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Angriff mit dem Fleischermesser

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Nach der Ermordung einer Angestellten im Jobcenter Neuss steht der mutmaßliche Täter vor Gericht - sein Motiv ist unklar

Ahmed S. ist 52 Jahre alt. Er ist in Marokko geboren, im Jahr 2001 kam er nach Deutschland, wo seine Eltern schon seit 20 Jahren lebten. Auch seine Brüder und eine Schwester leben hier, er selbst hat fünf Kinder. Ahmed S. hat ein sehr schmales, langes Gesicht, seine vollen, dunklen Haare fangen an, sich grau zu färben, aber die Augenbrauen und der Schnurrbart sind noch pechschwarz. Er hat sich, soweit man weiß, noch nie etwas zuschulden kommen lassen. Aber jetzt ist er wegen Mordes angeklagt. Am 26. September 2012 hat er im Jobcenter in Neuss die 32-jährige Angestellte Irene N. erstochen. Am Mittwoch begann vor dem Landgericht Düsseldorf der Prozess gegen S..



Es gibt einen Augenzeugen der Tat. Salvatore T. hatte an diesem Vormittag um neun Uhr einen Termin bei Irene N. im Jobcenter. Salvatore T. ist Italiener, er lebt von Hartz IV, und mit seinen 60 Jahren macht er sich nicht mehr viel Hoffnung auf einen Job. Er hatte bei Frau N. angeklopft, aber sie telefonierte. Also wartete er auf dem Flur. Da kam dieser Mann den Flur entlang, es war nichts Auffälliges an ihm. In diesem Moment öffnete Frau N. die Tür, um Salvatore T. hereinzubitten. Sie sieht den anderen Mann, bittet Salvatore um einen Augenblick Geduld, es gehe nur um zwei kurze Fragen. Salvatore setzt sich wieder. Dann hört er einen Schrei. Er weiß nicht genau, woher der Schrei kommt. Dann ein zweiter Schrei. Jetzt ist klar: Es ist Frau N., die schreit. 'Ich öffne die Tür', sagt der Zeuge, 'ich sehe Frau N. mit dem Rücken zum Fenster, der Mann steht vor ihr, er macht eine Bewegung mit der Hand zu ihrem Bauch. Er dreht sich um, da sehe ich das Messer. Das Messer ist blutig, seine Hand auch. Er macht einen Schritt auf mich zu. Da laufe ich aus dem Zimmer, ich hatte Angst.' Salvatore stürzt in ein benachbartes Büro, er sagt der Frau, die dort arbeitet, sie müsse die Polizei rufen.

Es dauert nur wenige Minuten, bis drei Streifenwagen am Tatort eintreffen. Das Polizeirevier liegt ganz in der Nähe des Jobcenters. Etwa fünfzig Meter vom Eingang des Amtes entfernt sehen die Beamten einen Mann stehen, auf den die Personenbeschreibung passt: schmal, südländisches Aussehen, Lederjacke. Der Mann hebt die linke Hand, als wolle er auf sich aufmerksam machen. In der rechten Hand hält er noch das Messer, ein Fleischmesser, 20 Zentimeter Klingenlänge. 'Messer weg', schreit der Polizist, und der Mann lässt das Messer fallen. Er wird zu Boden gebracht, gefesselt, er leistet keinen Widerstand. Er klagt nur andauernd, weil sein Knie schmerzt. 'Das konnte ich nicht begreifen', sagt der Polizeibeamte. 'Wieso beschwert er sich ständig wegen seinem Knie, wenn er ein paar Minuten vorher jemandem ein großes Messer in den Körper gerammt hat'.

Mit welcher Wucht das geschah, schilderet der Gerichtsmediziner. Irene N. wurde von vier Stichen getroffen, einer in die Brust, zwei in den Oberbauch, einer in den Oberschenkel. Der Stich in die Brust durchtrennte die Hauptschlagader an zwei Stellen, Irene N. verblutete in kürzester Zeit. Einer der Stiche in den Bauch verursachte eine Austrittswunde am Rücken - der Körper wurde vollständig durchstochen. Der Täter hatte zwei Messer dabei. Das erste brach ab, weil es den Fensterrahmen traf.

Ahmed S. machte am ersten Prozesstag noch keine Angaben, aber seine Verteidiger kündigten an, dass er sich an einem der nächsten Verhandlungstage äußern werde. Vielleicht gibt es dann eine Erklärung für die rätselhafte Tat. Das Motiv, das Ahmed S. bei der Polizei angegeben hat, steht in keinem Verhältnis zu der mörderischen Aggression. Er soll aus Wut gehandelt haben, weil er sich durch eine Datenschutzerklärung, die er als Arbeitssuchender unterschrieben hatte, getäuscht fühlte. In der Erklärung, sagen seine Verteidiger Gerd meister und Horst Ruthmann, gehe es um die Weitergabe von Daten innerhalb der Behörde oder an potenzielle Arbeitgeber. Ahmed S. habe eine Fernsehsendung zum Thema Datenschutz gesehen, und er habe befürchtet, irgendjemand könne mit seinen persönlichen Daten illegale Geschäfte machen. Nächtelang habe er deshalb nicht schlafen können. Heute, sagt Meister, könne sein Mandant sich die Tat selbst nicht mehr erklären.

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