Die FR wird es weiter geben. Der FAZ-Verlag hat den Kaufvertrag unterschrieben. Das ist die gute Nachricht. Aber in Frankfurt stellt man sich die Frage, ob das nicht der Tod auf Raten ist.
Sie haben neutralen Boden gewählt, um an diesem Donnerstag vor die Presse zu treten. Nicht in eines der Verlagshäuser, sondern in den Frankfurter Presseclub, haben die fünf Männer geladen, um über das Überleben der Frankfurter Rundschau zu sprechen. Es sind die Vertreter der drei neuen Eigentümer, Insolvenzverwalter Frank Schmitt und der Chefredakteur der FR, Arnd Festerling. Ob es überhaupt ein Überleben geben würde, soll noch in der Nacht zuvor unklar gewesen sein. Und jetzt: Die Marke FR überlebt, sie gehört seit diesem Freitag derselben Gruppe wie die Frankfurter Allgemein Zeitung. Das ist die gute Nachricht. Doch der Preis ist hoch. Das wissen auch die fünf Männer, die da vorne sitzen in dem engen, vollgestopften Saal.
Der FAZ-Verlag hat die Frankfurter Runschau gekauft. Doch ist sie damit gerettet?
Arnd Festerling kündigt an, auch mit neuen Eigentümern noch einige Zeit weiterzumachen als Chef, aber nicht mehr für lange. Es war 'ein Tanz für einen Sommer', sagt er. Er hatte den Posten erst im Juni übernommen und mit der FR 'nicht die allerbesten Zeiten mitgemacht'. Bei aller Erleichterung über das Überleben, echte Freude ist bei keinem der Beteiligten zu sehen. Denn nun hat zwar die FAZ die FR übernommen. Und es geht also weiter. Aber in Frankfurt stellt man sich die Frage, ob das alles nicht trotzdem das Ende der FR bedeutet.
Im Frankfurter Presseclub sagt Tobias Trevisan, Geschäftsführer der Frankfurter Allgemeinen Zeitung: 'Wir bedauern selbstverständlich, dass es zum Abbau von Arbeitsplätzen kommt, das ist traurig.' Etwa 300 FR-Mitarbeiter aus Druckerei, Redaktion und Verwaltung verlieren ihren Job. Druck und Verlag übernimmt die FAZ. Nur 28 der insgesamt 65 Redakteure werden noch gebraucht, sie ziehen in den kommenden drei Monaten um ins Haus des Konkurrenten. Von dort sollen sie mit Hilfe einer großen Zahl freier und geliehener Mitarbeiter und Autoren die FR weiterhin so aussehen lassen wie bisher. Das wird die neuen Eigentümer wohl deutlich weniger kosten als die alten. 'Wir wollen die FR von ihren Fixkosten entlasten', sagt Trevisan. Er gehe davon aus, dass die Zeitung wieder wirtschaftlich betrieben werden könne.
Die Frankfurter Allgemeine Zeitung hat 35 Prozent und die Frankfurter Societät 55 Prozent der insolventen FR gekauft, besser gesagt an den Markenrechten, der Abonnenten-Kartei und den 28 Redakteuren. Zusammen bilden sie eine neue Frankfurter Rundschau GmbH. Deren neuen Eigentümer gehören beide mehrheitlich der Fazit-Stiftung, die nun alle drei Frankfurter Tageszeitungen unter einem Dach vereint - neben FAZ und FR auch die Frankfurter Neue Presse. Anzeigenkunden kommen in Frankfurt also nicht mehr an ihr vorbei. Deshalb hatte auch das Kartellamt die Übernahme geprüft und am Mittwoch - im Grunde auch aus Mangel an Alternativen - genehmigt.
Es war wohl auch der Mangel an Alternativen, der am Ende dazu geführt hat, dass die FAZ ihre Bedingungen offenbar weitgehend durchsetzen konnte. Natürlich hätte man sich gewünscht, dass mehr Arbeitsplätze erhalten bleiben, sagte Insolvenzverwalter Frank Schmitt. Aber: 'Wir können uns leider keinen Investor backen.' Der Betriebsratsvorsitzende Marcel Bathis beklagt, dass es kaum Spielraum bei den Verhandlungen gab, was Anzahl und Auswahl der übernommenen Mitarbeiter angeht. 'Der Betriebsrat stand unter enormen Druck die Bedingungen so zu erfüllen, dass es ins Konzept des Käufers passte', sagt er. Auch beim Kaufpreis soll die FAZ nach dem Okay des Kartellamtes am Mittwoch noch einmal nachverhandelt haben. Denn da war klar: Entweder man einigt sich, oder es erscheint am Freitag keine Frankfurter Rundschau mehr.
Dabei ging es laut Festerling auch um das Konzept, wie es nun mit der FR weitergehen soll. Klar ist: Die 28 Redakteure, die bleiben, werden sich vor allem um den Regionalteil kümmern, der überregionale Teil wird in den kommenden drei Monaten noch von der Berliner Gemeinschaftsredaktion von M. DuMont Schauberg geliefert, die sich die FR bisher mit der Berliner Zeitung teilte. Der Pressedienst Frankfurt (PDF), der der FR bisher 26 Journalisten ähnlich wie Leiharbeiter zur Verfügung stellte, soll seine Dienste laut Hans Homrigshausen, Geschäftsführer der Frankfurter Societät, deutlich ausweiten. Er soll der FR bis Ende 2013 etwa 40 Mitarbeiter stellen. Homrigshausen sagt: 'Wir wollen den Mantel selbst machen' - man spreche aber trotzdem mit DuMont über eine weitere Zusammenarbeit.
Eine FR von Leiharbeitern also - so stellt man sich derzeit offenbar die Zukunft vor. Auch bei der FAZ war die Unruhe am Donnerstag groß. Mehrarbeit und eine Vermischung der Redaktionen waren die Themen bei einer Betriebsversammlung am Donnerstag.
Dass die FR Texte der FAZ oder der FNP übernimmt, schlossen die neuen Eigentümer aus. 'Wichtig ist, dass die FR unabhängig und bei ihrem politischen Profil bleibt', sagte Trevisan. Dafür soll die Beteiligung der Karl-Gerold-Stiftung sorgen, die die übrigen zehn Prozent an der FR behält. Deren Verfassung sieht vor, die FR als links-liberale Tageszeitung zu erhalten.
Das alles ist bislang nur Theorie. In der FR-Redaktion stellen sich natürlich trotzdem viele die Frage, wie das gehen soll. Die FR, sagen sie, werde ja gerade deshalb von vielen gelesen, weil sie eben nicht die FAZ sei. Die Rundschau müsste, um glaubwürdig zu bleiben, sich politisch weiter deutlich abgrenzen. Man wird abwarten müssen, ob das möglich ist. Klar ist, dass es diese Beispiele in Deutschland gibt. In Köln besitzt der Verlag M.DuMont Schauberg seit einigen Jahren sowohl den Kölner Stadtanzeiger als auch die Kölnische Rundschau, deren Redaktion trotz der Übernahme unabhängig blieb. Auch die Nürnberger Nachrichten und die Nürnberger Zeitung gehören beide dem Verleger Bruno Schnell, die Redaktionen sind aber getrennt. In Stuttgart gehören die eher links-liberale Stuttgarter Zeitung und die konservativen Stuttgarter Nachrichten (wie auch die SZ) zur SWMH.
Für aufmunternde Positivbeispiele aber war in Frankfurt bislang keine Zeit. Der Donnerstag war ein bitterer Tag für die Redaktion, auch wegen eines Schicksalschlags, der vielen wie eine Metapher vorgekommen sein soll: Ausgerechnet zwei Stunden nach der Pressekonferenz, haben die FR-Redakteure einen jungen Kollegen beerdigt. Als Anfang Februar der Karikaturist Felix Mussil starb, der jahrzehntelang für die Rundschau zeichnete, sei für die Kollegen die alte FR gestorben. Und mit dem Tod des 32-jährigen Journalisten nur ein paar Tage später die neue Rundschau.
Sie haben neutralen Boden gewählt, um an diesem Donnerstag vor die Presse zu treten. Nicht in eines der Verlagshäuser, sondern in den Frankfurter Presseclub, haben die fünf Männer geladen, um über das Überleben der Frankfurter Rundschau zu sprechen. Es sind die Vertreter der drei neuen Eigentümer, Insolvenzverwalter Frank Schmitt und der Chefredakteur der FR, Arnd Festerling. Ob es überhaupt ein Überleben geben würde, soll noch in der Nacht zuvor unklar gewesen sein. Und jetzt: Die Marke FR überlebt, sie gehört seit diesem Freitag derselben Gruppe wie die Frankfurter Allgemein Zeitung. Das ist die gute Nachricht. Doch der Preis ist hoch. Das wissen auch die fünf Männer, die da vorne sitzen in dem engen, vollgestopften Saal.
Der FAZ-Verlag hat die Frankfurter Runschau gekauft. Doch ist sie damit gerettet?
Arnd Festerling kündigt an, auch mit neuen Eigentümern noch einige Zeit weiterzumachen als Chef, aber nicht mehr für lange. Es war 'ein Tanz für einen Sommer', sagt er. Er hatte den Posten erst im Juni übernommen und mit der FR 'nicht die allerbesten Zeiten mitgemacht'. Bei aller Erleichterung über das Überleben, echte Freude ist bei keinem der Beteiligten zu sehen. Denn nun hat zwar die FAZ die FR übernommen. Und es geht also weiter. Aber in Frankfurt stellt man sich die Frage, ob das alles nicht trotzdem das Ende der FR bedeutet.
Im Frankfurter Presseclub sagt Tobias Trevisan, Geschäftsführer der Frankfurter Allgemeinen Zeitung: 'Wir bedauern selbstverständlich, dass es zum Abbau von Arbeitsplätzen kommt, das ist traurig.' Etwa 300 FR-Mitarbeiter aus Druckerei, Redaktion und Verwaltung verlieren ihren Job. Druck und Verlag übernimmt die FAZ. Nur 28 der insgesamt 65 Redakteure werden noch gebraucht, sie ziehen in den kommenden drei Monaten um ins Haus des Konkurrenten. Von dort sollen sie mit Hilfe einer großen Zahl freier und geliehener Mitarbeiter und Autoren die FR weiterhin so aussehen lassen wie bisher. Das wird die neuen Eigentümer wohl deutlich weniger kosten als die alten. 'Wir wollen die FR von ihren Fixkosten entlasten', sagt Trevisan. Er gehe davon aus, dass die Zeitung wieder wirtschaftlich betrieben werden könne.
Die Frankfurter Allgemeine Zeitung hat 35 Prozent und die Frankfurter Societät 55 Prozent der insolventen FR gekauft, besser gesagt an den Markenrechten, der Abonnenten-Kartei und den 28 Redakteuren. Zusammen bilden sie eine neue Frankfurter Rundschau GmbH. Deren neuen Eigentümer gehören beide mehrheitlich der Fazit-Stiftung, die nun alle drei Frankfurter Tageszeitungen unter einem Dach vereint - neben FAZ und FR auch die Frankfurter Neue Presse. Anzeigenkunden kommen in Frankfurt also nicht mehr an ihr vorbei. Deshalb hatte auch das Kartellamt die Übernahme geprüft und am Mittwoch - im Grunde auch aus Mangel an Alternativen - genehmigt.
Es war wohl auch der Mangel an Alternativen, der am Ende dazu geführt hat, dass die FAZ ihre Bedingungen offenbar weitgehend durchsetzen konnte. Natürlich hätte man sich gewünscht, dass mehr Arbeitsplätze erhalten bleiben, sagte Insolvenzverwalter Frank Schmitt. Aber: 'Wir können uns leider keinen Investor backen.' Der Betriebsratsvorsitzende Marcel Bathis beklagt, dass es kaum Spielraum bei den Verhandlungen gab, was Anzahl und Auswahl der übernommenen Mitarbeiter angeht. 'Der Betriebsrat stand unter enormen Druck die Bedingungen so zu erfüllen, dass es ins Konzept des Käufers passte', sagt er. Auch beim Kaufpreis soll die FAZ nach dem Okay des Kartellamtes am Mittwoch noch einmal nachverhandelt haben. Denn da war klar: Entweder man einigt sich, oder es erscheint am Freitag keine Frankfurter Rundschau mehr.
Dabei ging es laut Festerling auch um das Konzept, wie es nun mit der FR weitergehen soll. Klar ist: Die 28 Redakteure, die bleiben, werden sich vor allem um den Regionalteil kümmern, der überregionale Teil wird in den kommenden drei Monaten noch von der Berliner Gemeinschaftsredaktion von M. DuMont Schauberg geliefert, die sich die FR bisher mit der Berliner Zeitung teilte. Der Pressedienst Frankfurt (PDF), der der FR bisher 26 Journalisten ähnlich wie Leiharbeiter zur Verfügung stellte, soll seine Dienste laut Hans Homrigshausen, Geschäftsführer der Frankfurter Societät, deutlich ausweiten. Er soll der FR bis Ende 2013 etwa 40 Mitarbeiter stellen. Homrigshausen sagt: 'Wir wollen den Mantel selbst machen' - man spreche aber trotzdem mit DuMont über eine weitere Zusammenarbeit.
Eine FR von Leiharbeitern also - so stellt man sich derzeit offenbar die Zukunft vor. Auch bei der FAZ war die Unruhe am Donnerstag groß. Mehrarbeit und eine Vermischung der Redaktionen waren die Themen bei einer Betriebsversammlung am Donnerstag.
Dass die FR Texte der FAZ oder der FNP übernimmt, schlossen die neuen Eigentümer aus. 'Wichtig ist, dass die FR unabhängig und bei ihrem politischen Profil bleibt', sagte Trevisan. Dafür soll die Beteiligung der Karl-Gerold-Stiftung sorgen, die die übrigen zehn Prozent an der FR behält. Deren Verfassung sieht vor, die FR als links-liberale Tageszeitung zu erhalten.
Das alles ist bislang nur Theorie. In der FR-Redaktion stellen sich natürlich trotzdem viele die Frage, wie das gehen soll. Die FR, sagen sie, werde ja gerade deshalb von vielen gelesen, weil sie eben nicht die FAZ sei. Die Rundschau müsste, um glaubwürdig zu bleiben, sich politisch weiter deutlich abgrenzen. Man wird abwarten müssen, ob das möglich ist. Klar ist, dass es diese Beispiele in Deutschland gibt. In Köln besitzt der Verlag M.DuMont Schauberg seit einigen Jahren sowohl den Kölner Stadtanzeiger als auch die Kölnische Rundschau, deren Redaktion trotz der Übernahme unabhängig blieb. Auch die Nürnberger Nachrichten und die Nürnberger Zeitung gehören beide dem Verleger Bruno Schnell, die Redaktionen sind aber getrennt. In Stuttgart gehören die eher links-liberale Stuttgarter Zeitung und die konservativen Stuttgarter Nachrichten (wie auch die SZ) zur SWMH.
Für aufmunternde Positivbeispiele aber war in Frankfurt bislang keine Zeit. Der Donnerstag war ein bitterer Tag für die Redaktion, auch wegen eines Schicksalschlags, der vielen wie eine Metapher vorgekommen sein soll: Ausgerechnet zwei Stunden nach der Pressekonferenz, haben die FR-Redakteure einen jungen Kollegen beerdigt. Als Anfang Februar der Karikaturist Felix Mussil starb, der jahrzehntelang für die Rundschau zeichnete, sei für die Kollegen die alte FR gestorben. Und mit dem Tod des 32-jährigen Journalisten nur ein paar Tage später die neue Rundschau.