Washington spielt die Pendeldiplomatie von Außenminister John Kerry in Nahost herunter. Doch allmählich wird klar, wie die USA den Friedensprozess in Gang bringen wollen: mit der Türkei als Makler
Auf Friedenssuche in Nahost ist US-Außenminister John Kerry wieder in Jerusalem eingetroffen. Gerade einmal zwei Wochen sind vergangen seit seinem letzten Besuch an der Seite von Präsident Barack Obama - und gekommen ist er erneut mit leeren Händen, aber offenen Ohren. Washington wird nicht müde zu betonen, dass das Ziel dieser Pendeldiplomatie allein darin besteht, die Bedingungen auszuloten für die Aufnahme direkter Gespräche. Doch jenseits der neuen Bescheidenheit wird langsam ein Konzept sichtbar, wie die neue US-Regierung den jahrelangen Stillstand überwinden will. Sie setzt dabei nicht allein auf Überzeugungsarbeit bei Israelis und Palästinensern, sondern dreht gleich an mehreren Stellschrauben in der Region, um das eingerostete Räderwerk des Friedensprozesses wieder in Gang zu setzen. Eine Schlüsselrolle könnte dabei der Türkei zufallen. Doch noch klemmt es an allen Ecken und Enden.
John Kerry mit dem israelischen Präsidenten Shimon Perez
Kerrys Verhandlungstag in Jerusalem begann mit lautem Sirenengeheul. Israel gedachte am Montag der sechs Millionen Opfer des Holocaust, landesweit stand wie in jedem Jahr zu diesem Trauertag für zwei Minuten während des Sirenenklangs das Leben still. Der amerikanische Außenminister legte in Jad Vaschem einen Kranz nieder, Gedenkveranstaltungen gab es später auch in der Knesset. In Israel ist dies kein Tag für politische Gespräche, weshalb sich Kerry im Jerusalemer US-Konsulat zunächst den Palästinensern widmete, deren Präsident Mahmud Abbas er bereits am Vorabend in Ramallah gesprochen hatte. Israels Präsident Schimon Peres traf er erst am späten Nachmittag, das Gespräch mit Premier Benjamin Netanjahu steht an diesem Dienstagmorgen auf dem Programm.
In diesen Treffen geht es darum, beide Seiten zu vertrauensbildenden Maßnahmen zu bewegen, um ein positives Klima für neue Gespräche zu schaffen. Aus Ramallah hat Kerry bereits die Zusicherung erhalten, dass für die nächsten Wochen alle Bemühungen auf Eis gelegt werden, weitere internationale Anerkennung für einen Palästinenser-Staat zu gewinnen. Das Zentralkomitee der regierenden Fatah erließ, um guten Willen zu demonstrieren, dazu auf Antrag von Abbas eigens eine Resolution. Im Gegenzug versucht Kerry die Palästinenser mit der Zusicherung an den Verhandlungstisch zu locken, dass eingefrorene Hilfsgelder ausgezahlt werden und Israel palästinensische Bauprojekte im Westjordanland erleichtern könnte.
Abbas versicherte seinem Gast aus Washington zwar, dass er an neuen Verhandlungen mit Israel interessiert sei. Doch von seinen alten Bedingungen rückte er laut palästinensischen Medienberichten nicht ab: Israel solle erst den Siedlungsbau einstellen und palästinensische Gefangene freilassen. Für die Gespräche mit der Gegenseite gab er Kerry noch mit auf den Weg, Netanjahu müsse eine Karte mit seinen Vorstellungen von den Grenzen eines künftigen Palästinenser-Staats vorlegen.
In Israel wird das rundheraus abgelehnt, weil die Festlegung auf mögliche Grenzen den Verhandlungsspielraum einschränken würde. Eine Rückkehr zu den Grenzen von 1967, vor der Eroberung der palästinensischen Gebiete, hatte Netanjahu bereits mehrfach ausgeschlossen. Eine Geste des guten Willens zeigte jedoch auch Israel schon kurz nach Obamas Besuch mit der Freigabe palästinensischer Zoll- und Steuereinnahmen, die zuvor als Bestrafung zurückgehalten worden waren.
Der Graben zwischen den Kontrahenten erscheint allerdings so groß, dass die USA nach Helfern suchen. Weil Ägypten, dem in arabischen Vorfrühlingszeiten unter Präsident Hosni Mubarak die Vermittlerrolle zugekommen war, wegen der inneren Turbulenzen weitgehend paralysiert ist, setzen die USA nun wieder verstärkt auf die Türkei. Von Vorteil ist, dass die Regierung in Ankara zu den Palästinensern, zumal zu der im Westen als Terrororganisation boykottierten Hamas, enge Beziehungen pflegt. Ein Nachteil ist jedoch, dass zunächst einmal das arg ramponierte Verhältnis zu Israel wieder vollständig gekittet werden müsste.
Deshalb hatte Obama noch kurz vor seinem Abflug jenes Telefonat arrangiert, bei dem sich Netanjahu bei Premier Recep Tayyip Erdogan dafür entschuldigte, dass Israels Armee 2010 neun türkische Staatsbürger bei der Erstürmung eines Hilfsschiffs für den Gazastreifen getötet hatte. Und deshalb war die Türkei nun auch als erste Station auf Kerrys nahöstlicher Vermittlungstour ausgewählt worden. Dort lobte er die israelisch-türkischen Beziehungen als 'wichtig für die Stabilität des Nahen Ostens und entscheidend für den Friedensprozess'.
In Israel gibt es jedoch deutliche Vorbehalte gegen eine Makler-Rolle der Türken. Die Regierung in Ankara hatte ihrem Volk Israels späte Entschuldigung allzu propagandistisch als Kapitulation verkauft, und noch vor Kurzem hatte Erdogan Israel einen 'terroristischen Staat' genannt. Als Alternative könnte für die USA deshalb noch eine Modifizierung der 2002 von Saudi-Arabien vorgelegten Arabischen Friedensinitiative in Betracht kommen. Abbas brach deshalb gleich nach seinem Gespräch mit Kerry nach Katar zu einem Treffen der Arabischen Liga auf. Erdogan, der jordanische König sowie der Emir von Katar werden in den nächsten Wochen auch in Washington empfangen.
Kein Weg erscheint derzeit den Amerikanern zu weit in ihrem Anlauf zu neuen Friedensverhandlungen. Die Sondierungsphase ist auf zwei Monate veranschlagt, und israelische Medien berichten, dass Kerry in dieser Zeit alle zwei Wochen in die Region reisen will. Die Streithähne sollen wissen, dass er wiederkommt. Sie wissen allerdings auch, dass er wieder wegfliegt.
Auf Friedenssuche in Nahost ist US-Außenminister John Kerry wieder in Jerusalem eingetroffen. Gerade einmal zwei Wochen sind vergangen seit seinem letzten Besuch an der Seite von Präsident Barack Obama - und gekommen ist er erneut mit leeren Händen, aber offenen Ohren. Washington wird nicht müde zu betonen, dass das Ziel dieser Pendeldiplomatie allein darin besteht, die Bedingungen auszuloten für die Aufnahme direkter Gespräche. Doch jenseits der neuen Bescheidenheit wird langsam ein Konzept sichtbar, wie die neue US-Regierung den jahrelangen Stillstand überwinden will. Sie setzt dabei nicht allein auf Überzeugungsarbeit bei Israelis und Palästinensern, sondern dreht gleich an mehreren Stellschrauben in der Region, um das eingerostete Räderwerk des Friedensprozesses wieder in Gang zu setzen. Eine Schlüsselrolle könnte dabei der Türkei zufallen. Doch noch klemmt es an allen Ecken und Enden.
John Kerry mit dem israelischen Präsidenten Shimon Perez
Kerrys Verhandlungstag in Jerusalem begann mit lautem Sirenengeheul. Israel gedachte am Montag der sechs Millionen Opfer des Holocaust, landesweit stand wie in jedem Jahr zu diesem Trauertag für zwei Minuten während des Sirenenklangs das Leben still. Der amerikanische Außenminister legte in Jad Vaschem einen Kranz nieder, Gedenkveranstaltungen gab es später auch in der Knesset. In Israel ist dies kein Tag für politische Gespräche, weshalb sich Kerry im Jerusalemer US-Konsulat zunächst den Palästinensern widmete, deren Präsident Mahmud Abbas er bereits am Vorabend in Ramallah gesprochen hatte. Israels Präsident Schimon Peres traf er erst am späten Nachmittag, das Gespräch mit Premier Benjamin Netanjahu steht an diesem Dienstagmorgen auf dem Programm.
In diesen Treffen geht es darum, beide Seiten zu vertrauensbildenden Maßnahmen zu bewegen, um ein positives Klima für neue Gespräche zu schaffen. Aus Ramallah hat Kerry bereits die Zusicherung erhalten, dass für die nächsten Wochen alle Bemühungen auf Eis gelegt werden, weitere internationale Anerkennung für einen Palästinenser-Staat zu gewinnen. Das Zentralkomitee der regierenden Fatah erließ, um guten Willen zu demonstrieren, dazu auf Antrag von Abbas eigens eine Resolution. Im Gegenzug versucht Kerry die Palästinenser mit der Zusicherung an den Verhandlungstisch zu locken, dass eingefrorene Hilfsgelder ausgezahlt werden und Israel palästinensische Bauprojekte im Westjordanland erleichtern könnte.
Abbas versicherte seinem Gast aus Washington zwar, dass er an neuen Verhandlungen mit Israel interessiert sei. Doch von seinen alten Bedingungen rückte er laut palästinensischen Medienberichten nicht ab: Israel solle erst den Siedlungsbau einstellen und palästinensische Gefangene freilassen. Für die Gespräche mit der Gegenseite gab er Kerry noch mit auf den Weg, Netanjahu müsse eine Karte mit seinen Vorstellungen von den Grenzen eines künftigen Palästinenser-Staats vorlegen.
In Israel wird das rundheraus abgelehnt, weil die Festlegung auf mögliche Grenzen den Verhandlungsspielraum einschränken würde. Eine Rückkehr zu den Grenzen von 1967, vor der Eroberung der palästinensischen Gebiete, hatte Netanjahu bereits mehrfach ausgeschlossen. Eine Geste des guten Willens zeigte jedoch auch Israel schon kurz nach Obamas Besuch mit der Freigabe palästinensischer Zoll- und Steuereinnahmen, die zuvor als Bestrafung zurückgehalten worden waren.
Der Graben zwischen den Kontrahenten erscheint allerdings so groß, dass die USA nach Helfern suchen. Weil Ägypten, dem in arabischen Vorfrühlingszeiten unter Präsident Hosni Mubarak die Vermittlerrolle zugekommen war, wegen der inneren Turbulenzen weitgehend paralysiert ist, setzen die USA nun wieder verstärkt auf die Türkei. Von Vorteil ist, dass die Regierung in Ankara zu den Palästinensern, zumal zu der im Westen als Terrororganisation boykottierten Hamas, enge Beziehungen pflegt. Ein Nachteil ist jedoch, dass zunächst einmal das arg ramponierte Verhältnis zu Israel wieder vollständig gekittet werden müsste.
Deshalb hatte Obama noch kurz vor seinem Abflug jenes Telefonat arrangiert, bei dem sich Netanjahu bei Premier Recep Tayyip Erdogan dafür entschuldigte, dass Israels Armee 2010 neun türkische Staatsbürger bei der Erstürmung eines Hilfsschiffs für den Gazastreifen getötet hatte. Und deshalb war die Türkei nun auch als erste Station auf Kerrys nahöstlicher Vermittlungstour ausgewählt worden. Dort lobte er die israelisch-türkischen Beziehungen als 'wichtig für die Stabilität des Nahen Ostens und entscheidend für den Friedensprozess'.
In Israel gibt es jedoch deutliche Vorbehalte gegen eine Makler-Rolle der Türken. Die Regierung in Ankara hatte ihrem Volk Israels späte Entschuldigung allzu propagandistisch als Kapitulation verkauft, und noch vor Kurzem hatte Erdogan Israel einen 'terroristischen Staat' genannt. Als Alternative könnte für die USA deshalb noch eine Modifizierung der 2002 von Saudi-Arabien vorgelegten Arabischen Friedensinitiative in Betracht kommen. Abbas brach deshalb gleich nach seinem Gespräch mit Kerry nach Katar zu einem Treffen der Arabischen Liga auf. Erdogan, der jordanische König sowie der Emir von Katar werden in den nächsten Wochen auch in Washington empfangen.
Kein Weg erscheint derzeit den Amerikanern zu weit in ihrem Anlauf zu neuen Friedensverhandlungen. Die Sondierungsphase ist auf zwei Monate veranschlagt, und israelische Medien berichten, dass Kerry in dieser Zeit alle zwei Wochen in die Region reisen will. Die Streithähne sollen wissen, dass er wiederkommt. Sie wissen allerdings auch, dass er wieder wegfliegt.