Martin Sebesta hat schon als Kind nichts lieber getan, als die Krabbeltiere zu beobachten. Später machte der Fachinformatiker sein Hobby zum Beruf - mit Erfolg. Er entdeckte eine Marktnische.
Wer sich seit mehr als 100 Millionen Jahren höchst erfolgreich durchs Leben schlägt und dafür perfekte Überlebensstrategien entwickelt hat, den könnte sich die über ihre Zukunft zerstrittene Menschheit getrost zum Vorbild nehmen. Zumal diese heimlichen Herrscher der Erde hervorragende Baumeister sind, über gigantische Körperkräfte verfügen und das Leben in einem Sozialstaat perfektioniert haben. Doch von Vorbild kann überhaupt keine Rede sein. Ameisen haben, gerade hierzulande, eher einen schlechten Ruf. Nicht zuletzt bei Hausfrauen, die gleich zum Backpulver greifen, wenn ein Ameisenheer durch die gute Stube marschiert - in der Hoffnung, dass sie sich daran überfressen und ihre 'Bäuche' dann regelrecht zerplatzen. 'Das passiert auch und hilft dennoch nichts ', sagt Martin Sebesta. 'Die Königin überlebt fast alle Gifte und legt weiter fleißig Eier - je nach Art bis zu 30 000 am Tag.'
Martin Sebesta hat sein Hobby zum Beruf gemacht und verkauft jetzt das, was er am liebsten mag: Ameisen.
Sebesta weiß das, und er weiß noch viel mehr. Etwa, dass es auf unserem Globus mindestens 12500 nachgewiesene Ameisenarten gibt. Dass die weltweit vorhandenen Winzlinge zusammengenommen mehr Gewicht auf die Waage bringen als die gesamte Weltbevölkerung. Oder dass ein großes Waldameisenvolk mit seinen über eine Million Arbeiterinnen an einem Tag bis zu 100 000 Beutetiere in sein Nest schaffen kann. Aber das ist für Sebesta nicht mehr als das kleine Einmaleins der Ameisenkunde, das sich der jetzt 37-jährige Berliner bereits in früher Kindheit beigebracht hat.
Noch viel interessanter aber war damals für ihn, die genialen Krabbler im elterlichen Garten zu beobachten. 'Stundenlang habe ich mit der Lupe auf dem Rasen gelegen und ihnen bei der Arbeit zugeschaut', erzählt er und findet es noch heute spannend, wie Ameisen ihr Leben organisieren, ihre Nester bauen und sich dazu unterschiedliche Aufgaben zuweisen. 'Nichts geschieht zufällig, alles folgt einem detaillierten Plan und mit strengster Disziplin', sagt Sebesta. 'Das ist schon eine faszinierende Organisationsleistung.'
Erst die Ameisen aus dem Garten und jetzt das Krabbelgetier aus der halben Welt. Sebesta sitzt auf einer 1000 Quadratmeter großen Fabriketage zwischen unzähligen Kolonien von Ameisen. Sie leben in Glaskästen, tippeln in langen, durchsichtigen Plastikröhren die Decke entlang, vollbepackt mit Blattteilen. Andere schlafen oder dösen in Reagenzgläsern, präpariert mit Watte und mit Wassertanks versehen. Sie halten im Kühlschrank Winterruhe. Etwa 300 Arten, vornehmlich aus Europa, Asien und Lateinamerika, hält Sebesta auf seiner Etage. Demnächst sollen weitere Exemplare hinzukommen. Und auch das dürfte nicht das Ende seiner Sammelleidenschaft sein, denn Sebesta hat aus seinem Hobby einen Beruf gemacht. Und wie: Er ist Europas größter Ameisenhändler.
Angefangen hat alles Mitte der 1990er-Jahre, als er Fotos von seinen Garten-Kolonien und eigene Texte über Ameisen ins Internet stellte. 'Bald habe ich gemerkt, dass es zu diesem Thema nicht viele Alternativen im Internet gab', sagt er. 'Ich war ziemlich konkurrenzlos, andauernd kamen Anfragen, ob ich Ameisenvölker und dazu passende Glasbehälter, die sogenannten Formicarien, besorgen könnte.'
Sebesta witterte ein Geschäft. Zu Recht, wie die Folgejahre zeigen sollten. Im Jahr 2000 startete der gelernte Fachinformatiker im Haus seiner Eltern einen Online-Handel. 'Zunächst nebenberuflich, versteht sich', sagt er. Aber die Geschäfte weiteten sich schneller aus als gedacht. 'Irgendwie', sinniert der Ameisenfan, 'hatte ich mit meinem Hobby einen Nerv getroffen.' Also weiter: 2003 der erste eigene Laden - der Antstore (Ameisen-Laden), der mit den Jahren viel zu klein wurde. Erneuter Umzug vor zwei Jahren, raus in den Gewerbebau am Selerweg im Berliner Stadtbezirk Steglitz. Dazu hat er noch weitere Lagerflächen im Brandenburger Umland angemietet. 'Planvolles, organisches Wachstum' nennt das der Antstore-Chef, der mittlerweile zehn Mitarbeiter beschäftigt. 'Etwa so wie in einem Ameisenhaufen.'
Organisches Wachstum: Erst hat sich Sebesta persönlich auf die Suche nach Ameisenköniginnen, nebst kleinen Völkern, gemacht und dabei die halbe Welt bereist. Inzwischen hat er sich ein weltweites Netzwerk von Partnern gespannt, die ihm die Ameisen zusenden. 'Alles legal und ordnungsgemäß', versichert er. 'Wir beachten streng Artenschutz, Aus- und Einfuhrbestimmungen.' Nur in Berlin und im Umland gehen er und seine Mitarbeiter noch immer auf die Jagd. Auch zieht er nun selbst Ameisenkolonien heran und lässt die Formicarien in unterschiedlichen Größen in der eigenen Werkstatt bauen.
Zum Antstore-Angebot hinzu kommen weitere Ausrüstungen und Gegenstände, die jeder Ameisenhalter benötigt, sowie Bücher und Broschüren zum Thema oder gar Filme wie der Horrorstreifen 'Killerameisen' - mithin mehr als 4000 Artikel. Ein Starterset koste bei ihm 50 Euro, sagt Sebesta. 'Dazu gehört eine Königin, die Eier legt, und mindestens eine Arbeiterin. Hinzu kommt der Glasbehälter.' Exoten freilich sind bei ihm viel teurer. 'Da ist eine Kolonie', so Sebesta, 'nicht unter 300 Euro zu haben.'
Das Volk der Ameisenliebhaber wächst von Jahr zu Jahr und 'Monopolist' Sebesta profitiert davon, dass immer mehr Väter und Söhne - die vor allem- der exotischen Krabbelei verfallen. Dabei kann man die Winzlinge weder streicheln, noch sind sie überaus possierlich. 'Dafür hat man', meint Sebesta, 'bei ihrer Haltung keine Lärm- und Geruchsbelästigung.'
Deutlich größer aber ist das Geschäft, das der Antstore-Gründer mit Zoos, Museen, Schulen, Universitäten, Film- und Fernsehmachern, der Pharmaindustrie aber auch mit Anwaltskanzleien, Messebauern, Werbeagenturen oder IT-Firmen macht. 'Internet- und Softwarefirmen zum Beispiel integrieren gern die Ameise in ihr Firmenlogo', weiß Sebesta. 'Was liegt also näher, sie bei sich im Unternehmen auch lebend zu zeigen.'
Geschäftszahlen sind bei Sebesta strenges Betriebsgeheimnis. Darüber verliert der clevere Unternehmer kein Wort. Aber dass er sich mit seinem europaweiten Ameisen-Business auf weitere Expansion eingestellt hat, betont er gern und erzählt die Geschichte von der Blattschneiderameise, die unermüdlich mit der Erweiterung ihres Nests beschäftigt ist. 'Die Blattschneider errichten Bauten, die acht Meter und mehr in die Tiefe reichen und sich auf 50 Quadratmeter ausbreiten. Unlängst hat man sogar bei ihnen einen 90 Meter langen kerzengeraden Tunnel entdeckt - eine tolle Leistung und ein tolles Vorbild, nicht wahr?'
Wer sich seit mehr als 100 Millionen Jahren höchst erfolgreich durchs Leben schlägt und dafür perfekte Überlebensstrategien entwickelt hat, den könnte sich die über ihre Zukunft zerstrittene Menschheit getrost zum Vorbild nehmen. Zumal diese heimlichen Herrscher der Erde hervorragende Baumeister sind, über gigantische Körperkräfte verfügen und das Leben in einem Sozialstaat perfektioniert haben. Doch von Vorbild kann überhaupt keine Rede sein. Ameisen haben, gerade hierzulande, eher einen schlechten Ruf. Nicht zuletzt bei Hausfrauen, die gleich zum Backpulver greifen, wenn ein Ameisenheer durch die gute Stube marschiert - in der Hoffnung, dass sie sich daran überfressen und ihre 'Bäuche' dann regelrecht zerplatzen. 'Das passiert auch und hilft dennoch nichts ', sagt Martin Sebesta. 'Die Königin überlebt fast alle Gifte und legt weiter fleißig Eier - je nach Art bis zu 30 000 am Tag.'
Martin Sebesta hat sein Hobby zum Beruf gemacht und verkauft jetzt das, was er am liebsten mag: Ameisen.
Sebesta weiß das, und er weiß noch viel mehr. Etwa, dass es auf unserem Globus mindestens 12500 nachgewiesene Ameisenarten gibt. Dass die weltweit vorhandenen Winzlinge zusammengenommen mehr Gewicht auf die Waage bringen als die gesamte Weltbevölkerung. Oder dass ein großes Waldameisenvolk mit seinen über eine Million Arbeiterinnen an einem Tag bis zu 100 000 Beutetiere in sein Nest schaffen kann. Aber das ist für Sebesta nicht mehr als das kleine Einmaleins der Ameisenkunde, das sich der jetzt 37-jährige Berliner bereits in früher Kindheit beigebracht hat.
Noch viel interessanter aber war damals für ihn, die genialen Krabbler im elterlichen Garten zu beobachten. 'Stundenlang habe ich mit der Lupe auf dem Rasen gelegen und ihnen bei der Arbeit zugeschaut', erzählt er und findet es noch heute spannend, wie Ameisen ihr Leben organisieren, ihre Nester bauen und sich dazu unterschiedliche Aufgaben zuweisen. 'Nichts geschieht zufällig, alles folgt einem detaillierten Plan und mit strengster Disziplin', sagt Sebesta. 'Das ist schon eine faszinierende Organisationsleistung.'
Erst die Ameisen aus dem Garten und jetzt das Krabbelgetier aus der halben Welt. Sebesta sitzt auf einer 1000 Quadratmeter großen Fabriketage zwischen unzähligen Kolonien von Ameisen. Sie leben in Glaskästen, tippeln in langen, durchsichtigen Plastikröhren die Decke entlang, vollbepackt mit Blattteilen. Andere schlafen oder dösen in Reagenzgläsern, präpariert mit Watte und mit Wassertanks versehen. Sie halten im Kühlschrank Winterruhe. Etwa 300 Arten, vornehmlich aus Europa, Asien und Lateinamerika, hält Sebesta auf seiner Etage. Demnächst sollen weitere Exemplare hinzukommen. Und auch das dürfte nicht das Ende seiner Sammelleidenschaft sein, denn Sebesta hat aus seinem Hobby einen Beruf gemacht. Und wie: Er ist Europas größter Ameisenhändler.
Angefangen hat alles Mitte der 1990er-Jahre, als er Fotos von seinen Garten-Kolonien und eigene Texte über Ameisen ins Internet stellte. 'Bald habe ich gemerkt, dass es zu diesem Thema nicht viele Alternativen im Internet gab', sagt er. 'Ich war ziemlich konkurrenzlos, andauernd kamen Anfragen, ob ich Ameisenvölker und dazu passende Glasbehälter, die sogenannten Formicarien, besorgen könnte.'
Sebesta witterte ein Geschäft. Zu Recht, wie die Folgejahre zeigen sollten. Im Jahr 2000 startete der gelernte Fachinformatiker im Haus seiner Eltern einen Online-Handel. 'Zunächst nebenberuflich, versteht sich', sagt er. Aber die Geschäfte weiteten sich schneller aus als gedacht. 'Irgendwie', sinniert der Ameisenfan, 'hatte ich mit meinem Hobby einen Nerv getroffen.' Also weiter: 2003 der erste eigene Laden - der Antstore (Ameisen-Laden), der mit den Jahren viel zu klein wurde. Erneuter Umzug vor zwei Jahren, raus in den Gewerbebau am Selerweg im Berliner Stadtbezirk Steglitz. Dazu hat er noch weitere Lagerflächen im Brandenburger Umland angemietet. 'Planvolles, organisches Wachstum' nennt das der Antstore-Chef, der mittlerweile zehn Mitarbeiter beschäftigt. 'Etwa so wie in einem Ameisenhaufen.'
Organisches Wachstum: Erst hat sich Sebesta persönlich auf die Suche nach Ameisenköniginnen, nebst kleinen Völkern, gemacht und dabei die halbe Welt bereist. Inzwischen hat er sich ein weltweites Netzwerk von Partnern gespannt, die ihm die Ameisen zusenden. 'Alles legal und ordnungsgemäß', versichert er. 'Wir beachten streng Artenschutz, Aus- und Einfuhrbestimmungen.' Nur in Berlin und im Umland gehen er und seine Mitarbeiter noch immer auf die Jagd. Auch zieht er nun selbst Ameisenkolonien heran und lässt die Formicarien in unterschiedlichen Größen in der eigenen Werkstatt bauen.
Zum Antstore-Angebot hinzu kommen weitere Ausrüstungen und Gegenstände, die jeder Ameisenhalter benötigt, sowie Bücher und Broschüren zum Thema oder gar Filme wie der Horrorstreifen 'Killerameisen' - mithin mehr als 4000 Artikel. Ein Starterset koste bei ihm 50 Euro, sagt Sebesta. 'Dazu gehört eine Königin, die Eier legt, und mindestens eine Arbeiterin. Hinzu kommt der Glasbehälter.' Exoten freilich sind bei ihm viel teurer. 'Da ist eine Kolonie', so Sebesta, 'nicht unter 300 Euro zu haben.'
Das Volk der Ameisenliebhaber wächst von Jahr zu Jahr und 'Monopolist' Sebesta profitiert davon, dass immer mehr Väter und Söhne - die vor allem- der exotischen Krabbelei verfallen. Dabei kann man die Winzlinge weder streicheln, noch sind sie überaus possierlich. 'Dafür hat man', meint Sebesta, 'bei ihrer Haltung keine Lärm- und Geruchsbelästigung.'
Deutlich größer aber ist das Geschäft, das der Antstore-Gründer mit Zoos, Museen, Schulen, Universitäten, Film- und Fernsehmachern, der Pharmaindustrie aber auch mit Anwaltskanzleien, Messebauern, Werbeagenturen oder IT-Firmen macht. 'Internet- und Softwarefirmen zum Beispiel integrieren gern die Ameise in ihr Firmenlogo', weiß Sebesta. 'Was liegt also näher, sie bei sich im Unternehmen auch lebend zu zeigen.'
Geschäftszahlen sind bei Sebesta strenges Betriebsgeheimnis. Darüber verliert der clevere Unternehmer kein Wort. Aber dass er sich mit seinem europaweiten Ameisen-Business auf weitere Expansion eingestellt hat, betont er gern und erzählt die Geschichte von der Blattschneiderameise, die unermüdlich mit der Erweiterung ihres Nests beschäftigt ist. 'Die Blattschneider errichten Bauten, die acht Meter und mehr in die Tiefe reichen und sich auf 50 Quadratmeter ausbreiten. Unlängst hat man sogar bei ihnen einen 90 Meter langen kerzengeraden Tunnel entdeckt - eine tolle Leistung und ein tolles Vorbild, nicht wahr?'