dem Internet heruntergeladen wie Ihre aktuelle CD. Dabei handelt es sich um, nun ja, äußerst eigenwillige Cover-Versionen.
Ich bin mit der Idee ja schon sehr lange schwanger gegangen. Vor eineinhalb Jahren bin ich auf Schalke bei etwas aufgetreten, das ich als 'modernes Schlagerfestival' bezeichnen würde, also Ballermann-Zeugs und so. Da sitzen 35 000 Leute im Publikum, und ich stehe mit meiner Band auf der Bühne. Und wissen Sie, was dann passiert? Die komplette Arena ruft auf einmal: 'Außer Heino können alle nach Hause gehen!' Ganz spontaner Sprechchor. Also, das rührt einen doch! Da hatte ich das Gefühl: Jetzt tu ich mal was für die Leute.
Gut, aber, dass Sie sich gleich an Peter Fox und Oomph! vergehen müssen ...
Die Idee kam aus meinem sehr jungen Umfeld. Mein Produzent und mein Manager sind ja nur halb so alt wie ich. Die haben mir ein paar Songs ausgesucht. Viele Künstler kannte ich natürlich, zum Beispiel Westernhagen, Nena, die Fantastischen Vier oder Rammstein. Manche habe ich aber auch erst durch sie kennengelernt. Stiller zum Beispiel.
Die Sportfreunde Stiller?
Ja, richtig. Und da ich schon an der Schule Singen gelernt habe, war die Interpretation für mich überhaupt kein Problem. Das sind ja einfach nur Schlager der Neuzeit.
In Ihrem künstlerischen Leben haben Sie schon so einiges übergebraten bekommen. Gerade von Seiten der sogenannten Spaßfraktion. Und jetzt plötzlich drehen Sie den Spieß um und zeigen: Eure Texte sind auch nicht besser als meine.
So isses. Und das sollen die ruhig mal aushalten. Das ist sicher nicht einfach für die. Bislang haben diese Bands nämlich von sich gedacht, sie hätten was ganz Neues erfunden. Ist aber gar nicht so. Auf Rädern wurde schon vorher gefahren. Es gibt 26 Buchstaben und 12 Töne. Da kommt nur noch drauf an, was man draus macht.
'Und wie du wieder aussiehst - Löcher in der Hose, und ständig dieser Lärm!' Bei den Ärzten klingt so eine Textzeile ironisch. Bei Ihnen klingt das ernst.
Da siehste mal! Ich habe meine Texte schon immer ernst gemeint, warum sollte es hier anders sein? Ob ich jetzt singe: 'Junge, komm bald wieder' oder 'Junge, brich Deiner Mutter nicht das Herz'. Für mich ist das das Gleiche.
Wie ist es mit Stephan Remmlers Textzeile: 'Flieg zu ihr hin/Sag ihr, ich bin allein/Vogel der Nacht/Sie muss mir verzeihen'? Ist das noch Tragik? Oder schon Komik?
Das hätte ich vor 30 Jahren auch schon singen können, hätte ganz gut zu mir gepasst. Es ist ja so: Dass Künstler aus etwas Ernstem etwas Lustiges machen, das kennt man zur Genüge. Ich aber mache aus etwas Lustigem etwas Ernsthaftes. Und das hat eine neue Dimension, das kommt gut an.
Ein Zeichen für die 'neue Spießigkeit'?
Vielleicht. Jedenfalls lassen sich die Leute wieder gerne mit mir fotografieren.
Am Anfang hieß es: Jetzt ist Rammstein auf Heino sauer - und Die Ärzte sind auch sauer, weil Heino ihre Lieder singt. Stimmt das? Haben Sie irgendwelche direkten Reaktionen dieser Bands oder gar Anwaltsschreiben erhalten?
Ach, für das Nachsingen der Songs musste ich die ja nicht um Erlaubnis fragen. Das sieht das deutsche Urheberrecht nicht vor. Aber wir wollten mit einigen der Künstler gerne schöne Videos machen. Also haben wir freundlich angefragt - uns von denen aber nur kategorische Absagen eingehandelt. Am meisten ausgekotzt haben sich die Ärzte, die meinten: 'So ein Scheiß. Allein schon wegen dieser Anfrage könnt" ich mich übergeben.' Gut, das kennt man ja. Da habe ich eine ganz andere Kinderstube. Der Manager von den Ärzten hat sogar noch die Frechheit besessen und mich gefragt, ob er mich in Zukunft 'Heini' nennen darf. Also, wissen Sie, das ist alles dermaßen lächerlich!
Früher wusste jeder: Wenn Otto Waalkes oder Norbert Hähnel sich Sonnenbrille und Perücke aufziehen, dann ist das ulkig. Wenn Heino aber 'Schwarzbraun ist die Haselnuss' singt, dann wird"s so richtig gruselig. Wieso rühren Sie alle alten Kategorien jetzt durcheinander?
Is dat nich schön? Dat is" doch herrlich. Gestern bin ich nach Baden-Baden gefahren. Mit "nem Aufkleber 'Heino on Tour' hinten auf dem Mietwagen. Sie glauben gar nicht, wie viele Leute uns auf der Autobahn hupend überholt haben und uns begeistert zuwinkten. Das macht doch Freude, Lieber. Und wenn ich ganz ehrlich bin: Dieses Zeug, das ich da gecovert habe, das bewegt sich vom Tonumfang her vielleicht mal innerhalb einer halben Oktave. Musikalisch gesehen: total lächerlich. Da ist das 'Enzian'-Lied deutlich anspruchsvoller, das können Sie mir glauben.
Stört es Sie eigentlich, dass neben Till Lindemann und Ihnen auch weniger rühmliche Gestalten der deutschen Geschichte das 'R' in einer durchaus vergleichbaren Art gerollt haben?
Dat is mir doch wurscht! Ich habe mal Gesang studiert. Und damals wurde das R eben gerollt. Die Ärzte waren damals noch nicht mal geboren.
Ihre Frau nennt Sie jetzt angeblich eine 'coole Sau'?
So hat die mich schon früher genannt. Und wissen Sie, warum? Weil ich auch Mozart, Bach, Schubert und Tschaikowsky singen kann - und das 'Ave Maria' in der Kirche. Ohne dass es peinlich wird. Das kann weder Westernhagen noch Rammstein. Ich habe in meiner 50-jährigen Karriere mehr als 1500 Lieder gesungen. Machen Sie mir das mal nach.
Touren Sie, Enkel eines Kölner Dom-Organisten, bald durch Discotheken?
Hören Sie: Ich habe jetzt lediglich mal mein Repertoire aufgefrischt, in Discos gehe ich deshalb noch lange nicht. Wenn ein 15-Jähriger zu mir ins Konzert kommen will - gerne! Meine älteren Fans werden mit geschwellter Brust daneben sitzen. Für uns alle ist das eine späte Genugtuung. Manchmal ist das Leben auch gerecht.