Jan Dutscheck, bei dem man die Bedienung von Fahrkartenautomaten lernen kann.
Die Volkshochschule ist ein Ort für den Eskapismus im Kleinen: ideoplastisches Zeichnen, thailändische Heilmassage, solche Sachen. Im Gebiet des Verkehrsverbundes Mittelthüringen aber wird noch Basisarbeit geleistet. Jan Dutscheck, 34, erklärt in 'Mobilitätskursen' an Volkshochschulen regelmäßig die Bedienung von Fahrkartenautomaten. Er ist sozusagen der wichtigste Mann im alltäglichen Tarifkonflikt.
SZ: Herr Dutscheck, bei Ihnen im Kurs gab es vor einer Weile eine Frage zum Handyticket.
Jan Dutscheck: Na, was heißt Frage, es ist schon vorgekommen, dass Kunden versucht haben, ihr Handy in den Entwertungsdrucker zu stopfen. Noch häufiger aber gibt es Schwierigkeiten mit dem Online-Ticket. Das ist so ein A4-Bogen, und im Kurs fragen die Kunden dann, wie oft sie den falten müssten, damit er in den Entwerter passt.
Sind Ihre Automaten so kompliziert?
Ich habe mal in der Presse gelesen, in Thüringen müsse jeder Bürger jetzt einen ÖPNV-Kurs an der Volkshochschule machen. Um Gottes willen, nein!
Wer kommt denn zu Ihnen in den Kurs?
Vorzugsweise ältere Leute, aber es sind nicht nur Senioren. Da sind Menschen dabei, die seit 20 Jahren weder Bus noch Bahn gefahren sind. Damals hatten die Automaten noch andere Farben, und das Tarifsystem war ein ganz anderes. Es gibt am Automaten heute viel komplexere Produkte, da steht eine ganz andere Philosophie dahinter.
![]()
An Fahrkartenautomaten wie diesen Berliner Exemplaren kann man so komplexe Produkte kaufen, dass an Volkshochschulen inzwischen gelehrt wird, wie man auch tatsächlich das Ticket bekommt, das man haben möchte.
So kompliziert kann das doch nicht sein.
Sehen Sie es mal so: Den Verkehrsverbund Mittelthüringen gibt es seit 2006. Das waren vorher zwölf Einzelunternehmen, teilweise 100 Jahre alt und mit ganz unterschiedlichen Tarifsystemen. Unser kleinster Partner ist das Verkehrsunternehmen Schröder aus dem Saale-Holzland-Kreis, das bedient nur zwei, drei Linien. Für deren Kunden hat sich die Auswahl massiv erhöht. Immerhin haben wir im Verbund etwa 2500 Haltestellen.
Gibt es eine Faustregel für den Fahrkartenkauf?
Die Kernaussage muss sein: Es gibt nicht die per se günstige Fahrkarte, es gibt sie nur für ein bestimmtes Mobilitätsverhalten. Manche Karten haben ja einen Zusatznutzen, den ich gebrauchen könnte.
Stichwort Mitnahme-Mentalität.
Genau, mit der Abo-Monatskarte können Sie wochentags ab 19 Uhr zwei Personen mitnehmen, am Wochenende sogar ganztägig. Sie können eine Person auch gegen einen Hund tauschen, das wissen viele nicht.
Aber muss denn alles immer komplizierter werden?
Vieles müssen die Kunden ja gar nicht wissen, das macht der Automat im Hintergrund. Von Erfurt nach Jena sind es zum Beispiel sieben Tarifzonen: 10, 522, 521, 20, 511, 512, 30. Die Zehner sind die großen Cityzonen, die 500er das Weimarer Land. Den Ticketpreis kann man sich da manuell ausrechnen, aber das macht ja keiner.
Was wollen die Teilnehmer wissen?
Ein Thema ist da Entwertung, ganz klar. Wann kommen Karten entwertet aus dem Automaten und wann nicht? Gerade ältere Personen möchten sich bevorraten, die wollen also unentwertet kaufen und dann bei Bedarf entwerten. Aber es kommt eben immer wieder vor, dass Kunden im Fahrzeug drei Fahrscheine lösen und dann kommen alle drei entwertet raus.
Grau ist alle Theorie, Herr Dutscheck.
Deswegen gehen wir mit den Kunden ja auch raus. In Jena sind es von der VHS bis zum Bahnhof Paradies zwei Minuten zu Fuß. Dort stehen zwei Automaten der Deutschen Bahn und einer des Jenaer Nahverkehrs. Da lässt sich gut erklären, wie man an verschiedenen Automaten dasselbe Produkt kaufen kann.
Das ist ja das Problem! Immer mehr Automaten für dieselben Alltäglichkeiten.
Schon, aber wir nehmen da Hemmschwellen. Die Leute können die Automaten gemeinsam ausprobieren, bis zum Bezahl-Button passiert ja erst mal nichts. Und wir brauchen die Automaten. Ein Bus hat im Fahrplan auf Minuten genau heruntergerechnet bestimmte Haltezeiten. Wenn jetzt 20 Leute eine Karte beim Fahrer kaufen wollen, ist das ein Problem.
In Berlin geht das.
Wenn ich mit dem Auto fahre und zwei Minuten zu spät komme, ist das nicht das Problem. Das kann aber nicht der Anspruch im ÖPNV sein.
Die Volkshochschule ist ein Ort für den Eskapismus im Kleinen: ideoplastisches Zeichnen, thailändische Heilmassage, solche Sachen. Im Gebiet des Verkehrsverbundes Mittelthüringen aber wird noch Basisarbeit geleistet. Jan Dutscheck, 34, erklärt in 'Mobilitätskursen' an Volkshochschulen regelmäßig die Bedienung von Fahrkartenautomaten. Er ist sozusagen der wichtigste Mann im alltäglichen Tarifkonflikt.
SZ: Herr Dutscheck, bei Ihnen im Kurs gab es vor einer Weile eine Frage zum Handyticket.
Jan Dutscheck: Na, was heißt Frage, es ist schon vorgekommen, dass Kunden versucht haben, ihr Handy in den Entwertungsdrucker zu stopfen. Noch häufiger aber gibt es Schwierigkeiten mit dem Online-Ticket. Das ist so ein A4-Bogen, und im Kurs fragen die Kunden dann, wie oft sie den falten müssten, damit er in den Entwerter passt.
Sind Ihre Automaten so kompliziert?
Ich habe mal in der Presse gelesen, in Thüringen müsse jeder Bürger jetzt einen ÖPNV-Kurs an der Volkshochschule machen. Um Gottes willen, nein!
Wer kommt denn zu Ihnen in den Kurs?
Vorzugsweise ältere Leute, aber es sind nicht nur Senioren. Da sind Menschen dabei, die seit 20 Jahren weder Bus noch Bahn gefahren sind. Damals hatten die Automaten noch andere Farben, und das Tarifsystem war ein ganz anderes. Es gibt am Automaten heute viel komplexere Produkte, da steht eine ganz andere Philosophie dahinter.
![](http://jetzt.sueddeutsche.de/upl/images/user/je/jetzt-redaktion/text/regular/968858.jpg)
An Fahrkartenautomaten wie diesen Berliner Exemplaren kann man so komplexe Produkte kaufen, dass an Volkshochschulen inzwischen gelehrt wird, wie man auch tatsächlich das Ticket bekommt, das man haben möchte.
So kompliziert kann das doch nicht sein.
Sehen Sie es mal so: Den Verkehrsverbund Mittelthüringen gibt es seit 2006. Das waren vorher zwölf Einzelunternehmen, teilweise 100 Jahre alt und mit ganz unterschiedlichen Tarifsystemen. Unser kleinster Partner ist das Verkehrsunternehmen Schröder aus dem Saale-Holzland-Kreis, das bedient nur zwei, drei Linien. Für deren Kunden hat sich die Auswahl massiv erhöht. Immerhin haben wir im Verbund etwa 2500 Haltestellen.
Gibt es eine Faustregel für den Fahrkartenkauf?
Die Kernaussage muss sein: Es gibt nicht die per se günstige Fahrkarte, es gibt sie nur für ein bestimmtes Mobilitätsverhalten. Manche Karten haben ja einen Zusatznutzen, den ich gebrauchen könnte.
Stichwort Mitnahme-Mentalität.
Genau, mit der Abo-Monatskarte können Sie wochentags ab 19 Uhr zwei Personen mitnehmen, am Wochenende sogar ganztägig. Sie können eine Person auch gegen einen Hund tauschen, das wissen viele nicht.
Aber muss denn alles immer komplizierter werden?
Vieles müssen die Kunden ja gar nicht wissen, das macht der Automat im Hintergrund. Von Erfurt nach Jena sind es zum Beispiel sieben Tarifzonen: 10, 522, 521, 20, 511, 512, 30. Die Zehner sind die großen Cityzonen, die 500er das Weimarer Land. Den Ticketpreis kann man sich da manuell ausrechnen, aber das macht ja keiner.
Was wollen die Teilnehmer wissen?
Ein Thema ist da Entwertung, ganz klar. Wann kommen Karten entwertet aus dem Automaten und wann nicht? Gerade ältere Personen möchten sich bevorraten, die wollen also unentwertet kaufen und dann bei Bedarf entwerten. Aber es kommt eben immer wieder vor, dass Kunden im Fahrzeug drei Fahrscheine lösen und dann kommen alle drei entwertet raus.
Grau ist alle Theorie, Herr Dutscheck.
Deswegen gehen wir mit den Kunden ja auch raus. In Jena sind es von der VHS bis zum Bahnhof Paradies zwei Minuten zu Fuß. Dort stehen zwei Automaten der Deutschen Bahn und einer des Jenaer Nahverkehrs. Da lässt sich gut erklären, wie man an verschiedenen Automaten dasselbe Produkt kaufen kann.
Das ist ja das Problem! Immer mehr Automaten für dieselben Alltäglichkeiten.
Schon, aber wir nehmen da Hemmschwellen. Die Leute können die Automaten gemeinsam ausprobieren, bis zum Bezahl-Button passiert ja erst mal nichts. Und wir brauchen die Automaten. Ein Bus hat im Fahrplan auf Minuten genau heruntergerechnet bestimmte Haltezeiten. Wenn jetzt 20 Leute eine Karte beim Fahrer kaufen wollen, ist das ein Problem.
In Berlin geht das.
Wenn ich mit dem Auto fahre und zwei Minuten zu spät komme, ist das nicht das Problem. Das kann aber nicht der Anspruch im ÖPNV sein.