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Amtseid im Gangnam-Style

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Park Geun Hye, Südkoreas erste Präsidentin, gibt sich in ihrer Antrittsrede volksnah und verspricht eine 'Demokratisierung der Wirtschaft'.

Tokio - Um große Worte war Park Geun Hye nicht verlegen, als sie am Montag ihre Antrittsrede als neue Präsidentin Südkoreas hielt. Eine 'neue Ära der Hoffnung' beginne, sagte sie. Sie wolle, dass, 'alle Koreaner glücklich' sein könnten. Und sie versprach 'ein neues Wunder am Han-Fluss'.



Sänger Psy performte während der Antrittsszeremonie von Südkoreas erster Präsidentin.

Zuvor hatte die erste Frau, die als Präsidentin ins Blaue Haus einzieht, den Amtssitz des Staatsoberhaupts, vor 70000 geladenen Gästen ihren Amtseid abgelegt. Dabei trug sie einen bescheidenen kaki-farbenen Mantel, schwarze Hosen und wie immer eine dicke Schicht Make-up. Die Vereidigung, wie Südkorea sie noch nie gesehen hatte, fand an diesem kalten Februarmorgen im Freien vor dem Parlament statt.

Zum Auftakt hatte Popstar Psy im Smoking und mit Sonnenbrille die 70000, unter ihnen etwa zwanzig ausländische Delegationen und das diplomatische Korps, aufgefordert, mit ihm seinen Hit 'Gangnam-Style' zu tanzen. Die 61-jährige neue Präsidentin, stets reservierte Tochter des ehemaligen Diktators Park Chung Hee hatte vor allem Leute aus dem Volk eingeladen. Ihre Amtszeit hatte sie schon um Mitternacht im Bosingak-Pavillon, dem Zentrum des einstigen Kaiserpalasts, mit 33 Glockenschlägen begonnen.

Morgens besuchte sie den Nationalfriedhof, auf dem ihre Eltern liegen, die bei Attentaten ermordet wurden. Ihr Vater regierte Südkorea 18 Jahre lang diktatorisch, gilt aber auch als 'Vater des Wunders am Han-Fluss', wie man Südkoreas rasanten Wirtschaftsaufschwung nennt. Er wurde 1979 von seinem Leibwächter ermordet, ihre Mutter schon 1974 von einem Attentäter. In der Folge war Park Geun Hye als 22-Jährige in die Rolle der First-Lady geschlüpft. Nun kehrt sie als Hausherrin ins Blaue Haus zurück, das sie nach der Ermordung des Vaters binnen zweier Wochen unter Tränen hatte räumen müssen. Sie selbst war nie verheiratet und hat keine Kinder.

Park versprach in ihrer Rede, den Wohlstand besser zu verteilen. Sie nennt das 'Demokratisierung der Wirtschaft'. Sie kündigte an, sie werde Stellen schaffen, das Sozialsystems erneuern und die Schulen verbessern. 'Der Kapitalismus steht vor neuen Herausforderungen, wie es sie noch nie gegeben hat', sagte sie. Südkorea müsse neue Wege suchen, das sei nicht leicht, aber sie glaube an die Koreaner. Obwohl Park als Konservative gewählt wurde, vertritt sie durchaus sozialdemokratische Werte. Damit hebt sie sich deutlich von ihrem Vorgänger Lee Myung Bak ab, der sich 'Business-Präsident' nannte.

Die Wirtschaft müsse innovativer werden, forderte sie. In einer 'kreativen Wirtschaft verschmelzen Wissenschaft, Industrie und Kultur'. Und 'im 21. Jahrhundert bedeutet Kultur Macht'. Aus der 'Vorstellungskraft des Einzelnen werden Inhalte.' In ihrer Rede richtete sich die neue Präsidentin explizit auch an die sieben Millionen Koreaner, die im Ausland leben, vor allem in Nordamerika.

Nordkorea rief sie auf, das Atomprogramm aufzugeben, Pjöngjang schade nur sich selbst und den Nordkoreanern. Südkoreas Sicherheit sei bedroht, dennoch wolle sie 'Schritt um Schritt Vertrauen auf der koreanischen Halbinsel bilden'.

Entgegen ihrer ursprünglichen Absicht hat Park ihr Amt noch ohne Regierung angetreten. Kim Yong Joon, ihre erste Wahl als Premier, gab fünf Tage nach seiner Nomination auf, weil ihm vorgeworfen wurde, er habe seinen Söhnen geholfen, sich um den Wehrdienst zu drücken. Ersatz Chung Hong-won wurde vom Parlament bereits angehört. Er soll am Dienstag bestätigt werden, obwohl auch sein Sohn sich um den Wehrdienst drückte. Die 17 nominierten Kabinettsmitglieder werden ab Mittwoch befragt, die Regierung dürfte erst Mitte März komplett sein.

Nach der Vereidigungszeremonie führte Park Gespräche mit ausländischen Gästen, unter anderem mit dem japanischen Vize-Premier Taro Aso. Südkorea und Japan streiten sich um die Dokdo, zwei kleine Inseln im Meer, und um eine Entschuldigung für die etwa 300000 Koreanerinnen, die Japan im Zweiten Weltkrieg in die Prostitution zwang.

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