Ein Interview mit James Franco über Hollywood, Multitasking und seine Stelle als Professor.
SZ: Guten Morgen, Mister Franco.
James Franco: Hätten Sie etwas dagegen, wenn einer meiner Studenten bei unserem Interview dabei ist?
Nett, dass Sie fragen. Aber um ehrlich zu sein: Ich hätte Sie lieber für mich allein.
Okay, verstehe, kein Problem.
"Ich schlafe wenig, maximal fünf Stunden am Stück, oft nur drei."
Eine Studenten-Entourage also. Ist das ein neues Hollywood-Statussymbol, von dem wir hier noch nicht gehört haben?
Aber nein. Neben der Schauspielerei unterrichte ich 'Kreatives Schreiben' an der University of California. Und das Fach 'Regie' an der New York University. In diesem Semester beispielsweise entwickle ich mit meiner Klasse ein Drehbuch. Zwei meiner Studenten begleiten meinen dreitägigen Trip hier auf die Berlinale mit der Kamera. Ein Experiment, bei dem es darum geht, die internationale Promotion für einen großen Blockbuster zu dokumentieren. . .
. . . nämlich die von Ihrem neuen Disney-Film 'Die phantastische Welt von Oz'.
Richtig. Ich will meinen Studenten einen Blick hinter die Celebrity-Kulisse ermöglichen. Die Inszenierung, in der jeder eine Rolle zugeteilt bekommt.
Interessant: Obwohl Sie Teil dieses Systems sind, hinterfragen Sie die Mechanismen?
Ich untersuche eher die Wirkung. Wenn ich das nicht tun könnte, würde es mich in den Wahnsinn treiben. Und die Studenten erleben hautnah, wie so ein kulturelles Produkt produziert, eine Illusion kreiert wird.
Sind Sie mit 34 nicht ein bisschen jung, um Professor zu sein?
Warum denn das? In den USA ist das universitäre System sehr viel durchlässiger als beispielsweise in Deutschland, und es wird begrüßt, wenn Leute praktische Erfahrung mitbringen. Zumal ich ja auch diverse akademische Abschlüsse habe. Gleichzeitig bin ich an der Yale University eingeschrieben, um meinen Doktor in Literatur zu machen.
Klingt absolut schwindelerregend. Sie könnten es nach Blockbustern wie 'Spiderman' doch mal ein bisschen langsamer angehen lassen?
Aber mir macht dieses mehrgleisige Leben Spaß, ich finde den Austausch inspirierend.
Man hört eben selten, dass jemand mit einer erfolgreichen Hollywood-Karriere Zweit- und Drittjobs hat.
Das mag unüblich sein, aber ich denke: Warum soll ich mich auf eine Sache beschränken? Damit die Kollegen nicht nervös werden? Damit man mich genau einordnen kann, oder andere sich nicht faul fühlen?
Wie bewältigen Sie das alles zeitlich?
Ich schlafe wenig, maximal fünf Stunden am Stück, oft nur drei. Dafür mache ich während des Tages immer wieder Power Naps. Kein Alkohol, keine Zigaretten, keine Drogen, viel Kaffee.
Und während Ihre Kollegen zum Pilates oder Kabbala-Kurs gehen . . .
. . . fliege ich zwischen Ost- und Westküste hin und her. Schaffe ich es mal nicht zu einer Vorlesung, skype ich mit den Studenten oder hole den Kurs am Wochenende nach.
Drängeln sich die Studenten nicht schon aufgrund Ihrer Prominenz in die Kurse?
Klar, der Promi-Faktor schürt anfangs die Neugier. Ich werde aber nur wieder engagiert, wenn der Kurs am Ende wirklich interessant war. Wenn ich meine Professur nicht ernst nehmen würde, könnte ich mein Versagen am nächsten Tag sofort im Internet nachlesen.
Sind Sie das Kind der modernen Lehre, dass man heute breit aufgestellt sein muss, superflexibel, Multitasker . . .
. . . ich sehe mich eher als vielseitig interessierter Kreativer.
Sie mögen das Wort Multitasker nicht?
Eigentlich schon. Nur leider impliziert es, dass jemand viel, aber nichts richtig macht. Dabei ist Multitasking ein Talent, das mehr geschätzt werden sollte. Oder besser noch: Wer es jetzt noch nicht kann, sollte es lernen. Und mit Multitasking meine ich nicht, beim Autofahren zu telefonieren, sondern sich auf ein zweites Projekt zu konzentrieren, während woanders gerade Stillstand herrscht. In meinem Fall heißt das konkret: drehfreie Tage am Set zu nutzen, um zu malen. Manchmal miete ich mir dafür ein zweites Hotelzimmer. So habe ich es am Set von 'Die phantastische Welt von Oz' gemacht: meine Ausstellung 'Gay Town' vorbereitet . . .
. .. die jetzt hier auch noch parallel in Berlin zu sehen ist. Apropos Gay: Seit Sie Sean Penns Geliebten in 'Milk' gespielt haben, verehren die Schwulen Sie. Und die Mädchen rätseln, ob Sie tatsächlich homosexuell sind . . .
Genau darauf bezieht sich ja der Titel meiner Ausstellung. Es gibt Bilder, Videoinstallationen, und die Wände der Ausstellung sind mit Blankets behangen. Auf ungefähr 387 dieser Decken habe ich mit Laserprint Blogeinträge oder Yellowpress-Artikel drucken lassen und dann kommentiert. Ich spiele mit meinem Medienimage und den Spekulationen über meine Sexualität.
Tja, aber - warum?
Es ist mein Ventil! Im Internet wird der größte Schwachsinn über Prominente verzapft. Die meisten meiner Kollegen sagen zwar, sie lesen das alles nicht, tun es aber trotzdem. Und bekommen davon Magengeschwüre. . .
. . . während Sie den Klatsch lieber zu Kunst weiterverarbeiten?
So weit würde ich gar nicht gehen. Aber für mich verlieren die Behauptungen und Spekulationen ihre Macht, sobald ich auf sie künstlerisch reagiere. So komme ich mit der ungeheuren Distanzlosigkeit, dem Umstand viel besser klar, dass heute jeder öffentlich über jeden alles behaupten kann.
Ein Hollywood-Star, der sich selbst zum Zentrum seiner Werke macht, hat eine Profilneurose, oder?
Das ist Ihre Außenperspektive. Ich habe schon immer gerne gemalt und gezeichnet. Es hat sich eben so ergeben, dass ich als Schauspieler recht schnell Erfolg hatte. Dann folgte eine Phase, in der ich unzufrieden wurde, weil ich mein Potenzial nicht ausschöpfte. Als Schauspieler trägt man meist nur dazu bei, den kreativen Traum eines anderen umzusetzen, ich stand wie ein Schnellkochtopf unter Druck: so viele Ideen, so viele Interessen, so viele Möglichkeiten! Ich sehnte mich danach auszudrücken, was sich in meinem Kopf abspielte.
Was sagt Ihr Hollywood-Agent zu Ihren künstlerischen Ambitionen?
Oh, am Anfang haben sie ihn irritiert. Er hatte Sorge, dass ich mein Image als Schauspieler beschädigen könnte. Agenten geht es eher selten um die persönliche Weiterentwicklung. Sie setzen ihr Talent in erster Linie ein, um Geld zu verdienen. Inzwischen hat meiner aber gemerkt, dass die Kunst erst mich und dann auch meine Arbeit als Schauspieler beflügelt. Meine Rede: Alles befruchtet sich gegenseitig. Nur ein Beispiel: Ich bin Model in den Werbeanzeigen für Gucci. Und jetzt hängen die Lederjacken als Teil einer Kunstinstallation in dieser Ausstellung.
Werden Sie dadurch automatisch auch Kunst? Und bleiben Sie durch Ihre Mehrgleisigkeit nicht auch immer der Outlaw: für die Künstler der glitzernde Hollywood-Star, für die Schauspieler der rebellische Wilde?
Tja. Vor allem die Künstler haben mit James Franco, dem Schauspieler, so ihre Probleme. Besonders in Los Angeles. Das liegt daran, dass diese Stadt vom Filmbusiness dominiert wird. Das nervt die Künstler generell. Schauspieler bekommen hier tatsächlich viel zu schnell viel zu viel Aufmerksamkeit, sie müssen nur in Jogginghose vor die Tür treten, und die Kameras klicken; während du als Künstler weitgehend ignoriert wirst. Das schmerzt viele von ihnen. Die Kunstszene würde deshalb auch gerne unter sich bleiben, sie schätzt keine Grenzgänger.
Bekommen Sie also häufiger mal zu hören, dass Ihr Aktionismus nervt?
Na klar, immer wieder. Die Leute vermuten auch, dass ich unter ADHS leide oder irgendwelche neuen Designer-Drogen nehme, die einen übernatürlich produktiv werden lassen.
Ihre Ausstellung wirkt auf den ersten Blick chaotisch. Da vermischen sich Szenen aus Ihren Filmen, diverse Videos laufen gleichzeitig, Neonlichter flackern - sieht es so in Ihrem Kopf aus?
Bei mir laufen tatsächlich viele Stränge zusammen, Dinge überschneiden und befeuern sich. Vielleicht ist das in meinem Leben etwas extremer als bei anderen? Meine Ausstellung ist wie eine große Collage aus Bildern, Videos und Installationen. Die einzelnen Arbeiten stehen aber auch für sich.
Erzählen Sie mal, wie teuer sind Ihre 1,50 mal ein Meter großen Ölbilder?
Ich vermute, so um die 10 000 Dollar. Die Blankets sind nebenbei erwähnt ein Schnäppchen, sie kosten nur 500 Dollar, inklusive Echtheitszertifikat. Aber fragen Sie besser noch mal meinen Galeristen. . .
Wie wichtig ist es Ihnen zu verkaufen?
Oh, meine Existenz hängt nicht davon ab, ob rote Punkte geklebt werden. Aber es ist auch kein Hobby. Mir geht es vor allem um Anerkennung. Auch mein Galerist Javier Perez veranstaltet den Zauber hier garantiert nicht zum Spaß. Er ist Jurist, noch dazu ein cleverer, er will Geschäfte machen und seine Unkosten wieder reinkriegen.
Sie sind ja nicht der erste Hollywood-Star, der malt. Aber anders als Sylvester Stallone, Lucy Liu oder Viggo Mortensen haben Sie die richtigen Kontakte in die Kunstszene, nicht?
Die haben sich aber auch nicht von heute auf morgen ergeben. Ich treibe mich schon seit Jahren in Galerien rum, besuche die Art Miami Basel, hänge mit Künstlern rum. Auch ich will mich als Künstler weiterentwickeln.
Klaus Biesenbach, der Direktor des 'Museum of Modern Art' , ist einer Ihrer Unterstützer. Und Alanna Heiss, die Gründerin des legendären 'P.S.1', ermöglichte Ihnen Ihre erste Soloausstellung. Schon mal die halbe Miete, oder?
Klar, die Kuratoren, sind das, was die Produzenten in der Filmbranche sind: Strippenzieher mit Einfluss. Die Kontakte haben sich ergeben, weil ich die Nähe des Kunstbetriebs gesucht habe, aber auch, weil diese Leute in meiner Kunst etwas Interessantes sehen. Ich kann nur einen Rat an junge Kreative weitergeben: nicht hadern, sondern machen. Perfektion ist nicht das Ziel. Auch mein Leben funktioniert oft nach dem Domino-Prinzip: Ein Stein stößt den anderen an.
Ein Kritiker schrieb in der Village Voice, wenn Prominente ein Parfum kreieren oder sich an Kunst versuchen, würde beides in der Regel stinken. Kränkt Sie so ein Kommentar?
Nein. Wer sich rauswagt, wird kritisiert. Man sät und weiß als Kreativer nie wirklich im Voraus, was man erntet.
Dann wären Sie also der eine unter tausend Künstlern, den eine schlechte Kritik nicht tangiert?
Ein fieser Kommentar würde mich nur treffen, wenn er von einem Freund kommt. Im Übrigen: Davon lebt doch auch die Kunst! Sie muss spalten, polarisieren, aufregen.
Sie müssen es wissen, Sie stammen aus einer künstlerischen Familie.
Genau. It runs in the family, wie man bei uns sagt. Meine Eltern haben sich in einer Zeichenklasse an der Stanford Universität kennengelernt, später hat mein Vater einen MBA in Harvard gemacht. Sein Geld hat er im Silicon Valley verdient und parallel eine gemeinnützige Organisation gegründet. Meine Mutter hat mich und meine zwei jüngeren Brüder schon früh dazu ermutigt, alles auszuprobieren. Sie selber schreibt Lyrik, Kinderbücher, twittert und ist mit mir in der Fernsehserie 'General Hospital' aufgetreten.
Ihr Modell führt auch zu kuriosen Szenen. Als Sie vor zwei Jahren die Oscar-Verleihung an der Seite von Anne Hathaway moderierten, waren Sie gleichzeitig für Ihre Rolle als Bergsteiger in dem Outdoor-Thriller '127 Hours' nominiert. Hätten Sie sich selber auf die Bühne gerufen, wenn Sie gewonnen hätten?
Hehe, das hätte ich witzig gefunden. Im Ernst: Die Konkurrenz war in dem Jahr stark. Gewonnen hat Colin Firth für 'The King"s Speech'. Sie wissen doch: Handicap gewinnt in Hollywood immer.
Gibt es irgendetwas, an dem Sie sich schon mal ergebnislos versucht haben?
Kochen. Einen Haushalt führen oder meinen Alltag managen. Dafür habe ich eine Assistentin angestellt. Die muss bezahlt werden. Deswegen drehe ich ab und zu einen unterhaltsamen Popcornfilm, der Geld in die Kassen aller Beteiligten spült. Und so ergibt der ganze Wahnsinn am Ende wieder einen Sinn.
SZ: Guten Morgen, Mister Franco.
James Franco: Hätten Sie etwas dagegen, wenn einer meiner Studenten bei unserem Interview dabei ist?
Nett, dass Sie fragen. Aber um ehrlich zu sein: Ich hätte Sie lieber für mich allein.
Okay, verstehe, kein Problem.
"Ich schlafe wenig, maximal fünf Stunden am Stück, oft nur drei."
Eine Studenten-Entourage also. Ist das ein neues Hollywood-Statussymbol, von dem wir hier noch nicht gehört haben?
Aber nein. Neben der Schauspielerei unterrichte ich 'Kreatives Schreiben' an der University of California. Und das Fach 'Regie' an der New York University. In diesem Semester beispielsweise entwickle ich mit meiner Klasse ein Drehbuch. Zwei meiner Studenten begleiten meinen dreitägigen Trip hier auf die Berlinale mit der Kamera. Ein Experiment, bei dem es darum geht, die internationale Promotion für einen großen Blockbuster zu dokumentieren. . .
. . . nämlich die von Ihrem neuen Disney-Film 'Die phantastische Welt von Oz'.
Richtig. Ich will meinen Studenten einen Blick hinter die Celebrity-Kulisse ermöglichen. Die Inszenierung, in der jeder eine Rolle zugeteilt bekommt.
Interessant: Obwohl Sie Teil dieses Systems sind, hinterfragen Sie die Mechanismen?
Ich untersuche eher die Wirkung. Wenn ich das nicht tun könnte, würde es mich in den Wahnsinn treiben. Und die Studenten erleben hautnah, wie so ein kulturelles Produkt produziert, eine Illusion kreiert wird.
Sind Sie mit 34 nicht ein bisschen jung, um Professor zu sein?
Warum denn das? In den USA ist das universitäre System sehr viel durchlässiger als beispielsweise in Deutschland, und es wird begrüßt, wenn Leute praktische Erfahrung mitbringen. Zumal ich ja auch diverse akademische Abschlüsse habe. Gleichzeitig bin ich an der Yale University eingeschrieben, um meinen Doktor in Literatur zu machen.
Klingt absolut schwindelerregend. Sie könnten es nach Blockbustern wie 'Spiderman' doch mal ein bisschen langsamer angehen lassen?
Aber mir macht dieses mehrgleisige Leben Spaß, ich finde den Austausch inspirierend.
Man hört eben selten, dass jemand mit einer erfolgreichen Hollywood-Karriere Zweit- und Drittjobs hat.
Das mag unüblich sein, aber ich denke: Warum soll ich mich auf eine Sache beschränken? Damit die Kollegen nicht nervös werden? Damit man mich genau einordnen kann, oder andere sich nicht faul fühlen?
Wie bewältigen Sie das alles zeitlich?
Ich schlafe wenig, maximal fünf Stunden am Stück, oft nur drei. Dafür mache ich während des Tages immer wieder Power Naps. Kein Alkohol, keine Zigaretten, keine Drogen, viel Kaffee.
Und während Ihre Kollegen zum Pilates oder Kabbala-Kurs gehen . . .
. . . fliege ich zwischen Ost- und Westküste hin und her. Schaffe ich es mal nicht zu einer Vorlesung, skype ich mit den Studenten oder hole den Kurs am Wochenende nach.
Drängeln sich die Studenten nicht schon aufgrund Ihrer Prominenz in die Kurse?
Klar, der Promi-Faktor schürt anfangs die Neugier. Ich werde aber nur wieder engagiert, wenn der Kurs am Ende wirklich interessant war. Wenn ich meine Professur nicht ernst nehmen würde, könnte ich mein Versagen am nächsten Tag sofort im Internet nachlesen.
Sind Sie das Kind der modernen Lehre, dass man heute breit aufgestellt sein muss, superflexibel, Multitasker . . .
. . . ich sehe mich eher als vielseitig interessierter Kreativer.
Sie mögen das Wort Multitasker nicht?
Eigentlich schon. Nur leider impliziert es, dass jemand viel, aber nichts richtig macht. Dabei ist Multitasking ein Talent, das mehr geschätzt werden sollte. Oder besser noch: Wer es jetzt noch nicht kann, sollte es lernen. Und mit Multitasking meine ich nicht, beim Autofahren zu telefonieren, sondern sich auf ein zweites Projekt zu konzentrieren, während woanders gerade Stillstand herrscht. In meinem Fall heißt das konkret: drehfreie Tage am Set zu nutzen, um zu malen. Manchmal miete ich mir dafür ein zweites Hotelzimmer. So habe ich es am Set von 'Die phantastische Welt von Oz' gemacht: meine Ausstellung 'Gay Town' vorbereitet . . .
. .. die jetzt hier auch noch parallel in Berlin zu sehen ist. Apropos Gay: Seit Sie Sean Penns Geliebten in 'Milk' gespielt haben, verehren die Schwulen Sie. Und die Mädchen rätseln, ob Sie tatsächlich homosexuell sind . . .
Genau darauf bezieht sich ja der Titel meiner Ausstellung. Es gibt Bilder, Videoinstallationen, und die Wände der Ausstellung sind mit Blankets behangen. Auf ungefähr 387 dieser Decken habe ich mit Laserprint Blogeinträge oder Yellowpress-Artikel drucken lassen und dann kommentiert. Ich spiele mit meinem Medienimage und den Spekulationen über meine Sexualität.
Tja, aber - warum?
Es ist mein Ventil! Im Internet wird der größte Schwachsinn über Prominente verzapft. Die meisten meiner Kollegen sagen zwar, sie lesen das alles nicht, tun es aber trotzdem. Und bekommen davon Magengeschwüre. . .
. . . während Sie den Klatsch lieber zu Kunst weiterverarbeiten?
So weit würde ich gar nicht gehen. Aber für mich verlieren die Behauptungen und Spekulationen ihre Macht, sobald ich auf sie künstlerisch reagiere. So komme ich mit der ungeheuren Distanzlosigkeit, dem Umstand viel besser klar, dass heute jeder öffentlich über jeden alles behaupten kann.
Ein Hollywood-Star, der sich selbst zum Zentrum seiner Werke macht, hat eine Profilneurose, oder?
Das ist Ihre Außenperspektive. Ich habe schon immer gerne gemalt und gezeichnet. Es hat sich eben so ergeben, dass ich als Schauspieler recht schnell Erfolg hatte. Dann folgte eine Phase, in der ich unzufrieden wurde, weil ich mein Potenzial nicht ausschöpfte. Als Schauspieler trägt man meist nur dazu bei, den kreativen Traum eines anderen umzusetzen, ich stand wie ein Schnellkochtopf unter Druck: so viele Ideen, so viele Interessen, so viele Möglichkeiten! Ich sehnte mich danach auszudrücken, was sich in meinem Kopf abspielte.
Was sagt Ihr Hollywood-Agent zu Ihren künstlerischen Ambitionen?
Oh, am Anfang haben sie ihn irritiert. Er hatte Sorge, dass ich mein Image als Schauspieler beschädigen könnte. Agenten geht es eher selten um die persönliche Weiterentwicklung. Sie setzen ihr Talent in erster Linie ein, um Geld zu verdienen. Inzwischen hat meiner aber gemerkt, dass die Kunst erst mich und dann auch meine Arbeit als Schauspieler beflügelt. Meine Rede: Alles befruchtet sich gegenseitig. Nur ein Beispiel: Ich bin Model in den Werbeanzeigen für Gucci. Und jetzt hängen die Lederjacken als Teil einer Kunstinstallation in dieser Ausstellung.
Werden Sie dadurch automatisch auch Kunst? Und bleiben Sie durch Ihre Mehrgleisigkeit nicht auch immer der Outlaw: für die Künstler der glitzernde Hollywood-Star, für die Schauspieler der rebellische Wilde?
Tja. Vor allem die Künstler haben mit James Franco, dem Schauspieler, so ihre Probleme. Besonders in Los Angeles. Das liegt daran, dass diese Stadt vom Filmbusiness dominiert wird. Das nervt die Künstler generell. Schauspieler bekommen hier tatsächlich viel zu schnell viel zu viel Aufmerksamkeit, sie müssen nur in Jogginghose vor die Tür treten, und die Kameras klicken; während du als Künstler weitgehend ignoriert wirst. Das schmerzt viele von ihnen. Die Kunstszene würde deshalb auch gerne unter sich bleiben, sie schätzt keine Grenzgänger.
Bekommen Sie also häufiger mal zu hören, dass Ihr Aktionismus nervt?
Na klar, immer wieder. Die Leute vermuten auch, dass ich unter ADHS leide oder irgendwelche neuen Designer-Drogen nehme, die einen übernatürlich produktiv werden lassen.
Ihre Ausstellung wirkt auf den ersten Blick chaotisch. Da vermischen sich Szenen aus Ihren Filmen, diverse Videos laufen gleichzeitig, Neonlichter flackern - sieht es so in Ihrem Kopf aus?
Bei mir laufen tatsächlich viele Stränge zusammen, Dinge überschneiden und befeuern sich. Vielleicht ist das in meinem Leben etwas extremer als bei anderen? Meine Ausstellung ist wie eine große Collage aus Bildern, Videos und Installationen. Die einzelnen Arbeiten stehen aber auch für sich.
Erzählen Sie mal, wie teuer sind Ihre 1,50 mal ein Meter großen Ölbilder?
Ich vermute, so um die 10 000 Dollar. Die Blankets sind nebenbei erwähnt ein Schnäppchen, sie kosten nur 500 Dollar, inklusive Echtheitszertifikat. Aber fragen Sie besser noch mal meinen Galeristen. . .
Wie wichtig ist es Ihnen zu verkaufen?
Oh, meine Existenz hängt nicht davon ab, ob rote Punkte geklebt werden. Aber es ist auch kein Hobby. Mir geht es vor allem um Anerkennung. Auch mein Galerist Javier Perez veranstaltet den Zauber hier garantiert nicht zum Spaß. Er ist Jurist, noch dazu ein cleverer, er will Geschäfte machen und seine Unkosten wieder reinkriegen.
Sie sind ja nicht der erste Hollywood-Star, der malt. Aber anders als Sylvester Stallone, Lucy Liu oder Viggo Mortensen haben Sie die richtigen Kontakte in die Kunstszene, nicht?
Die haben sich aber auch nicht von heute auf morgen ergeben. Ich treibe mich schon seit Jahren in Galerien rum, besuche die Art Miami Basel, hänge mit Künstlern rum. Auch ich will mich als Künstler weiterentwickeln.
Klaus Biesenbach, der Direktor des 'Museum of Modern Art' , ist einer Ihrer Unterstützer. Und Alanna Heiss, die Gründerin des legendären 'P.S.1', ermöglichte Ihnen Ihre erste Soloausstellung. Schon mal die halbe Miete, oder?
Klar, die Kuratoren, sind das, was die Produzenten in der Filmbranche sind: Strippenzieher mit Einfluss. Die Kontakte haben sich ergeben, weil ich die Nähe des Kunstbetriebs gesucht habe, aber auch, weil diese Leute in meiner Kunst etwas Interessantes sehen. Ich kann nur einen Rat an junge Kreative weitergeben: nicht hadern, sondern machen. Perfektion ist nicht das Ziel. Auch mein Leben funktioniert oft nach dem Domino-Prinzip: Ein Stein stößt den anderen an.
Ein Kritiker schrieb in der Village Voice, wenn Prominente ein Parfum kreieren oder sich an Kunst versuchen, würde beides in der Regel stinken. Kränkt Sie so ein Kommentar?
Nein. Wer sich rauswagt, wird kritisiert. Man sät und weiß als Kreativer nie wirklich im Voraus, was man erntet.
Dann wären Sie also der eine unter tausend Künstlern, den eine schlechte Kritik nicht tangiert?
Ein fieser Kommentar würde mich nur treffen, wenn er von einem Freund kommt. Im Übrigen: Davon lebt doch auch die Kunst! Sie muss spalten, polarisieren, aufregen.
Sie müssen es wissen, Sie stammen aus einer künstlerischen Familie.
Genau. It runs in the family, wie man bei uns sagt. Meine Eltern haben sich in einer Zeichenklasse an der Stanford Universität kennengelernt, später hat mein Vater einen MBA in Harvard gemacht. Sein Geld hat er im Silicon Valley verdient und parallel eine gemeinnützige Organisation gegründet. Meine Mutter hat mich und meine zwei jüngeren Brüder schon früh dazu ermutigt, alles auszuprobieren. Sie selber schreibt Lyrik, Kinderbücher, twittert und ist mit mir in der Fernsehserie 'General Hospital' aufgetreten.
Ihr Modell führt auch zu kuriosen Szenen. Als Sie vor zwei Jahren die Oscar-Verleihung an der Seite von Anne Hathaway moderierten, waren Sie gleichzeitig für Ihre Rolle als Bergsteiger in dem Outdoor-Thriller '127 Hours' nominiert. Hätten Sie sich selber auf die Bühne gerufen, wenn Sie gewonnen hätten?
Hehe, das hätte ich witzig gefunden. Im Ernst: Die Konkurrenz war in dem Jahr stark. Gewonnen hat Colin Firth für 'The King"s Speech'. Sie wissen doch: Handicap gewinnt in Hollywood immer.
Gibt es irgendetwas, an dem Sie sich schon mal ergebnislos versucht haben?
Kochen. Einen Haushalt führen oder meinen Alltag managen. Dafür habe ich eine Assistentin angestellt. Die muss bezahlt werden. Deswegen drehe ich ab und zu einen unterhaltsamen Popcornfilm, der Geld in die Kassen aller Beteiligten spült. Und so ergibt der ganze Wahnsinn am Ende wieder einen Sinn.