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Sind wir jung

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In Los Angeles wurden am Sonntag zum 55. Mal die Grammy Awards verliehen.

Es gab zu den diesjährigen Grammys, wie immer nach der Verleihung von großen Preisen, so einige Schlagzeilen, die schnell in Umlauf kamen. Tatsächlich gab es bei den 55. Grammy Awards, die am Sonntag in Los Angeles verliehen wurden, aber weder einen großen 'Überraschungssieger', noch war es ein großer Abend für die Frauen im Pop. In der angesehensten Kategorie des berühmtesten Musikpreises der Welt - der Kategorie 'Album des Jahres' - war nicht einmal eine Frau nominiert. Gewonnen hat schließlich Mumford & Sons mit 'Babel'.



"Babel" von Mumford & Sons ist bei den Grammys als bestes Album ausgezeichnet worden
 
Viel erstaunlicher war, dass neben dieser zuletzt sehr erfolgreichen, aber doch auch sehr braven britischen Band (die ziemlich amerikanischen Country-Folk macht) nicht nur der Mainstream-Indie-Pop der in Deutschland noch vergleichsweise unbekannten New Yorker Band Fun nominiert war. Auf der Shortlist standen auch das großartige Indie-Bluesrock-Duo The Black Keys, der Indie-Bluesrock-König Jack White und der über alle Zweifel erhabene neue Retter des R"n"B Frank Ocean. Von dieser Würdigung von Qualität durch den Mainstream ist man anderswo noch ein Stück entfernt. Die Tatsache, dass die Grammys nicht von der Musikindustrie, sondern von der NARAS verliehen werden, also den 6000 Musikern, Musik-Produzenten und Ton-Ingenieuren der 'National Academy of Recording Arts and Sciences', könnte ein Grund dafür sein.

Den Preis für die 'Aufnahme des Jahres' bekam der belgisch-australische Sänger und Songwriter Gotye für seinen im vergangenen Jahr unumgänglichen Hit 'Somebody That I Used To Know'. Der Grammy für den 'Song des Jahres' ging an 'We Are Young' von Fun, den die Fernsehserie Glee und schließlich der Super Bowl zum über sechs Millionen Mal verkauften Superhit machten. Fun wurde auch als 'Best New Artist' ausgezeichnet. Leider. Die künstlerisch ungleich wertvollere und vor allem wegweisendere Entscheidung wäre hier natürlich Frank Ocean gewesen. Aber so weit sind wohl auch die Grammys noch nicht. Kanye West hat seine 21 Grammys ja bislang auch nur in Nebenkategorien bekommen. In diesem Jahr gewann er mit Jay-Z und ihrem gemeinsamen Song 'Niggas In Paris' völlig zu Recht in den Kategorien 'Best Rap Song' und 'Best Rap Performance'. Außerdem bekam er für 'No Church In The Wild' mit Jay-Z und Frank Ocean den Preis 'Best Rap/Sung Collaboration'. Die meisten Grammys, nämlich insgesamt vier, erhielten in diesem Jahr ebenso völlig zu Recht die Black Keys.

Hätte Esperanza Spalding nicht zwei Jazz-Grammys für ihr Album 'Radio Music Society' bekommen, hätte man endgültig den Eindruck haben können, im Jazz seien inzwischen die Türen geschlossen: Chick Corea und Garry Burton wurden für die beste Improvisation ausgezeichnet, Pat Metheny für das beste Instrumental-, Arturo Sandoval für das beste Großensemble-, Clare Fisher für das beste Latin-Jazz-Album und Gil Evans für das beste Arrangement - alles Künstler die ihre besten Ideen und großen Momente allesamt im 20. Jahrhundert hatten. Pianist Robert Glasper, der zuletzt die Gegenwart am offensivsten in den Jazz gebracht hat, wurde dagegen mit einem Grammy für das beste R&B-Album kurzerhand aus dem Genre geworfen.

Auch der Blick in die Klassik-Auszeichnungen ist aufschlussreich: Gewonnen haben diesmal das San Francisco Symphony Orchestra, eine hierzulande kaum beachtete DVD-Produktion von Wagners 'Ring' an der New Yorker Met mit James Levine und eine CD mit Werken des 1953 geborenen amerikanischen Chor-Komponisten René Clausen, gesungen vom Kansas City Chorale. Immerhin ist Europa in drei siegreichen Produktionen involviert: die amerikanische Bratschistin Kim Kashkashian lehrt in Berlin und gewann mit Werken von Kurtág und Ligeti, die amerikanische Sopranistin Renée Fleming wird t vom Orchestre National De France begleitet, und als bestes Classical Compendium wurde eine Penderecki-CD ausgezeichnet.

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