Immer mehr Drei- bis Fünfjährige gehen über iPads und Smartphones ins Internet, wie eine neue Studie zeigt. Die Geräte sind schließlich kinderleicht zu bedienen. Aber sind die Inhalte für Kleinkinder geeignet?
München - 'Ich bin drin. Das ist ja einfach.' Tennisprofi Boris Becker schaut fassungslos auf seinen Bildschirm. Er ist tatsächlich online. Wie kinderleicht das gehen kann, wollte der amerikanische Netzdienst AOL den Deutschen 1999 mit diesem oft verspotteten Werbespot zeigen. Doch AOL hat Recht behalten: Wer heute auf der Videoplattform YouTube die Suchbegriffe 'iPad' und 'Baby' eingibt, kann sehen, wie wenig man können muss, um drin zu sein, im Internet: Kleinkinder wischen glucksend über Displays mobiler Geräte, spielen online, sehen Videos an. W-Lan ist ständig verfügbar, Altersuntergrenzen gibt es kaum noch.
Kinderleicht zu bedienen, aber auch für Kinder geeignet?
Eine Studie aus Österreich hat den Internetkonsum Drei- bis Sechsjähriger untersucht und festgestellt: In mehr als zwei Dritteln der befragten Familien haben Vorschulkinder mit internetfähigen Geräten zu tun. 52 Prozent der Kinder waren schon im Netz, 41 Prozent sogar regelmäßig. Spiele, Videos und Fotos seien bei den Kleinsten besonders beliebt, sagt Bernhard Jungwirth, Leiter des österreichischen Instituts für Telekommunikation Öiat, das die Studie zum 'Safer Internet Day' am 5. Februar veröffentlicht hat. Am höchsten sei die Nutzung, wenn ein Tablet im Haus sei.
In Deutschland ist eine ähnliche Entwicklung zu beobachten, wie in Jungwirths Studie, wenn auch der Anteil der Kleinkinder hierzulande geringer ist. Die KIM-Studie des Medienpädagogischen Forschungsbunds Südwest untersucht seit mehr als zehn Jahren, wie Kinder mit Computer und Internet umgehen. 2013 wird erstmals die Gruppe der zwei bis fünf Jahre alten Kinder behandelt. Bisher begann die Untersuchung bei Sechsjährigen. Für KIM-Forscher Thomas Rathgeb ist die frühe Nutzung durchaus problematisch. 'Kinderleichte Bedienung' bedeute nicht, 'dass die Inhalte auch für Kinder geeignet sind.'
Wie viel und vor allem ab wann Internet-Angebote sinnvoll sind - darüber gibt es unterschiedliche Auffassungen. Der Ulmer Hirnforscher Manfred Spitzer warnt: 'Zu frühe Internet-Nutzung macht Kinder dumm.' Er befürchtet, dass es dadurch zu schlechterer Konzentrationsfähigkeit und verlangsamtem Denken führt und rät, Kinder unter drei Jahren nie 'vor Bildschirme zu setzen.'
Das abschreckende Bild blasser Kleinkinder, die im Schummerlicht eines Monitors geparkt werden, habe mit der Realität wenig zu tun, findet Medienpädagoge Stefan Aufenanger von der Universität Mainz. Der 63-Jährige beobachtet begeistert, wie seine Enkel, fünf und acht Jahre alt, das Netz erkunden. 'Wir können online Das verrückte Labyrinth gegeneinander spielen, ich in Mainz und sie in den Niederlanden.' Außerdem gebe es 'tolle Angebote', mit denen Kinder selbstständig das Netz entdecken können, die Suchmaschinen fragfinn.de und blinde-kuh.de etwa.
Wichtig sei jedoch, dass Eltern kleine Kinder im Netz begleiten, sie bei ihren ersten Schritten an die Hand nehmen. Sonst drohen eventuell hohe Kosten, außerdem sind die Inhalte nicht immer geeignet. 'Wer seinem Kind eine App zum Spielen gibt, sollte sie ausprobiert haben', fordert Aufenanger. Das sieht auch Jutta Croll so, Sprecherin einer Fachkommission des Zentrums für Kinderschutz im Internet. Im Dialog Internet des Bundesfamilienministeriums soll diese zeitgemäße Kinder- und Jugendnetzpolitik erarbeiten. 'Im Prinzip geht es um intelligentes Risikomanagement' sagt Croll. Verantwortungsbewusste Medienerziehung sei nicht durch leicht zu umgehende technische Filter erledigt. Bei den Kleinsten könne das funktionieren, ein paar Jahre später nicht mehr.
Die Erwachsenen sollten wissen, welche Welt ihre Kinder da betreten - und wie die funktioniert. 'Viele Eltern ahnen zum Beispiel nicht, dass man auch mit einer Spielkonsole online gehen kann' berichtet Croll. Doch hier tut sich etwas. Viele junge Eltern surfen jeden Tag im Netz und kennen sich gut aus. Was Medienpädagoge Aufenanger 'Veralltäglichung des Internets' nennt, erleichtert die Kommunikation in den Familien erheblich.
Beim Abendessen nicht auf das Smartphone schielen: Regeln wie diese fallen auch manchen Eltern schwer. 'Letztlich unterscheiden sich die ethisch-moralischen Werte zwischen realem Leben und Internet kaum', glaubt Jutta Croll von der Jugendschutzinitiative. 'Man muss aber wissen: Für Kinder verwischt diese Grenze.' Wie Medienpädagoge Aufenanger plädiert sie dafür, natürlich mit dem Netz umzugehen.
Mit Montessori-Apps zum Malen und Buchstaben-Lernen oder liebevoll animierten Bilderbüchern könne man Zweijährige ans Internet heranführen, glaubt Aufenanger. 'Man muss es aber auch nicht.' Wirklich relevant werde das Netz erst, wenn Kinder etwa zehn Jahre alt sind, beobachtet KIM-Forscher Rathgeb. Obgleich sie schon früher mit dem Netz in Kontakt kämen, sei es in den ersten Lebensjahren nicht mehr als ein Spielzeug.
Doch auch ein Spielzeug kann negative Folgen haben. 'Das Internet ist ein schlimmer Zeitfresser' findet Medienpädagoge Aufenanger. Sein Tipp für Eltern: Wenn Freunde lieber draußen spielen wollen, sofort das Tablet fallen lassen.
München - 'Ich bin drin. Das ist ja einfach.' Tennisprofi Boris Becker schaut fassungslos auf seinen Bildschirm. Er ist tatsächlich online. Wie kinderleicht das gehen kann, wollte der amerikanische Netzdienst AOL den Deutschen 1999 mit diesem oft verspotteten Werbespot zeigen. Doch AOL hat Recht behalten: Wer heute auf der Videoplattform YouTube die Suchbegriffe 'iPad' und 'Baby' eingibt, kann sehen, wie wenig man können muss, um drin zu sein, im Internet: Kleinkinder wischen glucksend über Displays mobiler Geräte, spielen online, sehen Videos an. W-Lan ist ständig verfügbar, Altersuntergrenzen gibt es kaum noch.
Kinderleicht zu bedienen, aber auch für Kinder geeignet?
Eine Studie aus Österreich hat den Internetkonsum Drei- bis Sechsjähriger untersucht und festgestellt: In mehr als zwei Dritteln der befragten Familien haben Vorschulkinder mit internetfähigen Geräten zu tun. 52 Prozent der Kinder waren schon im Netz, 41 Prozent sogar regelmäßig. Spiele, Videos und Fotos seien bei den Kleinsten besonders beliebt, sagt Bernhard Jungwirth, Leiter des österreichischen Instituts für Telekommunikation Öiat, das die Studie zum 'Safer Internet Day' am 5. Februar veröffentlicht hat. Am höchsten sei die Nutzung, wenn ein Tablet im Haus sei.
In Deutschland ist eine ähnliche Entwicklung zu beobachten, wie in Jungwirths Studie, wenn auch der Anteil der Kleinkinder hierzulande geringer ist. Die KIM-Studie des Medienpädagogischen Forschungsbunds Südwest untersucht seit mehr als zehn Jahren, wie Kinder mit Computer und Internet umgehen. 2013 wird erstmals die Gruppe der zwei bis fünf Jahre alten Kinder behandelt. Bisher begann die Untersuchung bei Sechsjährigen. Für KIM-Forscher Thomas Rathgeb ist die frühe Nutzung durchaus problematisch. 'Kinderleichte Bedienung' bedeute nicht, 'dass die Inhalte auch für Kinder geeignet sind.'
Wie viel und vor allem ab wann Internet-Angebote sinnvoll sind - darüber gibt es unterschiedliche Auffassungen. Der Ulmer Hirnforscher Manfred Spitzer warnt: 'Zu frühe Internet-Nutzung macht Kinder dumm.' Er befürchtet, dass es dadurch zu schlechterer Konzentrationsfähigkeit und verlangsamtem Denken führt und rät, Kinder unter drei Jahren nie 'vor Bildschirme zu setzen.'
Das abschreckende Bild blasser Kleinkinder, die im Schummerlicht eines Monitors geparkt werden, habe mit der Realität wenig zu tun, findet Medienpädagoge Stefan Aufenanger von der Universität Mainz. Der 63-Jährige beobachtet begeistert, wie seine Enkel, fünf und acht Jahre alt, das Netz erkunden. 'Wir können online Das verrückte Labyrinth gegeneinander spielen, ich in Mainz und sie in den Niederlanden.' Außerdem gebe es 'tolle Angebote', mit denen Kinder selbstständig das Netz entdecken können, die Suchmaschinen fragfinn.de und blinde-kuh.de etwa.
Wichtig sei jedoch, dass Eltern kleine Kinder im Netz begleiten, sie bei ihren ersten Schritten an die Hand nehmen. Sonst drohen eventuell hohe Kosten, außerdem sind die Inhalte nicht immer geeignet. 'Wer seinem Kind eine App zum Spielen gibt, sollte sie ausprobiert haben', fordert Aufenanger. Das sieht auch Jutta Croll so, Sprecherin einer Fachkommission des Zentrums für Kinderschutz im Internet. Im Dialog Internet des Bundesfamilienministeriums soll diese zeitgemäße Kinder- und Jugendnetzpolitik erarbeiten. 'Im Prinzip geht es um intelligentes Risikomanagement' sagt Croll. Verantwortungsbewusste Medienerziehung sei nicht durch leicht zu umgehende technische Filter erledigt. Bei den Kleinsten könne das funktionieren, ein paar Jahre später nicht mehr.
Die Erwachsenen sollten wissen, welche Welt ihre Kinder da betreten - und wie die funktioniert. 'Viele Eltern ahnen zum Beispiel nicht, dass man auch mit einer Spielkonsole online gehen kann' berichtet Croll. Doch hier tut sich etwas. Viele junge Eltern surfen jeden Tag im Netz und kennen sich gut aus. Was Medienpädagoge Aufenanger 'Veralltäglichung des Internets' nennt, erleichtert die Kommunikation in den Familien erheblich.
Beim Abendessen nicht auf das Smartphone schielen: Regeln wie diese fallen auch manchen Eltern schwer. 'Letztlich unterscheiden sich die ethisch-moralischen Werte zwischen realem Leben und Internet kaum', glaubt Jutta Croll von der Jugendschutzinitiative. 'Man muss aber wissen: Für Kinder verwischt diese Grenze.' Wie Medienpädagoge Aufenanger plädiert sie dafür, natürlich mit dem Netz umzugehen.
Mit Montessori-Apps zum Malen und Buchstaben-Lernen oder liebevoll animierten Bilderbüchern könne man Zweijährige ans Internet heranführen, glaubt Aufenanger. 'Man muss es aber auch nicht.' Wirklich relevant werde das Netz erst, wenn Kinder etwa zehn Jahre alt sind, beobachtet KIM-Forscher Rathgeb. Obgleich sie schon früher mit dem Netz in Kontakt kämen, sei es in den ersten Lebensjahren nicht mehr als ein Spielzeug.
Doch auch ein Spielzeug kann negative Folgen haben. 'Das Internet ist ein schlimmer Zeitfresser' findet Medienpädagoge Aufenanger. Sein Tipp für Eltern: Wenn Freunde lieber draußen spielen wollen, sofort das Tablet fallen lassen.