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Ganz locker

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Die Pasta- und Pizzakette Vapiano will italienisches Lebensgefühl vermitteln - auch ihren Mitarbeitern, die sie Vapianisti nennt. Doch nun gibt es Streit um die Gründung eines Betriebsrats. Sogar die Staatsanwaltschaft Bochum wurde eingeschaltet.

München - 'Wer alles im Leben locker und gelassen angeht, lebt gesünder und länger, so ein italienisches Sprichwort. Und genau dieses Lebensgefühl wird tagtäglich in unseren Restaurants gelebt - von unseren Gästen und von unseren Mitarbeitern, den Vapianisti.' So freundlich steht es auf der Homepage des Gastronomieunternehmens Vapiano.



Die freundliche Fassade bröckelt: Streit um Betriebsrat bei Vapiano.

Weniger freundlich und weniger locker geht es derzeit zwischen der Pasta- und Pizza-Kette und der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten NGG zu. Gewerkschaft und Unternehmensleitung streiten sich vor Gericht und mit Strafanzeigen wegen der Gründung eines Betriebsrats in einem Betrieb in Bochum.

Die Gewerkschaft NGG unterstellt dem Unternehmen, die Betriebsratswahl in dem Bochumer Restaurant 'massiv' zu behindern. Die Gewerkschaft und der Wahlvorstand des Bochumer Betriebs haben nach eigenen Angaben bei der Staatsanwaltschaft Bochum Strafantrag gestellt. Ein Sprecher der Staatsanwaltschaft bestätigte dies und sagte, es betreffe Paragraf 119 des Betriebsverfassungsgesetzes. Darin ist geregelt, dass mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe rechnen muss, wer eine Betriebsratswahl behindert oder diese 'durch Zufügung oder Androhung von Nachteilen oder durch Gewährung oder Versprechen von Vorteilen beeinflusst'. Der Sprecher der Staatsanwaltschaft sagte, es seien mehrere Zeugen genannt, die nun vernommen würden.

Vapiano betreibt nach eigenen Angaben 120Restaurants in 26 Ländern in Eigenregie und als Franchisebetriebe. Letztere werden von rechtlich selbständigen Unternehmern geführt. In Deutschland gibt es insgesamt 53 Restaurants. Einzig in dem Franchisebetrieb in Dortmund gibt es einen Betriebsrat, bestätigte Vapiano. 2011 setzte das Unternehmen mit rund 7200 Mitarbeitern weltweit 233 Millionen Euro um. Für 2012 liegen noch keine Zahlen vor.

Nach Darstellung der Gewerkschaft NGG haben drei Beschäftigte am 21.Januar einen Aufruf zur Einleitung der Betriebsratswahl ausgehängt. Vom ersten Tag des Aushangs an habe sich der Arbeitgeber eingemischt, sagte Rechtsanwalt Marc Hessling, der den Wahlvorstand vertritt. Die Mitglieder des Wahlvorstands seien zunächst benachteiligt worden, einigen wurde später sogar gekündigt.

Vapiano weist die Vorwürfe zurück. Die Pasta-Kette kündigte ihrerseits rechtliche Schritte an. Dies sei vorige Woche entschieden worden, 'nachdem es vermehrt Hinweise zum nicht ordnungsgemäßen Ablauf des Wahlverfahrens gegeben hatte', teilte das Unternehmen in einer Stellungnahme mit. Mitarbeiter des Bochumer Restaurants wollten gegen Mitglieder des Wahlvorstands Strafanzeige wegen Nötigung erstatten und zögen dies zumindest in Erwägung. Einige Mitglieder des Wahlvorstands hätten massiv Druck auf die Belegschaft ausgeübt und gezielt Angst verbreitet, heißt es in der Mitteilung des Unternehmens. Vapiano sieht sich mit einer Gewerkschaftskampagne konfrontiert.

'Wir befürworten die Arbeit von Betriebsräten', sagte Gregor Gerlach, Vorstandsvorsitzender von Vapiano. 'Das Verfahren in Bochum allerdings ist unfair, undemokratisch und nicht ordnungsgemäß abgelaufen. Mitarbeiter haben sich dort von den Initiatoren der Wahl unter Druck gesetzt gefühlt. Da wurde Angst verbreitet', so Gerlach. Die Initiatoren der Betriebsratswahl hätten offenbar weniger die Interessen ihrer Kollegen, sondern mehr ihre eigenen im Blick gehabt, vermutet der Vapiano-Chef.

So habe ein Teil der Mitarbeiter aus zeitlichen Gründen nicht an der Wahlversammlung teilnehmen können. Ihr Wunsch, die Wahlversammlung zu verschieben, sei abgelehnt worden. 'Ganz offensichtlich um ihre Beteiligung an der Wahl zu verhindern.' Außerdem seien jene Mitarbeiter von einigen Mitgliedern des Wahlvorstands so massiv bedroht worden, dass sie nicht mehr zur Arbeit kommen mochten und das Unternehmen um Hilfe gebeten hätten. Dies schließlich habe zur Kündigung von zwei Mitarbeiterinnen aus dem Wahlvorstand geführt, erklärte Gerlach. 'Wir haben Sorge, dass sich nun die Gewerkschaft NGG von diesen Mitarbeitern instrumentalisieren und einspannen lässt', befürchtet er. Die Gewerkschaft übernehme die 'individuelle Sichtweise der Gekündigten'.

Die Behauptung, Vapiano wolle einen Betriebsrat verhindern, wies das Unternehmen entschieden zurück. Vapiano habe alles getan, um den Wahlvorstand in seiner Arbeit zu unterstützen.

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