Spike Lee hat, 25 Jahre nach dem Erscheinen von 'Bad', einen Dokumentarfilm über seinen Freund Michael Jackson gedreht
Sie trauern noch immer um Michael Jackson: Sein Bodyguard weint haltlos, sein Anwalt kämpft mit den Tränen, sein betagter Aufnahmetechniker lässt ihnen freien Lauf, und der Songwriterin und der Justiziarin geht es auch nicht besser. Der amerikanische Filmemacher Spike Lee hat sie besucht. Lee gilt als Revolutionär des 'Black Cinema' (Do The Right Thing); anlässlich des 25.Jahrestages von Jacksons Album 'Bad' hat er nun einen Dokumentarfilm gedreht. Darin betont er den gesellschaftskritischen Ansatz der Jackson-Songs und befragt Prominente zu dessen Lebenswerk: Quincy Jones, Sheryl Crow, Jacksons Background-Sängerin auf der 'Bad'-Tour, Martin Scorsese, der das 'Bad'-Video filmte.
Michael Jackson: typische Jacke
Auch Spike Lee hat schon für Michael Jackson gearbeitet: Er drehte zu 'They Don"t Care About Us' zwei Musikvideos - die durfte man in Jacksons Anwesenheit übrigens nie Videoclips nennen, er sah sie als 'Kurzfilme'. Vox zeigt nun die 120-Minuten-Doku Bad 25 erstmals in Deutschland, noch vor der Ausstrahlung in den USA. In Venedig beim Filmfest hat Spike Lee seine Doku vorgestellt.
SZ: Wann sind Sie Michael Jackson zum ersten Mal persönlich begegnet?
Spike Lee: Das war bei einem Wohltätigkeitsessen für den 'United Negro College Fund', lange bevor wir zusammen gearbeitet haben. Damals haben wir uns aber nur die Hände geschüttelt.
'They Don"t Care About Us' verstand Michael Jackson als Protestsong gegen alles, was Jugendliche in unterprivilegierten Verhältnissen erdulden müssen. Sie haben den Clip in einer Favela von Rio de Janeiro gedreht und später in einem US-Gefängnis noch mal neu interpretiert.
Michael rief mich an und sagte: 'Ich möchte, dass Du für mein HIStory-Album etwas verfilmst. Du suchst dir einfach einen Song daraus aus.' Er spielte mir alle neuen Lieder vor, und ich entschied mich für 'Stranger in Moscow'.
Diesen Song hatte er auf dem Höhepunkt der Berichterstattung über seinen Kindesmissbrauchs-Prozess als Medienschelte geschrieben?
Ja, er fühlte sich durch diese Hatz von aller Welt vollkommen isoliert. Aber er wollte auf gar keinen Fall, dass ich diesen Song filmisch umsetze. Er schrie: 'Nein, nein, nein! Du machst ,They Don"t Care About Us!"' Er war ganz enttäuscht, dass ich mir den, seiner Ansicht nach, perfekten Stoff für mich nicht selber gleich herausgepickt hatte.
Sind Sie denn gut miteinander klar gekommen?
Ja, auf alle Fälle, wir waren uns 'simpatico', verstanden uns also wie alte Kumpels.
Wo waren Sie, als Sie die Nachricht von Michael Jacksons Tod erreichte?
Ich war in Cannes bei einer Telekommunikations-Konferenz.
Was haben Sie da gefühlt?
Ich war zwei Monate lang gar nicht mehr richtig bei mir. Sein Tod hat mich ungeheuer hart getroffen, ich konnte es nicht fassen.
Es war auch der Verlust einer Symbolfigur...
Er war noch so jung. Er hat vielen Leuten auf der ganzen Welt etwas bedeutet.
Es gibt eine mehrere Minuten lange Sequenz in Ihrem Film, in der Sie zu einer Montage zusammengeschnitten haben, wie selbst Hartgesottene der Showbranche vor Ihrer Kamera über Michaels Tod bitterlich weinen. Was haben Sie zu denen gesagt?
Nichts Bestimmtes. Ich habe selber geweint, als Michael starb! Haben Sie denn nicht geweint?
Nein.
Aber haben Sie bei der Szene im Vorführraum geweint? Wer da nicht wenigstens ein paar Tränen verdrückt, hat ein eiskaltes Herz.
Na gut, ich bin bis zum Ende des Abspanns sitzen geblieben, damit niemand die verlaufene Wimperntusche sieht.
Der Song, der zum Abspann läuft, ist nicht einmal auf dem Album! Den darf man sich auch nicht entgehen lassen.
Warum haben Sie mit niemandem von der Jackson-Familie für die Doku gesprochen?
Sie hatte nichts mit dem Album zu tun.
Einmal erzählt Michael im Film über seinen Geburtstag und sagt: 'Ich habe mich chic gemacht für die anderen. Aber dann ist doch keiner gekommen.' Sagt das alles über dieses Verhältnis aus?
Die Dynamiken dieser Familie sind hochkomplex. Mehr sage ich dazu nicht.
Wie kommen Sie eigentlich mit Prince aus? Von Michaels alten Rivalen hätte man auch ein Statement im Film erwartet, zumal Sie für ihn auch einmal ein Video gedreht haben. Es fehlt aber.
Prince und ich kommen sehr gut miteinander aus. Aber er wollte nicht. Um keinen Preis.
Was war der Unterschied zwischen jemandem wie Michael Jackson und Prince?
Michael Jackson war der berühmteste Mensch der Welt zu seiner Zeit. Den bekamst du nicht ans Telefon. Auch als Freund nicht. Bei Prince war das immer anders.
Michael hat die Geschichte des Pop sehr stark mitgeprägt. Aber war er, der zeitweise immer 'weißer' zu werden schien, für die Black-Pride-Bewegung in den USA nicht eine denkbar ambivalente Figur?
Sehen Sie sich 'Bad' an. Das Lied hat er gesungen, um klarzustellen, zu wem er gehört. Denken Sie an das Szenario des Videos. Das Ganze spielt in Harlem, der afroamerikanischen Hauptstadt. Und es tritt Wesley Snipes darin auf, als Anführer einer Gang und Michaels Antipode. Das war alles klar kalkuliert; als Michaels Signal an die schwarze Community: Bringt da nichts durcheinander, ich habe nicht vergessen, wo ich herkomme!
Wie geht es Wesley Snipes denn?
Der sitzt noch 16 Monate im Gefängnis wegen Steuerhinterziehung.
Hatten Sie Kontakt zu ihm?
Ich habe ihn einmal im Gefängnis besucht.
Und was sagt er so?
Er schmiedet Filmpläne für die Zeit danach.
Haben Sie schon einmal daran gedacht, einen fiktionalen Film über Michael Jacksons Leben zu drehen?
Wer sollte darin Michael Jackson spielen? Sollen wir uns da irgendeinen Michael-Jackson-Imitator hinstellen? Das können Sie gleich vergessen.
Bad 25, Vox, Samstag, 22.15 Uhr.
Sie trauern noch immer um Michael Jackson: Sein Bodyguard weint haltlos, sein Anwalt kämpft mit den Tränen, sein betagter Aufnahmetechniker lässt ihnen freien Lauf, und der Songwriterin und der Justiziarin geht es auch nicht besser. Der amerikanische Filmemacher Spike Lee hat sie besucht. Lee gilt als Revolutionär des 'Black Cinema' (Do The Right Thing); anlässlich des 25.Jahrestages von Jacksons Album 'Bad' hat er nun einen Dokumentarfilm gedreht. Darin betont er den gesellschaftskritischen Ansatz der Jackson-Songs und befragt Prominente zu dessen Lebenswerk: Quincy Jones, Sheryl Crow, Jacksons Background-Sängerin auf der 'Bad'-Tour, Martin Scorsese, der das 'Bad'-Video filmte.
Michael Jackson: typische Jacke
Auch Spike Lee hat schon für Michael Jackson gearbeitet: Er drehte zu 'They Don"t Care About Us' zwei Musikvideos - die durfte man in Jacksons Anwesenheit übrigens nie Videoclips nennen, er sah sie als 'Kurzfilme'. Vox zeigt nun die 120-Minuten-Doku Bad 25 erstmals in Deutschland, noch vor der Ausstrahlung in den USA. In Venedig beim Filmfest hat Spike Lee seine Doku vorgestellt.
SZ: Wann sind Sie Michael Jackson zum ersten Mal persönlich begegnet?
Spike Lee: Das war bei einem Wohltätigkeitsessen für den 'United Negro College Fund', lange bevor wir zusammen gearbeitet haben. Damals haben wir uns aber nur die Hände geschüttelt.
'They Don"t Care About Us' verstand Michael Jackson als Protestsong gegen alles, was Jugendliche in unterprivilegierten Verhältnissen erdulden müssen. Sie haben den Clip in einer Favela von Rio de Janeiro gedreht und später in einem US-Gefängnis noch mal neu interpretiert.
Michael rief mich an und sagte: 'Ich möchte, dass Du für mein HIStory-Album etwas verfilmst. Du suchst dir einfach einen Song daraus aus.' Er spielte mir alle neuen Lieder vor, und ich entschied mich für 'Stranger in Moscow'.
Diesen Song hatte er auf dem Höhepunkt der Berichterstattung über seinen Kindesmissbrauchs-Prozess als Medienschelte geschrieben?
Ja, er fühlte sich durch diese Hatz von aller Welt vollkommen isoliert. Aber er wollte auf gar keinen Fall, dass ich diesen Song filmisch umsetze. Er schrie: 'Nein, nein, nein! Du machst ,They Don"t Care About Us!"' Er war ganz enttäuscht, dass ich mir den, seiner Ansicht nach, perfekten Stoff für mich nicht selber gleich herausgepickt hatte.
Sind Sie denn gut miteinander klar gekommen?
Ja, auf alle Fälle, wir waren uns 'simpatico', verstanden uns also wie alte Kumpels.
Wo waren Sie, als Sie die Nachricht von Michael Jacksons Tod erreichte?
Ich war in Cannes bei einer Telekommunikations-Konferenz.
Was haben Sie da gefühlt?
Ich war zwei Monate lang gar nicht mehr richtig bei mir. Sein Tod hat mich ungeheuer hart getroffen, ich konnte es nicht fassen.
Es war auch der Verlust einer Symbolfigur...
Er war noch so jung. Er hat vielen Leuten auf der ganzen Welt etwas bedeutet.
Es gibt eine mehrere Minuten lange Sequenz in Ihrem Film, in der Sie zu einer Montage zusammengeschnitten haben, wie selbst Hartgesottene der Showbranche vor Ihrer Kamera über Michaels Tod bitterlich weinen. Was haben Sie zu denen gesagt?
Nichts Bestimmtes. Ich habe selber geweint, als Michael starb! Haben Sie denn nicht geweint?
Nein.
Aber haben Sie bei der Szene im Vorführraum geweint? Wer da nicht wenigstens ein paar Tränen verdrückt, hat ein eiskaltes Herz.
Na gut, ich bin bis zum Ende des Abspanns sitzen geblieben, damit niemand die verlaufene Wimperntusche sieht.
Der Song, der zum Abspann läuft, ist nicht einmal auf dem Album! Den darf man sich auch nicht entgehen lassen.
Warum haben Sie mit niemandem von der Jackson-Familie für die Doku gesprochen?
Sie hatte nichts mit dem Album zu tun.
Einmal erzählt Michael im Film über seinen Geburtstag und sagt: 'Ich habe mich chic gemacht für die anderen. Aber dann ist doch keiner gekommen.' Sagt das alles über dieses Verhältnis aus?
Die Dynamiken dieser Familie sind hochkomplex. Mehr sage ich dazu nicht.
Wie kommen Sie eigentlich mit Prince aus? Von Michaels alten Rivalen hätte man auch ein Statement im Film erwartet, zumal Sie für ihn auch einmal ein Video gedreht haben. Es fehlt aber.
Prince und ich kommen sehr gut miteinander aus. Aber er wollte nicht. Um keinen Preis.
Was war der Unterschied zwischen jemandem wie Michael Jackson und Prince?
Michael Jackson war der berühmteste Mensch der Welt zu seiner Zeit. Den bekamst du nicht ans Telefon. Auch als Freund nicht. Bei Prince war das immer anders.
Michael hat die Geschichte des Pop sehr stark mitgeprägt. Aber war er, der zeitweise immer 'weißer' zu werden schien, für die Black-Pride-Bewegung in den USA nicht eine denkbar ambivalente Figur?
Sehen Sie sich 'Bad' an. Das Lied hat er gesungen, um klarzustellen, zu wem er gehört. Denken Sie an das Szenario des Videos. Das Ganze spielt in Harlem, der afroamerikanischen Hauptstadt. Und es tritt Wesley Snipes darin auf, als Anführer einer Gang und Michaels Antipode. Das war alles klar kalkuliert; als Michaels Signal an die schwarze Community: Bringt da nichts durcheinander, ich habe nicht vergessen, wo ich herkomme!
Wie geht es Wesley Snipes denn?
Der sitzt noch 16 Monate im Gefängnis wegen Steuerhinterziehung.
Hatten Sie Kontakt zu ihm?
Ich habe ihn einmal im Gefängnis besucht.
Und was sagt er so?
Er schmiedet Filmpläne für die Zeit danach.
Haben Sie schon einmal daran gedacht, einen fiktionalen Film über Michael Jacksons Leben zu drehen?
Wer sollte darin Michael Jackson spielen? Sollen wir uns da irgendeinen Michael-Jackson-Imitator hinstellen? Das können Sie gleich vergessen.
Bad 25, Vox, Samstag, 22.15 Uhr.