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Kommentar: Videoclips und weiße Unterwäsche

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Es gibt viele Unternehmen, die ihre Mitarbeiter über die Grenzen des guten Geschmacks hinaus ausspionieren. Aber nicht jede Verhaltensvorschrift ist sittenwidrig.


Nichts bringt Arbeitnehmer mehr auf die Palme als die Bespitzelung durch Chefs. In der Vergangenheit hat es viele solcher Fälle gegeben. Der Discounter Lidl etwa ließ Mitarbeiter mit versteckten Kameras überwachen. Das Unternehmen beauftragte Detektive, um die Lebensverhältnisse der Beschäftigen auszuspionieren. Der Textildiscounter Kik soll sogar die private Finanzlage seiner Angestellten überprüft haben. Auch Bahn, Post und Telekom und andere waren in Verruf geraten. Die Bahn etwa bespitzelte Mitarbeiter, hörte Telefongespräche ab, weil sie Korruption auf die Spur kommen wollte. Und die Telekom ließ Telefonate von Mitarbeitern und von Journalisten überwachen. Die Post hat an einigen Standorten Krankenakten über Mitarbeiter geführt und sogar intimste Details über den Gesundheitszustand der Angestellten gesammelt.

Das alles war nicht in Ordnung.

Nicht okay war auch eine ganz besondere Vorschrift der US-Supermarktkette Wal-Mart. Die wollte nämlich in ihren sogenannten Ethik-Richtlinien durchsetzen, dass Mitarbeiter private Kontakte vermeiden. Die Sache ging vor Gericht: Der deutsche Betriebsrat war gegen diese Ethik-Richtlinien vorgegangen. Das Arbeitsgericht in Wuppertal untersagte einige Bestimmungen in der 28 Seiten starken Abhandlung, darunter das Flirtverbot. Wal-Mart wollte den Beschäftigten vorschreiben: "Sie dürfen nicht mit jemandem ausgehen oder in eine Liebesbeziehung zu jemandem treten, wenn Sie die Arbeitsbedingungen dieser Person beeinflussen können oder der Mitarbeiter Ihre Arbeitsbedingungen beeinflussen kann." Auch untersagt die Richtlinie "sexuell deutbare Kommunikation jeder Art". Die Gewerkschaft Verdi verbuchte den Beschluss des Gerichts als Erfolg. Der Kodex beinhalte schwerwiegende Eingriffe in die Persönlichkeitsrechte, hieß es damals. Wal-Mart hat sich längst aus Deutschland zurückgezogen und seine deutschen Filialen an den Konkurrenten Metro verkauft.



Die Deutsche Post stand in der Kritik, weil sie teilweise intimste Details über den Gesundheitszustand ihrer Mitarbeiter sammelte.

Allerdings: Nicht jede Verhaltensvorschrift ist sittenwidrig. Dazu gehört etwa, wenn Verkäufern das Wording vorgegeben wird. Immerhin bestimmen gerade sie das Image der Firma in den Läden mit. Handlungsanweisungen und Sprachregelungen sind in vielen Unternehmen nicht unüblich. Dies soll nach außen ein einheitliches Erscheinungsbild und eine klare Kundenansprache sicherstellen. Der US-Computerkonzern Apple etwa soll in einem Arbeitsbuch solche Sprachregeln zusammengefasst haben. Das Apple-Buch kursiert in Auszügen im Technikblog gizmodo. Dort gibt es klare Anweisungen an Verkäufer und Berater, was sie sagen dürfen und was nicht. Auf dem Index etwa steht das Wort "crash", Absturz. "Never say crash", heißt es in dem Blog. Apple-Computer stürzen eben nicht ab, sondern sie "antworten nicht". "Probleme" sind "Situationen" oder "Bedingungen". Die Laptops laufen nicht "heiß", sondern sie "erwärmen sich" und die Produkte sind keinesfalls "nicht kompatibel", sondern "arbeiten nicht zusammen". Das Schulungsbuch soll sogar die Körpersprache vorschreiben: Wer Nase oder Augen reibt, signalisiere Geheimnistuerei, wer den Kopf in die Hand stützt, zeige Langeweile und wer auf der Stuhlkante sitze, sei aufgeschlossen und kooperativ. Ziel aller Anweisungen sei es, dem Kunden ein gutes Gefühl zu vermitteln. Er soll glücklich und zufrieden mit einem Kaufvertrag in der Tasche den Laden verlassen.

Auch eine Kleiderordnung dürfen Firmen durchaus vorgeben - besonders für Mitarbeiter mit Kundenkontakt. Dies entschied das Landesarbeitsgericht Köln vor zwei Jahren für die Fluggastkontrolleure am Flughafen Köln/Bonn. Die dürfen seither nur in weißer oder fleischfarbener Unterwäsche erscheinen, wenn dies dem Schutz der vom Arbeitgeber gestellten Dienstkleidung und einen ordentlichen Erscheinungsbild dient. Muster- und Farblosigkeit gilt auch für Feinstrumpfhosen und Socken. Außerdem kann der Chef verlangen, dass das Haar gewaschen und der Bart rasiert wurde. Dass Männern dagegen verboten wurde, die Haare zu färben und dass Frauen die Fingernägel nur einfarbig lackieren sollten, ging den Richtern zu weit. Dresscodes sind es überdies auch bei Banken üblich. Bei der Schweizer Großbank UBS sind enge Röcke und knallbunte Krawatten für Schalterleute verpönt.

Unumstritten ist dagegen, dass eine Duz-Vorschrift, so wie beim Möbelhaus Ikea, nicht erzwungen werden kann. Mitarbeiter machen sich aber womöglich zu Außenseitern, wenn sie auf dem "Sie" beharren. Gehört das "Du" zur Firmenkultur dann sollten sie sich daran halten - oder eine neue Firma suchen.


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