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Wenn Wissen ein Fremdwort ist

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Kinder mit Migrationshintergrund haben relativ schlechte Bildungschancen - diese Meinung vertritt das Deutsche Jugendistitut in seinem ersten Kinder-Migrationsreport.


München - Werden Kinder, deren Eltern aus Nordafrika oder arabischen Ländern stammen, häufiger geschlagen als ihre deutschen Mitschüler? Behalten türkische Familien ihre Kinder bewusst zu Hause, anstatt sie durch Sprachunterricht im Kindergarten fördern zu lassen? Es sind provokante Thesen, die das Deutsche Jugendinstitut (DJI) in seinem ersten Kinder-Migrationsreport untersucht. Die Studie bildet die Gefühls- und Bildungswelt der Zukunft ab. Denn ein Drittel der Kinder unter 15 Jahren in Deutschland hat einen Migrationshintergrund.

90 Prozent dieser Kinder, deren Eltern oder Großeltern eingewandert sind, wurden hierzulande geboren, 70 Prozent haben die deutsche Staatsbürgerschaft. DJI-Chef Thomas Rauschenbach ordnet die Ergebnisse, für die erstmals Schul- und Kinderhilfestatistiken, der Mikrozensus und Untersuchungen wie die World-Vision-Studie zusammengeführt wurden, so ein: 'Der Migrationshintergrund ist nicht die einzige Kategorie für ungleiche Lebenschancen, die soziale Lage ist ebenfalls sehr entscheidend.' Es zeige sich aber, dass Familien mit Migrationshintergrund insgesamt deutlich schlechtere Bildungs-, Berufs- und Einkommensressourcen hätten als Familien deutscher Herkunft.



ein Kind mit Migrationshintergrund hat angeblich schlechtere Chancen als eines ohne

Fast jedes sechste Kind mit ausländischen Eltern lebt in einer Familie, die von Armut geprägt ist; beinahe jedes vierte wächst in einem Haus auf, in dem Bildung ein Fremdwort ist. Es sind vor allem Kinder der ersten Generation, also Jungen und Mädchen, die mit ihren Eltern zugewandert sind, die mit diesen Problemen zu kämpfen haben. Kinder aus deutschen Familien sind bei Armut nur halb so stark betroffen, ihr Anteil bei Familien mit Bildungsdefiziten ist nur ein Viertel so hoch.

Ein wesentlicher Befund der DJI-Untersuchung ist aber auch, dass es 'das' Migrantenkind nicht gibt. So wie es bei deutschen Familien eine große Bandbreite gibt, ist es bei Familien, deren Wurzeln im Ausland liegen. Das Beispiel der Sozialwissenschaftler: Ein Kind türkischer Eltern, die einen niedrigen Bildungsstatus haben und arbeitslos sind, wächst anders auf als ein Kind aus einer polnischen Familie, wo Vater und Mutter über eine akademische Ausbildung und Festanstellung verfügen.

Kinder mit und ohne Migrationshintergrund geben gleichermaßen an, sich in ihrer Familie wohlzufühlen. Es gibt kaum Unterschiede in der Häufigkeit gemeinsamer Aktivitäten wie Singen, Vorlesen, Basteln oder auch Fernsehen. Die befragten Kinder sagen zu 97, beziehungsweise 98 Prozent, 'gerne mit meiner Familie zusammen' zu sein. Diese Wahrnehmung der Kleinen zieht sich quer durch die Gesellschaft. Lediglich bei Kindern aus niedrigeren sozialen Schichten scheint die Kommunikation mit dem Vater schlecht zu verlaufen. Sie geben an, selten mit ihm über Dinge sprechen zu können, die sie belasten. Dies betrifft sowohl Migranten wie Deutsche. Ratlos sind die Forscher über Zahlen, wonach ein doppelt so hoher Anteil von Mädchen und Jungen mit Zuwanderungsgeschichte von schwerer Gewalt berichtet. Vor allem Kinder aus den familiären Herkunftsregionen Arabien und Nordafrika sowie der Türkei berichten von Prügeln in ihrer Familie. Angesichts des harmonisch beschriebenen Familienklimas 'zeichnet sich weiterer Forschungsbedarf ab'.

Im Hinblick auf das Betreuungsgeld untersuchte das DJI die Quoten bei Kleinkindern. Einwanderungsfamilien lassen ihre Kinder seltener in Kitas betreuen, so das Ergebnis. 'Kulturelle Traditionen scheinen die Entscheidung für einen Kindergartenbesuch zu beeinflussen', so die Soziologin Kirsten Bruhns. In ihrer Sprachentwicklung unterstützt werden müssten vor allem Kinder mit türkischem Hintergrund. In späteren Jahren gibt es das Problem nicht mehr: Drei Viertel der Sechs- bis Achtjährigen sprechen zu Hause mit ihren Eltern und Geschwistern überwiegend Deutsch.Ulrike Heidenreich

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