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Zypern belastet

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Nachdem bekannt wurde, dass auch Kleinsparer ihr Erspartes abgeben müssen, reagieren die Aktienmärkte nervös.

Urplötzlich war sie wieder da - die Furcht vor einem Wiederaufleben der Euro-Krise. Die Pläne zur Rettung Zyperns sehen vor, dass auch Kleinsparer des Inselstaates ihren Obulus leisten müssen. Das ist ein Tabubruch, denn in der EU gilt die Einlagensicherung bis zu 100000 Euro. Nun könnten Spanier und Italiener fürchten, dass es im Ernstfall ebenfalls an ihre Spareinlagen geht.

Die Aktienmärkte reagierten am Montag sehr nervös, der Dax büßte in der Spitze zwei Prozent ein und fiel unter die Marke von 8000 Punkten. Der Wechselkurs des Euro zum Dollar gab zudem nach, ein Euro kostete 1,28 Dollar, so wenig wie seit drei Monaten nicht mehr. Man erinnert sich: Noch vor gut einem Monat gab es eine Diskussion über den starken Euro - die Finanzmärkte sind auch im Jahr Drei der Euro-Schuldenkrise sehr wankelmütig.


Viele zyprische Bankkunden sind empört, dass sie zur Kasse gebeten werden.

Wie gefährlich ist die Situation nun, muss man in anderen Staaten wie Spanien einen Bankenansturm der Kunden befürchten? 'Das Risiko ist beherrschbar', sagt Jörg Krämer, Chefvolkswirt der Commerzbank. Zum einen wüssten alle anderen in der Eurozone, dass Zypern ein Sonderfall sei, zum anderen gebe es im Ernstfall immer noch die Europäische Zentralbank (EZB). 'Die EZB kann anderen Notenbanken im Ernstfall gestatten, ihren Instituten genügend Geld zur Verfügung zu stellen ', sagt Krämer. Es handelt sich hier um das Notprogramm Emergency Liquidity Assistance (ELA). Die irische Notenbank konnte damit die Sparer des Landes beruhigen, die im Strudel der Finanzkrise eiligst ihre Konten geräumt hatten.

Einig sind sich die Experten, dass mit dem Plan, das Geld der Kleinsparer in die Haftung zu nehmen, ein elementarer Grundsatz des Finanzsystems untergraben wird - die Politik spielt mit dem Vertrauen der Sparer. Der US-Ökonom und Nobelpreisträger Paul Krugman drückte es in der New York Times so aus: 'Es ist, als ob die Europäer eine Leuchtreklame hoch halten, auf der in italienischer und griechischer Sprache steht: Zeit, die Banken zu stürmen!' Negative Konsequenzen könnte das auch für die Wirtschaftsentwicklung haben. 'In den Euro-Reformländern steigt die Unsicherheit, ausländische Investoren könnten ihre Gelder zurückhalten, aus Furcht', sagt Folker Hellmeyer, Chefanalyst der Bremer Landesbank. Die Konjunkturerholung in diesen Staaten könnte sich nun verzögern, so Hellmeyer, der darauf hofft, dass für die Kleinsparer auf Zypern eine Lösung gefunden wird, etwa durch Einziehen eines Freibetrag von einen zigtausend Euro.

Zyprische Banken trugen im vergangenen Jahr - ebenso wie die anderen Institute in der Eurozone - die Kosten für die Umstrukturierung der griechischen Staatsschulden. Die Insel hat damit einen Beitrag zur Rettung Griechenlands geleistet, was die eigenen Sorgen im Finanzsektors aber weiter vergrößerte. Stefan Bielmeier, Chefvolkswirt der DZBank, sieht nun zwei Alternativen: 'Entweder das zyprische Parlament billigt die Rettungsaktion, und wir haben es in der Folge mit einem längeren Prozess neuer politischer Risiken in den Finanzmärkten zu tun', so der Experte. 'Oder aber die Abstimmung in Zypern fällt durch, dann bewegen wir uns auf eine neue Eskalationsstufe der Krise hin, da damit möglicherweise der Ausstieg eines Landes aus der Eurozone im Raum steht.' Das zyprische Parlament will am Dienstag entscheiden, wie die Modalitäten genau aussehen. Gut möglich, dass die Kleinsparer doch noch zu einem Großteil geschont werden, was den Tabubruch aber nicht ungeschehen macht.

Allerdings kann man die Sache durchaus auch pragmatisch sehen: 'Zyprische Banken haben einjährige Einlagen zuletzt mit rund vier Prozent verzinst', sagt Chefvolkswirt Krämer. 'Wenn man das ins Verhältnis zu der geplanten Abgabe von 6,7Prozent setzt, dann relativiert sich doch einiges.'

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