'Ich bin ein Geschichtenerzähler': Otfried Preußler, einer der wichtigsten Kinderbuchautoren, ist gestorben.
Im Jahr 1998 schrieb Otfried Preußler: 'Kinder sollen gefälligst brav sein, sie sollen gefälligst was lernen, sie sollen was werden, sie sollen den werten Eltern, den Nachbarn und Anverwandten tunlichst wenig an Rücksichten abverlangen, tunlichst wenig an Einschränkung!' Unter dem Titel 'Das Recht auf Kindheit' sind diese Zeilen damals erschienen, als er meinte, sich wehren zu müssen. Dabei hätte er sich längst zurückziehen können. Er war der Kinderbuchklassiker, mit seinen Erfolgstiteln 'Der kleine Wassermann', 'Die kleine Hexe', 'Der Räuber Hotzenplotz' oder 'Krabat', und zählte auch international längst zu den bekanntesten deutschsprachigen Kinderbuchautoren.
Der deutsche Kinder- und Jugendbuchautor Otfried Preußler sitzt im September 1993 an seinem Schreibtisch und blättert in seinem Bestseller 'Der Räuber Hotzenplotz'.
Doch zeit seines Lebens war Preußler nicht nur Autor, sondern er blieb der Lehrer, der sich immer wieder über die schlechten Lern-und Lebensbedingungen der heutigen Kinder beklagte, aus der Erinnerung an die eigene Kindheit. Die begann am
20. Oktober 1923 in Reichenberg, Böhmen, in einer Lehrerfamilie und mit einem Vater, der dazu ein begeisterter Heimatforscher und Volkskundler war. 'Als Kinder sind wir auf freier Wildbahn aufgewachsen, zusammen mit unseren Freunden, als Indianer und Trapper, als edle Räuber, als Retter der Verfolgten. Es war eine herrliche, unbeschwerte Zeit voller Abenteuer und Wunder. Die Schule hat uns nicht weiter bedrückt.' Auch das Spiel mit den Kasperlepuppen wurde bald eine Lieblingsbeschäftigung. Die Stoffe dazu kamen von der Großmutter, die den Kindern immer wieder von Räubern, Hexen, Gespenstern und Drachen erzählte und vom 'Gendarmeriepostenkommandanten Hawlitschek'. Sie wurden vom Vater, der böhmische Märchen und Sagen sammelte, aufgeschrieben. Ihn durfte der Junge begleiten, wenn er sich im Gasthaus von 'den Schatzgräbern auf der Abendburg, vom Großen Junker, dem isergebirgischen Raubschützen oder vom Wassermann' erzählen ließ. Dieses eigentlich überraschend altmodische Personal findet sich nicht nur später in seinen Kinderbüchern wieder, es hilft Preußler auch, die fünf Jahre als Kriegsgefangener in einem russischen Lager zu überstehen. Als Abiturient war er sofort vom Militär eingezogen worden. Nach dem Krieg fand er seine Familie und seine Freundin unter den Flüchtlingsströmen in Rosenheim wieder. Dort blieb er schließlich sein ganzes Leben, als Volksschullehrer, Rektor und Schriftsteller.
Um die Familie mit drei Töchtern zu ernähren und seine Ausbildung an der Pädagogischen Hochschule in München zu finanzieren, wurde er Lokalreporter, schrieb Theaterstücke und Texte für den Kinderfunk. Im Jahr 1956 erscheint, 'nach einigen Umwegen' bei Thienemann, 'Der kleine Wassermann' - der erste Verlag hatte ihn abgewiesen, er solle lieber Umweltgeschichten verfassen. Seine Inspiration erhielt Otfried Preußler aus dem Lehreralltag. 'Was ich von meinen Schulkindern, was ich von Kindern überhaupt lernen konnte, soweit es Geschichten für Kinder betrifft, das glaube ich während meiner Lehrerjahre gelernt zu haben. Es sind Jahre gewesen, in denen auch ich und zwar unter anderem als Geschichtenerzähler zur Schule gegangen bin.'
Doch trotz der Zustimmung seiner Schüler und seiner kindlichen Leserschaft, trotz der Erfolge, die sich mit dem 'Kleinen Wassermann' und allen weiteren Büchern einstellten - er war kein Schriftsteller, der sich leichttat. Seine Familie erzählte immer wieder, wie er mit dem Aufnahmegerät in den nahen Wald wanderte, um sich selbst erst mal seine Ideen zu erzählen. Zehn Jahre lang kämpfte er mit dem Stoff von 'Krabat', der Geschichte des Mühlknappen, der durch die Liebe aus den Fesseln des Bösen gerettet wird. Um seine Schaffenskrise zu überwinden, schrieb er während dieser Zeit den 'Räuber Hotzenplotz', der zu seiner eigenen Verwunderung sein größter Erfolg wurde.
Seine schwierigste Lebensphase begann, als er in den 70er- und 80er-Jahren mit seinen 'Heile-Welt-Geschichten' in die Kritik einer antiautoritären Pädagogik geriet. Er fühlte sich als 'Watschenmann'. 'Aber dass ich mit meinen Büchern Erfolg hatte und dass Preußler mit seinen Geschichten nicht auf die heftig aufgeschäumte Kindsein-ist -mies- Welle einschwenkte, dass hat man mir schrecklich übelgenommen.' Man hätte seine Stimme übrigens auch in der jüngsten Debatte um ethnische Gerechtigkeit in Kinderbüchern gebraucht und seine Einschätzungen zu Eingriffen in seine Bücher gewünscht.
Damals überlebte sein Werk die Angriffe. Preußler tat sich auf Dauer schwerer damit. Lebenslang war er sich selbst der größte Kritiker, ein christlicher Traditionalist, der sich in der Pflicht seiner kindlichen Leser sah: 'Was du für Kinder schreibst, musst du vor deinem Gewissen für Menschenkinder verantworten können. Dass du für Kinder schreibst, bietet dir keinen Freibrief auf mildernde literarische Umstände', schrieb er der Zunft der Kinderbuchautoren ins Notizbuch und wandte sich gegen 'Möchtegernschriftsteller, schreibende Hausfrauen, Großmütter, Tanten und Schulmeister in der Hauptsache'. Später, auf dem Höhepunkt seines Erfolges, wollte er seinem Glück danken, und gründete in Aschau eine Kinderklinik. Am 18. Februar ist er in Prien am Chiemsee gestorben.
Im Jahr 1998 schrieb Otfried Preußler: 'Kinder sollen gefälligst brav sein, sie sollen gefälligst was lernen, sie sollen was werden, sie sollen den werten Eltern, den Nachbarn und Anverwandten tunlichst wenig an Rücksichten abverlangen, tunlichst wenig an Einschränkung!' Unter dem Titel 'Das Recht auf Kindheit' sind diese Zeilen damals erschienen, als er meinte, sich wehren zu müssen. Dabei hätte er sich längst zurückziehen können. Er war der Kinderbuchklassiker, mit seinen Erfolgstiteln 'Der kleine Wassermann', 'Die kleine Hexe', 'Der Räuber Hotzenplotz' oder 'Krabat', und zählte auch international längst zu den bekanntesten deutschsprachigen Kinderbuchautoren.
Der deutsche Kinder- und Jugendbuchautor Otfried Preußler sitzt im September 1993 an seinem Schreibtisch und blättert in seinem Bestseller 'Der Räuber Hotzenplotz'.
Doch zeit seines Lebens war Preußler nicht nur Autor, sondern er blieb der Lehrer, der sich immer wieder über die schlechten Lern-und Lebensbedingungen der heutigen Kinder beklagte, aus der Erinnerung an die eigene Kindheit. Die begann am
20. Oktober 1923 in Reichenberg, Böhmen, in einer Lehrerfamilie und mit einem Vater, der dazu ein begeisterter Heimatforscher und Volkskundler war. 'Als Kinder sind wir auf freier Wildbahn aufgewachsen, zusammen mit unseren Freunden, als Indianer und Trapper, als edle Räuber, als Retter der Verfolgten. Es war eine herrliche, unbeschwerte Zeit voller Abenteuer und Wunder. Die Schule hat uns nicht weiter bedrückt.' Auch das Spiel mit den Kasperlepuppen wurde bald eine Lieblingsbeschäftigung. Die Stoffe dazu kamen von der Großmutter, die den Kindern immer wieder von Räubern, Hexen, Gespenstern und Drachen erzählte und vom 'Gendarmeriepostenkommandanten Hawlitschek'. Sie wurden vom Vater, der böhmische Märchen und Sagen sammelte, aufgeschrieben. Ihn durfte der Junge begleiten, wenn er sich im Gasthaus von 'den Schatzgräbern auf der Abendburg, vom Großen Junker, dem isergebirgischen Raubschützen oder vom Wassermann' erzählen ließ. Dieses eigentlich überraschend altmodische Personal findet sich nicht nur später in seinen Kinderbüchern wieder, es hilft Preußler auch, die fünf Jahre als Kriegsgefangener in einem russischen Lager zu überstehen. Als Abiturient war er sofort vom Militär eingezogen worden. Nach dem Krieg fand er seine Familie und seine Freundin unter den Flüchtlingsströmen in Rosenheim wieder. Dort blieb er schließlich sein ganzes Leben, als Volksschullehrer, Rektor und Schriftsteller.
Um die Familie mit drei Töchtern zu ernähren und seine Ausbildung an der Pädagogischen Hochschule in München zu finanzieren, wurde er Lokalreporter, schrieb Theaterstücke und Texte für den Kinderfunk. Im Jahr 1956 erscheint, 'nach einigen Umwegen' bei Thienemann, 'Der kleine Wassermann' - der erste Verlag hatte ihn abgewiesen, er solle lieber Umweltgeschichten verfassen. Seine Inspiration erhielt Otfried Preußler aus dem Lehreralltag. 'Was ich von meinen Schulkindern, was ich von Kindern überhaupt lernen konnte, soweit es Geschichten für Kinder betrifft, das glaube ich während meiner Lehrerjahre gelernt zu haben. Es sind Jahre gewesen, in denen auch ich und zwar unter anderem als Geschichtenerzähler zur Schule gegangen bin.'
Doch trotz der Zustimmung seiner Schüler und seiner kindlichen Leserschaft, trotz der Erfolge, die sich mit dem 'Kleinen Wassermann' und allen weiteren Büchern einstellten - er war kein Schriftsteller, der sich leichttat. Seine Familie erzählte immer wieder, wie er mit dem Aufnahmegerät in den nahen Wald wanderte, um sich selbst erst mal seine Ideen zu erzählen. Zehn Jahre lang kämpfte er mit dem Stoff von 'Krabat', der Geschichte des Mühlknappen, der durch die Liebe aus den Fesseln des Bösen gerettet wird. Um seine Schaffenskrise zu überwinden, schrieb er während dieser Zeit den 'Räuber Hotzenplotz', der zu seiner eigenen Verwunderung sein größter Erfolg wurde.
Seine schwierigste Lebensphase begann, als er in den 70er- und 80er-Jahren mit seinen 'Heile-Welt-Geschichten' in die Kritik einer antiautoritären Pädagogik geriet. Er fühlte sich als 'Watschenmann'. 'Aber dass ich mit meinen Büchern Erfolg hatte und dass Preußler mit seinen Geschichten nicht auf die heftig aufgeschäumte Kindsein-ist -mies- Welle einschwenkte, dass hat man mir schrecklich übelgenommen.' Man hätte seine Stimme übrigens auch in der jüngsten Debatte um ethnische Gerechtigkeit in Kinderbüchern gebraucht und seine Einschätzungen zu Eingriffen in seine Bücher gewünscht.
Damals überlebte sein Werk die Angriffe. Preußler tat sich auf Dauer schwerer damit. Lebenslang war er sich selbst der größte Kritiker, ein christlicher Traditionalist, der sich in der Pflicht seiner kindlichen Leser sah: 'Was du für Kinder schreibst, musst du vor deinem Gewissen für Menschenkinder verantworten können. Dass du für Kinder schreibst, bietet dir keinen Freibrief auf mildernde literarische Umstände', schrieb er der Zunft der Kinderbuchautoren ins Notizbuch und wandte sich gegen 'Möchtegernschriftsteller, schreibende Hausfrauen, Großmütter, Tanten und Schulmeister in der Hauptsache'. Später, auf dem Höhepunkt seines Erfolges, wollte er seinem Glück danken, und gründete in Aschau eine Kinderklinik. Am 18. Februar ist er in Prien am Chiemsee gestorben.