Yoann Lemoine ist Illustrator und Grafikdesigner, er dreht Videos für Pop-Superstars und fotografiert Vogue-Cover. Als Woodkid hat er jetzt auch noch sein erstes Album veröffentlicht. Will uns der Mann etwas sagen?
Ein Mädchen steht im Märchenwald, still und stumm, genauer gesagt: die Schauspielerin Elle Fanning, das gelangweilte Kleinkind aus Sofia Coppolas Film 'Somewhere'. Hier, in diesem kurzen Internetvideo, kaut sie an ihren Fingerspitzen, zieht im Gegenlicht an den eigenen Haarsträhnen, streift durch Sumpfwiesen. Ohne Worte, man hört Geigen und Wind, flirrenden Orchesternebel, plötzlich setzen bretternde Militärpauken ein. Klein-Elle hält sich Äste gegen den Kopf, als dramatisches Geweih. Und noch bevor am Ende der echte Hirsch aufmarschiert, das ultimative Symbol für irgendwas, weiß man, dass das alles nur ein Parfumwerbespot sein kann. Weil Menschen und Tiere nur in der Parfümwerbung solche Sachen tun.
Yoann Lemoine, der 29-jährige Franzose aus Reims, der für die Firma Lolita Lempicka diesen Reklame-Clip gedreht und - unter dem Pseudonym Woodkid - auch die Musik dazu gemacht hat, ist nicht nur einer der derzeit begehrtesten Spezialisten fürs dezent-schwüle Bild. Er ist das, was man früher, ganz früher ein Universalgenie genannt hätte. Heute ist er ein cleverer Multimediaschaffender, der sich gegen den Niedergang der Branchen dadurch absichert, dass er auch bei den jeweils anderen einen Fuß in der Tür hat.
Regisseur, Illustrator, Fotograf, Musiker: Multitalent Yoann Lemoine alias Woodkid.
Lemoine führt Regie, bei Werbespots oder großen Musikvideos, für Lana Del Rey oder Taylor Swift. Er ist Fotograf, unter anderem für 'Vogue'-Titelbilder, arbeitet als Illustrator und Grafikdesigner. Neuerdings komponiert, singt und produziert er auch noch Popsongs. So erfolgreich, dass die Leute ihm bei seinen Woodkid-Konzerten die Bude einrennen. Das in diesen Tagen erscheinende erste Album 'The Golden Age' (Island/Universal) gilt als Topthema und Hipster-Acessoire erster Klasse, unter Blog-Gläubigen und allen anderen, denen ein etwas übermotivierter Medien-Workaholic im Zweifel lieber ist als die übernächste Turnschuhgruppe.
Die Woodkid-Musik ignoriert die Gitarren ganz, setzt das Großorchester wie eine Rockband ein, derb und simpel, wie man es selten gehört hat: Nussknackersuite und neoromantische Hollywood-Klassik, Dr. Schiwago meets Dr. Dolittle, mit Balkan-Schwermut, Getrommel, tintendunkler Klavierbegleitung, und Lemoine singt dazu wie ein herzkranker Matrose - auf Urlaub im Mondscheingarten. Wer sich wundert, wieso die jungen Studentinnen darauf so abfahren, muss nur die Videos sehen: 'Iron' zum Beispiel, vor zwei Jahren als Vorhut ins Netz gestellt, ist ein Streufeuer aus Mode-Chiffren, das Model Agyness Deyn tritt als Amazone auf, dazu tätowierte Krieger, Eulen, Wölfe, rätselhafte Schlüssel, die 'Unendliche Geschichte' in Speckstein-Calvin-Klein-Schwarzweiß.
Dass Woodkids eigene Musikfilme eine fortlaufende, wenn auch wirre Geschichte erzählen sollen und der 'The Golden Age'-CD ein illustriertes Märchenbuch beiliegt, das passt ebenso ins Bild wie die Tatsache, dass seine Songs - gemacht für Musikvideos, die wie Modespots aussehen, die als Musikvideos durchgehen wollen, und so weiter - wiederum von Designern aufgegriffen, als Inspirationen genannt, bei Schauen gespielt werden. Unter anderem von Gaultier und Christian Dior.
Das Problem bei Woodkid ist also nicht das Pathos, das auf seinem Album immerhin sehr konsequent, sehr bildstark ausgerollt wird. Es ist etwas, das gar nicht mal in der Musik liegt - sondern darin, wie im Werk eines solchen Mediensupermanns die Werbung und das inhaltlich Motivierte ineinanderzufließen drohen, notwendigerweise, ununterscheidbar. Wie die Trennung zwischen Kunst und Corporate Publishing hier nicht nur wie selbstverständlich aufgehoben, sondern geradezu für sinnlos und altmodisch erklärt wird. Was die Werbung euphemistisch 'Storytelling' nennt, die Übersetzung abstrakter Marken in konkret vorstellbare, natürlich völlig oberflächliche, nur zu Zweck und Schein erzählte Geschichten: Das macht Woodkid mit seinen Stücken. Vom großen Kino bleibt nur noch der Trailer, die Geste, die auf nichts verweist. Und vom Gesamtkünstler: der röhrende Hirsch.
Ein Mädchen steht im Märchenwald, still und stumm, genauer gesagt: die Schauspielerin Elle Fanning, das gelangweilte Kleinkind aus Sofia Coppolas Film 'Somewhere'. Hier, in diesem kurzen Internetvideo, kaut sie an ihren Fingerspitzen, zieht im Gegenlicht an den eigenen Haarsträhnen, streift durch Sumpfwiesen. Ohne Worte, man hört Geigen und Wind, flirrenden Orchesternebel, plötzlich setzen bretternde Militärpauken ein. Klein-Elle hält sich Äste gegen den Kopf, als dramatisches Geweih. Und noch bevor am Ende der echte Hirsch aufmarschiert, das ultimative Symbol für irgendwas, weiß man, dass das alles nur ein Parfumwerbespot sein kann. Weil Menschen und Tiere nur in der Parfümwerbung solche Sachen tun.
Yoann Lemoine, der 29-jährige Franzose aus Reims, der für die Firma Lolita Lempicka diesen Reklame-Clip gedreht und - unter dem Pseudonym Woodkid - auch die Musik dazu gemacht hat, ist nicht nur einer der derzeit begehrtesten Spezialisten fürs dezent-schwüle Bild. Er ist das, was man früher, ganz früher ein Universalgenie genannt hätte. Heute ist er ein cleverer Multimediaschaffender, der sich gegen den Niedergang der Branchen dadurch absichert, dass er auch bei den jeweils anderen einen Fuß in der Tür hat.
Regisseur, Illustrator, Fotograf, Musiker: Multitalent Yoann Lemoine alias Woodkid.
Lemoine führt Regie, bei Werbespots oder großen Musikvideos, für Lana Del Rey oder Taylor Swift. Er ist Fotograf, unter anderem für 'Vogue'-Titelbilder, arbeitet als Illustrator und Grafikdesigner. Neuerdings komponiert, singt und produziert er auch noch Popsongs. So erfolgreich, dass die Leute ihm bei seinen Woodkid-Konzerten die Bude einrennen. Das in diesen Tagen erscheinende erste Album 'The Golden Age' (Island/Universal) gilt als Topthema und Hipster-Acessoire erster Klasse, unter Blog-Gläubigen und allen anderen, denen ein etwas übermotivierter Medien-Workaholic im Zweifel lieber ist als die übernächste Turnschuhgruppe.
Die Woodkid-Musik ignoriert die Gitarren ganz, setzt das Großorchester wie eine Rockband ein, derb und simpel, wie man es selten gehört hat: Nussknackersuite und neoromantische Hollywood-Klassik, Dr. Schiwago meets Dr. Dolittle, mit Balkan-Schwermut, Getrommel, tintendunkler Klavierbegleitung, und Lemoine singt dazu wie ein herzkranker Matrose - auf Urlaub im Mondscheingarten. Wer sich wundert, wieso die jungen Studentinnen darauf so abfahren, muss nur die Videos sehen: 'Iron' zum Beispiel, vor zwei Jahren als Vorhut ins Netz gestellt, ist ein Streufeuer aus Mode-Chiffren, das Model Agyness Deyn tritt als Amazone auf, dazu tätowierte Krieger, Eulen, Wölfe, rätselhafte Schlüssel, die 'Unendliche Geschichte' in Speckstein-Calvin-Klein-Schwarzweiß.
Dass Woodkids eigene Musikfilme eine fortlaufende, wenn auch wirre Geschichte erzählen sollen und der 'The Golden Age'-CD ein illustriertes Märchenbuch beiliegt, das passt ebenso ins Bild wie die Tatsache, dass seine Songs - gemacht für Musikvideos, die wie Modespots aussehen, die als Musikvideos durchgehen wollen, und so weiter - wiederum von Designern aufgegriffen, als Inspirationen genannt, bei Schauen gespielt werden. Unter anderem von Gaultier und Christian Dior.
Das Problem bei Woodkid ist also nicht das Pathos, das auf seinem Album immerhin sehr konsequent, sehr bildstark ausgerollt wird. Es ist etwas, das gar nicht mal in der Musik liegt - sondern darin, wie im Werk eines solchen Mediensupermanns die Werbung und das inhaltlich Motivierte ineinanderzufließen drohen, notwendigerweise, ununterscheidbar. Wie die Trennung zwischen Kunst und Corporate Publishing hier nicht nur wie selbstverständlich aufgehoben, sondern geradezu für sinnlos und altmodisch erklärt wird. Was die Werbung euphemistisch 'Storytelling' nennt, die Übersetzung abstrakter Marken in konkret vorstellbare, natürlich völlig oberflächliche, nur zu Zweck und Schein erzählte Geschichten: Das macht Woodkid mit seinen Stücken. Vom großen Kino bleibt nur noch der Trailer, die Geste, die auf nichts verweist. Und vom Gesamtkünstler: der röhrende Hirsch.