Wenn der Radiomoderator Menasche Amir spricht, hören ihm Millionen Iraner zu. Für sie ist der Israeli die Stimme der freien Welt. Für das Regime in Teheran ist er der Feind.
Bei Menasche Amir, dem höflichen Mann mit weißen Haaren und sanfter Stimme, hat neulich wieder ein Iraner angerufen. Amir, jüdischer Israeli, saß wie immer in Jerusalem und hat aufmerksam zugehört, als der Anrufer forderte, Israel solle endlich sein Land bombardieren. Die Stimme klang nach einer Mischung aus Flehen und Schreien.
Für die Iraner ist der Radiomoderator Menasche Amir die Stimme der Freiheit. Für das Regime ist es die Stimme des Feindes, die aus dem Radio kommt.
Je stärker sich der Atomstreit mit Iran zuspitzt, je aussichtsloser die Verhandlungen sind, desto häufiger bekommt Amir solche Anrufe. Jetzt also dieser ehemalige Pilot der iranischen Luftwaffe, der sagt: 'Ich würde jede Rakete umarmen und küssen, die ihr auf unsere Atomanlagen abfeuert.' Amirs Antwort kommt mittlerweile wie vom Band. Er wolle keinen Krieg, sagt er auf solche Einwürfe, er sei für eine diplomatische Lösung im Atomstreit, für eine friedliche Revolution in Iran und für eine andere Regierung.
Menasche Amir ist einer der wichtigsten Journalisten in Iran - ausgerechnet ein Israeli. Für das Regime in Teheran ist er eine Plage. Es beschimpft ihn als zionistischen Propagandisten, als Feind, als Spion. Allein die Iraner glauben das nicht und schalten jeden Tag um 18.30 Uhr ihr Radio ein, Frequenz 15,7 Megahertz, wenn Amir weit weg, in einem sicheren Studio in Westjerusalem ans Mikrofon tritt, um den Iranern Iran zu erklären.
Amir ist Radiojournalist bei dem öffentlich-rechtlichen Sender Kol Israel (Stimme Israels). Seit 53 Jahren macht er den Job, mittlerweile 90 Minuten Programm täglich. Er moderiert auf Persisch und ist von Jerusalem aus auch noch 2000 Kilometer östlich in Iran zu empfangen.
Als das alles 1960 losging, war Amir gerade von Iran nach Israel ausgewandert. Beide Staaten waren verbündet. Sie trieben Handel und hatten ein Austauschprogramm für Studenten, sie bauten sogar gemeinsam Raketen, denn verteidigen wollten sie sich im Fall der Fälle gemeinsam. Und der Sender Kol Israel sollte den Iranern die Kultur des jüdischen Staates nahebringen. Dafür war niemand besser geeignet als Amir, ein in Iran geborener Jude, der Persisch und Hebräisch spricht, der mit beiden Ländern und Völkern vertraut ist, weil sie beide Teil seiner Identität sind.
Dann kam die islamische Revolution 1979. Heute baut man in Iran Raketen, um Israel zu bedrohen. Und Amirs Mission ist es jetzt, die Iraner mit Nachrichten zu versorgen und mit sauber recherchierten Informationen. Inmitten der iranischen Propaganda ist Kol Israel zusammen mit dem persischsprachigen Programm der BBC der wichtigste Lieferant für glaubwürdigen politischen Journalismus. Und Amir ist sein Aushängeschild.
Also berichtet er Tag für Tag: Über den steigenden Käse-Preis in Iran, über Streiks in den Fabriken, über den Streit zwischen Präsident Ahmadinedschad und dem Obersten Führer Chamenei.
Wie viele Menschen er genau erreicht, weiß Amir nicht. Schätzungen gehen von bis zu fünf Millionen Hörern an Spitzentagen aus. Diplomaten in Iran gilt Kol Israel als wichtige Informationsquelle. Die Frau von Staatsgründer Ayatollah Khomeini hat einem Reporter einmal erzählt, dass Khomeini jeden Tag das israelische Radio höre, um zu wissen, was in seinem Land los sei. Der ehemalige iranische Premier Mehdi Bazargan war sich sicher, dass Kol Israel Spione im Land haben müsse, so gut sei der Sender informiert. Ob das stimmt, will Menasche Amir nicht sagen, er lächelt nur lange und sagt: 'Seien Sie sicher, wir haben ein sehr genaues Bild.'
Das setzt sich auch aus den Anrufen der Call-In-Sendung zusammen. Amir moderiert sie jeden Sonntag seit 20 Jahren. Tausende Iraner haben seither angerufen, so wie der Ex-Pilot. Viele nutzen eine Nummer in Deutschland, weil israelische Anschlüsse aus Iran nicht direkt angewählt werden können. Die meisten sind Regimekritiker. Sie beschweren sich bitterlich, dass sie sich kein Fleisch leisten können, dass Familienmitglieder verhaftet wurden, dass das Regime am Atomprogramm festhält in Zeiten, in denen jeder fünfte Iraner in Armut lebt. Aber auch Regimetreue rufen manchmal an, schreien live on Air 'Tod dem Staat Israel!' Dennoch: Hinter den Telefonstimmen glaubt Amir ein Land zu erkennen, das nur auf den richtigen Moment für eine Revolution wartet. Ein nach außen stabil wirkendes Regime, dessen Grundlage erodiert ist. Und eine Bevölkerung, die mehrheitlich internationale Hilfe will, auch militärische.
Vielleicht glaubt er wirklich daran, dass das Regime bald fällt. Vielleicht redet er sich das auch ein, bestärkt von den vielen Anrufern. Nichts sähe Menasche Amir lieber als die Befreiung seines Landes von der Herrschaft der religiösen Fanatiker. 'Sein Land', so nennt er Iran auch nach mehr als einem halben Jahrhundert Exil. 'Ich bin in Iran geboren und liebe Iran. Ich lebe in Israel und liebe Israel. Sie sind für mich wie Vater und Mutter', sagt Amir. Er träumt davon, nach Iran reisen zu können, ohne sicher zu sein, in einem Sarg zurückzukommen, wenn überhaupt. Große Teile seines Heimatlandes kennt er nur aus Berichten und von den Stimmen am Telefon. Als er nach Israel emigrierte, war er 20.
Heute ist Amir 73. Und er glaubt fest daran, zum Sturz der Ayatollahs beizutragen, indem er den Iranern in seinen Sendungen Werte wie Meinungs- und Pressefreiheit vermittelt. Er hat das Gefühl, gebraucht zu werden und Einfluss zu haben. Ein Hörer hat ihm neulich gesagt: 'Menasche, wenn Iran frei ist und du kommst, wählen wir dich zum Präsidenten.' Amirs Antwort: 'Keine schlechte Idee.'
Bei Menasche Amir, dem höflichen Mann mit weißen Haaren und sanfter Stimme, hat neulich wieder ein Iraner angerufen. Amir, jüdischer Israeli, saß wie immer in Jerusalem und hat aufmerksam zugehört, als der Anrufer forderte, Israel solle endlich sein Land bombardieren. Die Stimme klang nach einer Mischung aus Flehen und Schreien.
Für die Iraner ist der Radiomoderator Menasche Amir die Stimme der Freiheit. Für das Regime ist es die Stimme des Feindes, die aus dem Radio kommt.
Je stärker sich der Atomstreit mit Iran zuspitzt, je aussichtsloser die Verhandlungen sind, desto häufiger bekommt Amir solche Anrufe. Jetzt also dieser ehemalige Pilot der iranischen Luftwaffe, der sagt: 'Ich würde jede Rakete umarmen und küssen, die ihr auf unsere Atomanlagen abfeuert.' Amirs Antwort kommt mittlerweile wie vom Band. Er wolle keinen Krieg, sagt er auf solche Einwürfe, er sei für eine diplomatische Lösung im Atomstreit, für eine friedliche Revolution in Iran und für eine andere Regierung.
Menasche Amir ist einer der wichtigsten Journalisten in Iran - ausgerechnet ein Israeli. Für das Regime in Teheran ist er eine Plage. Es beschimpft ihn als zionistischen Propagandisten, als Feind, als Spion. Allein die Iraner glauben das nicht und schalten jeden Tag um 18.30 Uhr ihr Radio ein, Frequenz 15,7 Megahertz, wenn Amir weit weg, in einem sicheren Studio in Westjerusalem ans Mikrofon tritt, um den Iranern Iran zu erklären.
Amir ist Radiojournalist bei dem öffentlich-rechtlichen Sender Kol Israel (Stimme Israels). Seit 53 Jahren macht er den Job, mittlerweile 90 Minuten Programm täglich. Er moderiert auf Persisch und ist von Jerusalem aus auch noch 2000 Kilometer östlich in Iran zu empfangen.
Als das alles 1960 losging, war Amir gerade von Iran nach Israel ausgewandert. Beide Staaten waren verbündet. Sie trieben Handel und hatten ein Austauschprogramm für Studenten, sie bauten sogar gemeinsam Raketen, denn verteidigen wollten sie sich im Fall der Fälle gemeinsam. Und der Sender Kol Israel sollte den Iranern die Kultur des jüdischen Staates nahebringen. Dafür war niemand besser geeignet als Amir, ein in Iran geborener Jude, der Persisch und Hebräisch spricht, der mit beiden Ländern und Völkern vertraut ist, weil sie beide Teil seiner Identität sind.
Dann kam die islamische Revolution 1979. Heute baut man in Iran Raketen, um Israel zu bedrohen. Und Amirs Mission ist es jetzt, die Iraner mit Nachrichten zu versorgen und mit sauber recherchierten Informationen. Inmitten der iranischen Propaganda ist Kol Israel zusammen mit dem persischsprachigen Programm der BBC der wichtigste Lieferant für glaubwürdigen politischen Journalismus. Und Amir ist sein Aushängeschild.
Also berichtet er Tag für Tag: Über den steigenden Käse-Preis in Iran, über Streiks in den Fabriken, über den Streit zwischen Präsident Ahmadinedschad und dem Obersten Führer Chamenei.
Wie viele Menschen er genau erreicht, weiß Amir nicht. Schätzungen gehen von bis zu fünf Millionen Hörern an Spitzentagen aus. Diplomaten in Iran gilt Kol Israel als wichtige Informationsquelle. Die Frau von Staatsgründer Ayatollah Khomeini hat einem Reporter einmal erzählt, dass Khomeini jeden Tag das israelische Radio höre, um zu wissen, was in seinem Land los sei. Der ehemalige iranische Premier Mehdi Bazargan war sich sicher, dass Kol Israel Spione im Land haben müsse, so gut sei der Sender informiert. Ob das stimmt, will Menasche Amir nicht sagen, er lächelt nur lange und sagt: 'Seien Sie sicher, wir haben ein sehr genaues Bild.'
Das setzt sich auch aus den Anrufen der Call-In-Sendung zusammen. Amir moderiert sie jeden Sonntag seit 20 Jahren. Tausende Iraner haben seither angerufen, so wie der Ex-Pilot. Viele nutzen eine Nummer in Deutschland, weil israelische Anschlüsse aus Iran nicht direkt angewählt werden können. Die meisten sind Regimekritiker. Sie beschweren sich bitterlich, dass sie sich kein Fleisch leisten können, dass Familienmitglieder verhaftet wurden, dass das Regime am Atomprogramm festhält in Zeiten, in denen jeder fünfte Iraner in Armut lebt. Aber auch Regimetreue rufen manchmal an, schreien live on Air 'Tod dem Staat Israel!' Dennoch: Hinter den Telefonstimmen glaubt Amir ein Land zu erkennen, das nur auf den richtigen Moment für eine Revolution wartet. Ein nach außen stabil wirkendes Regime, dessen Grundlage erodiert ist. Und eine Bevölkerung, die mehrheitlich internationale Hilfe will, auch militärische.
Vielleicht glaubt er wirklich daran, dass das Regime bald fällt. Vielleicht redet er sich das auch ein, bestärkt von den vielen Anrufern. Nichts sähe Menasche Amir lieber als die Befreiung seines Landes von der Herrschaft der religiösen Fanatiker. 'Sein Land', so nennt er Iran auch nach mehr als einem halben Jahrhundert Exil. 'Ich bin in Iran geboren und liebe Iran. Ich lebe in Israel und liebe Israel. Sie sind für mich wie Vater und Mutter', sagt Amir. Er träumt davon, nach Iran reisen zu können, ohne sicher zu sein, in einem Sarg zurückzukommen, wenn überhaupt. Große Teile seines Heimatlandes kennt er nur aus Berichten und von den Stimmen am Telefon. Als er nach Israel emigrierte, war er 20.
Heute ist Amir 73. Und er glaubt fest daran, zum Sturz der Ayatollahs beizutragen, indem er den Iranern in seinen Sendungen Werte wie Meinungs- und Pressefreiheit vermittelt. Er hat das Gefühl, gebraucht zu werden und Einfluss zu haben. Ein Hörer hat ihm neulich gesagt: 'Menasche, wenn Iran frei ist und du kommst, wählen wir dich zum Präsidenten.' Amirs Antwort: 'Keine schlechte Idee.'