Für die Palästinenser ist der Gefangene Samer Issawi eine Symbolfigur. Sollte er sterben, wären die Folgen für Israel fatal.
Wenn er stirbt, dann droht Gewalt, und nach mehr als acht Monaten im Hungerstreik ist Samer Issawi dem Tod wohl näher als dem Leben. Abgemagert auf 40 Kilogramm liegt er in einem israelischen Krankenhaus, über Schläuche wird ihm das Nötigste zugeführt, nach Angaben seines Anwalts ist das Herz schwach, die Nieren sind angegriffen, und immer wieder wird er von Schmerz und Schwindel überwältigt. Mit der selbstgewählten Tortur will der 33-Jährige seine Freilassung aus israelischer Haft erzwingen - und mit seinem Leiden ist er zum neuesten Symbol geworden für den Kampf der Palästinenser gegen Israel.
Samer Issawi ist einer von fast 5000 palästinensischen Gefangenen in israelischen Haftanstalten, deren Schicksal plötzlich ganz nach oben gerückt ist auf der Konfliktagenda. Präsident Mahmud Abbas hat gerade erst dem US-Außenminister John Kerry erklärt, dass er ohne eine Freilassung von Gefangenen keine neuen Friedensverhandlungen beginnen will. Am Mittwoch, dem alljährlichen 'Tag der Gefangenen', wurden landesweit Protestmärsche organisiert, und im Gazastreifen ist gar in einem früher auch von den Israelis benutzten Kerker ein Gefangenenmuseum eröffnet worden, das die Besucher nach dem Willen der dort herrschenden Hamas zum 'bewaffneten Kampf' anstacheln soll. Emotional und politisch wird das Thema enorm aufgeladen in diesen Tagen, und für Israel braut sich einiges zusammen. Der Fall des Samer Issawi könnte dabei zum Fanal werden.
Mit seinem Hungerstreik will der Palästinenser Samer Issawi seine Freilassung aus israelischer Haft erzwingen - und ist damit zu einem Helden der protestierenden Palästinenser geworden.
Schon 2002 war Issawi wegen Terrortaten zu 30 Jahren Haft verurteilt worden. Im Herbst 2011 zählte er jedoch zu jenen 1027 Gefangenen, die im Austausch für den entführten israelischen Soldaten Gilad Schalit freigelassen worden waren. Issawis Freiheit aber währte nur kurz: Im Juli wurde erneut verhaftet, weil er von seiner Wohnung in Ostjerusalem aus in ein Stadtviertel gefahren war, das zu den Palästinensergebieten gezählt wird. Weil er damit gegen die Auflage verstoßen hat, das Westjordanland nicht zu betreten, droht ihm nun eine Abbüßung der Reststrafe.
Aus Protest war er deshalb Anfang August mit drei anderen Gefangenen in den Hungerstreik getreten. Zwei davon hörten im Februar auf, weil ihnen eine Freilassung im Mai zugesagt wurde, einer stimmte seiner Deportation in den Gazastreifen zu. Issawi jedoch hungert weiter - und treibt die Staatsmacht vor sich her. Mittlerweile haben ihm die Israelis die Ausreise in ein europäisches Land oder die Abschiebung nach Gaza angeboten. Doch Issawi beharrt darauf, in seine Heimatstadt Jerusalem entlassen zu werden.
Anfang April verbreitete sich eine von ihm verfasste 'Hunger-Rede' mit rasender Geschwindigkeit um den halben Globus. Gerichtet ist diese dramatische Schilderung seines Leidens an Israels Intellektuelle, denen er 'kaltes Schweigen' vorwirft und sie auffordert, 'das Schießpulver von ihren Stiften zu wischen'. Als Antwort schrieben bekannter Autoren wie Amos Oz, Abrahahm B. Jehoschua und Nir Baram einen Brief an Issawi, in dem sie ihn zum Ende des Hungerstreiks aufforderten: 'Wir fühlen, dass der Selbstmord, den du begehen willst, dem Konflikt zwischen zwei Völkern eine weitere Dimension der Tragik und Verzweiflung hinzufügt.'
Welche Dimension das haben könnte, war bei Unruhen in den vergangenen Monaten bereits aufgeflackert, nachdem zwei Palästinenser in israelischer Haft gestorben waren. Als im Februar der Familienvater Arafat Dscharadat nach Verhören durch den Inlandsgeheimdienst Schin Bet angeblich an Herzversagen starb, sprach der palästinensische Gefangenenminister von 'Folter' und einem 'Kriegsverbrechen'. Anfang April wurde der 64-jährige Abu Hamdija zum 'Märtyrer', nachdem er in der Haft einem Krebskleiden erlag. Präsident Abbas persönlich warf Israel vor, den Tod durch unterlassene medizinische Hilfe verschuldet zu haben.
Mit ihrer Kritik an den Haftbedingungen stehen die Palästinenser überdies nicht allein da. Geteilt wird dies zu Beispiel von israelischen Organisationen wie den 'Ärzten für Menschenrechte'. Amnesty International fordert regelmäßig ein Ende der sogenannten Administrativhaft, bei der Palästinenser ohne Anklage oft über Jahre im Gefängnis gehalten werden, derzeit betrifft das knapp 200Häftlinge. Und das UN-Kinderhilfswerk Unicef übte im März heftige Kritik an den Haftbedingungen für palästinensische Minderjährige. Derzeit sind 236 in Israel inhaftiert, 39 davon sind jünger als 15Jahre.
Für die Regierenden in Ramallah ist die Empörung politisches Kapital. Kaum ein Tag vergeht nun ohne offizielle Erklärung zur Gefangenen-Frage, keine Kabinettssitzung endet ohne Appell an Israel oder die Welt. Ungelegen kommt dabei allerdings ein Zwischenruf aus der Zelle - ausgerechnet von Marwan Barghuthi, dem prominentesten palästinensischen Gefangenen, dem bei einer Freilassung gute Chancen aufs Präsidentenamt gegeben werden. Zum elften Jahrestag seiner Inhaftierung hat er nun der palästinensischen Führung vorgeworfen, zu wenig Druck für seine Freilassung zu machen. 'Die Gefangenenfrage', so grollt er, 'stand in den vergangenen 20 Jahren nicht auf der Verhandlungsagenda.'
Wenn er stirbt, dann droht Gewalt, und nach mehr als acht Monaten im Hungerstreik ist Samer Issawi dem Tod wohl näher als dem Leben. Abgemagert auf 40 Kilogramm liegt er in einem israelischen Krankenhaus, über Schläuche wird ihm das Nötigste zugeführt, nach Angaben seines Anwalts ist das Herz schwach, die Nieren sind angegriffen, und immer wieder wird er von Schmerz und Schwindel überwältigt. Mit der selbstgewählten Tortur will der 33-Jährige seine Freilassung aus israelischer Haft erzwingen - und mit seinem Leiden ist er zum neuesten Symbol geworden für den Kampf der Palästinenser gegen Israel.
Samer Issawi ist einer von fast 5000 palästinensischen Gefangenen in israelischen Haftanstalten, deren Schicksal plötzlich ganz nach oben gerückt ist auf der Konfliktagenda. Präsident Mahmud Abbas hat gerade erst dem US-Außenminister John Kerry erklärt, dass er ohne eine Freilassung von Gefangenen keine neuen Friedensverhandlungen beginnen will. Am Mittwoch, dem alljährlichen 'Tag der Gefangenen', wurden landesweit Protestmärsche organisiert, und im Gazastreifen ist gar in einem früher auch von den Israelis benutzten Kerker ein Gefangenenmuseum eröffnet worden, das die Besucher nach dem Willen der dort herrschenden Hamas zum 'bewaffneten Kampf' anstacheln soll. Emotional und politisch wird das Thema enorm aufgeladen in diesen Tagen, und für Israel braut sich einiges zusammen. Der Fall des Samer Issawi könnte dabei zum Fanal werden.
Mit seinem Hungerstreik will der Palästinenser Samer Issawi seine Freilassung aus israelischer Haft erzwingen - und ist damit zu einem Helden der protestierenden Palästinenser geworden.
Schon 2002 war Issawi wegen Terrortaten zu 30 Jahren Haft verurteilt worden. Im Herbst 2011 zählte er jedoch zu jenen 1027 Gefangenen, die im Austausch für den entführten israelischen Soldaten Gilad Schalit freigelassen worden waren. Issawis Freiheit aber währte nur kurz: Im Juli wurde erneut verhaftet, weil er von seiner Wohnung in Ostjerusalem aus in ein Stadtviertel gefahren war, das zu den Palästinensergebieten gezählt wird. Weil er damit gegen die Auflage verstoßen hat, das Westjordanland nicht zu betreten, droht ihm nun eine Abbüßung der Reststrafe.
Aus Protest war er deshalb Anfang August mit drei anderen Gefangenen in den Hungerstreik getreten. Zwei davon hörten im Februar auf, weil ihnen eine Freilassung im Mai zugesagt wurde, einer stimmte seiner Deportation in den Gazastreifen zu. Issawi jedoch hungert weiter - und treibt die Staatsmacht vor sich her. Mittlerweile haben ihm die Israelis die Ausreise in ein europäisches Land oder die Abschiebung nach Gaza angeboten. Doch Issawi beharrt darauf, in seine Heimatstadt Jerusalem entlassen zu werden.
Anfang April verbreitete sich eine von ihm verfasste 'Hunger-Rede' mit rasender Geschwindigkeit um den halben Globus. Gerichtet ist diese dramatische Schilderung seines Leidens an Israels Intellektuelle, denen er 'kaltes Schweigen' vorwirft und sie auffordert, 'das Schießpulver von ihren Stiften zu wischen'. Als Antwort schrieben bekannter Autoren wie Amos Oz, Abrahahm B. Jehoschua und Nir Baram einen Brief an Issawi, in dem sie ihn zum Ende des Hungerstreiks aufforderten: 'Wir fühlen, dass der Selbstmord, den du begehen willst, dem Konflikt zwischen zwei Völkern eine weitere Dimension der Tragik und Verzweiflung hinzufügt.'
Welche Dimension das haben könnte, war bei Unruhen in den vergangenen Monaten bereits aufgeflackert, nachdem zwei Palästinenser in israelischer Haft gestorben waren. Als im Februar der Familienvater Arafat Dscharadat nach Verhören durch den Inlandsgeheimdienst Schin Bet angeblich an Herzversagen starb, sprach der palästinensische Gefangenenminister von 'Folter' und einem 'Kriegsverbrechen'. Anfang April wurde der 64-jährige Abu Hamdija zum 'Märtyrer', nachdem er in der Haft einem Krebskleiden erlag. Präsident Abbas persönlich warf Israel vor, den Tod durch unterlassene medizinische Hilfe verschuldet zu haben.
Mit ihrer Kritik an den Haftbedingungen stehen die Palästinenser überdies nicht allein da. Geteilt wird dies zu Beispiel von israelischen Organisationen wie den 'Ärzten für Menschenrechte'. Amnesty International fordert regelmäßig ein Ende der sogenannten Administrativhaft, bei der Palästinenser ohne Anklage oft über Jahre im Gefängnis gehalten werden, derzeit betrifft das knapp 200Häftlinge. Und das UN-Kinderhilfswerk Unicef übte im März heftige Kritik an den Haftbedingungen für palästinensische Minderjährige. Derzeit sind 236 in Israel inhaftiert, 39 davon sind jünger als 15Jahre.
Für die Regierenden in Ramallah ist die Empörung politisches Kapital. Kaum ein Tag vergeht nun ohne offizielle Erklärung zur Gefangenen-Frage, keine Kabinettssitzung endet ohne Appell an Israel oder die Welt. Ungelegen kommt dabei allerdings ein Zwischenruf aus der Zelle - ausgerechnet von Marwan Barghuthi, dem prominentesten palästinensischen Gefangenen, dem bei einer Freilassung gute Chancen aufs Präsidentenamt gegeben werden. Zum elften Jahrestag seiner Inhaftierung hat er nun der palästinensischen Führung vorgeworfen, zu wenig Druck für seine Freilassung zu machen. 'Die Gefangenenfrage', so grollt er, 'stand in den vergangenen 20 Jahren nicht auf der Verhandlungsagenda.'