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Von der Politik im Stich gelassen

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Umfrage zeigt: Viele Kinder und Jugendliche wollen mitgestalten, wissen aber nicht wie. Sie fühlen sich von der Politik allein gelassen.

Ein Großteil der Kinder und Jugendlichen in Deutschland fühlt sich einer Umfrage zufolge von der Politik im Stich gelassen. Zwei Drittel hätten den Eindruck, dass es die Bundesregierung zu wenig interessiert, was junge Menschen denken, sagte der Präsident des Deutschen Kinderhilfswerkes, Thomas Krüger, am Donnerstag in Berlin bei der Vorstellung einer Studie zum politischen Engagement von Jugendlichen. Sie basiert auf einer Umfrage unter 10- bis 17-Jährigen.


Laut der Umfrage seien viele Jugendliche politisch uninteressiert.

Noch schlechter ist es um das Ansehen der Kommunalpolitik bestellt. Hier haben nur 15 Prozent den Eindruck, dass sich Lokalpolitiker für junge Menschen und deren Anliegen interessieren, heißt es weiter. Die Hälfte der Befragten gab an, sich nicht politisch engagieren zu wollen. Andererseits zeigte sich aber jeder Dritte (32 Prozent) 'interessiert' am politischen Engagement. Deutschlandweit wurden dafür 830 Kinder und Jugendliche befragt. Die Umfrage wurde vom Bundesfamilienministerium gefördert.

Krüger forderte als Konsequenz einen Ausbau der Beteiligungsmöglichkeiten von jungen Menschen. Neben einer Senkung des Wahlalters auf 16 oder sogar 14 Jahre müsse insbesondere der Wunsch nach Mitbestimmungsmöglichkeiten in der Schule ernst genommen werden, sagte Krüger. Die Schulgesetze der Länder müssten entsprechend verändert werden. Laut Umfrage besteht bei Kindern und Jugendlichen ein großes Informationsdefizit bei den Themen Mitbestimmung und Beteiligung. 44 Prozent der Befragten wussten nicht, ob sie auf Entscheidungen vor Ort Einfluss nehmen oder sich politisch engagieren können. Als Hauptinformationsquellen in dieser Frage gaben mehr als die Hälfte (58 Prozent) Schule und Lehrer an. 'Schule ist der Lernort für Politik schlechthin', betonte Krüger.

Hier finde der Transfer sozialer Kompetenzen statt, politisches Interesse könne geweckt werden. Deshalb dürften Fächer wie Politik, Sozialkunde und Geschichte nicht weiter zugunsten von Pisa-relevanten Fächern wie Mathematik, Naturwissenschaften und Sprachen zurückgedrängt werden. 'Die Ergebnisse geben Anlass zur Unruhe', sagte Kinderhilfswerk-Präsident Thomas Krüger. Viele Kinder hätten 'zugemacht' und ließen politische Kommunikation nicht mehr an sich heran. Die meisten kannten nicht einmal den Namen des Bürgermeisters in ihrem Ort.

'Die Politik muss auf allen Ebenen alles daran setzen, das Vertrauen der Kinder und Jugendlichen wiederherzustellen', forderte Krüger. Das Gefühl, dass die Bundespolitik sie im Stich lasse, sei bei den Schülern aber immer noch weniger stark ausgeprägt als bei vielen Erwachsenen. Bei einer ähnlichen Frage im Fairnessbarometer hätten fast drei Viertel der Erwachsenen die Regierung als unfair bezeichnet. Der Wille zu politischem Engagement steigt bei Kindern der Umfrage zufolge bis zum 15. Lebensjahr an. In dieser Zeit helfe die Schule beim Bilden von Werturteilen und schüre Interesse. Danach - in der zentralen Phase der Pubertät - sei ein deutlicher Bruch zu verzeichnen, sagte Krüger. Das sei ein Grund, über das Wahlalter nachzudenken. Ziel müsse sein, Jugendliche dann wählen zu lassen, wenn sie politisch am meisten interessiert seien, also bereits mit 14 Jahren.

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