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Im Rahmen des Gesetzes

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Der EuGH muss entscheiden, ob Youtube-Videos auf fremden Seiten erscheinen dürfen


Vernetzung und Verlinkung sind Grundlagen des Internets, weshalb die Netzgemeinde jeden mit Skepsis betrachtet, der diese Freiheit einzuschränken droht. Zu den potenziellen Beschränkern gehört naturgemäß der Bundesgerichtshof (BGH), der nun eine besonders verbreitete Praxis einer Prüfung unterzogen hat: das sogenannte Framing, auch Embedding genannt. Mit dieser Technik werden Videos vom Youtube-Server abgerufen und in einem Rahmen (Frame) auf einer anderen Website abgespielt. Dabei wird der Film nicht heruntergeladen, erscheint aber auf der Webseite eingebettet (Embedding). Die Entscheidung, ob dies urheberrechtlich problematisch ist, hat der BGH jetzt vertagt; er hat den Fall dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg vorgelegt.

Sollten die beiden Gerichtshöfe tatsächlich ernst machen mit einem Framing-Verbot, dann wäre das ein grundstürzender Eingriff in die Gewohnheiten, wie sie die sozialen Netzwerke prägen. Auf Facebook beispielsweise ist es unter den Nutzern üblich, Filme in die eigenen Seiten einzubetten. Wäre dies künftig von einer Lizenz desjenigen abhängig, der den Film bei Youtube hochgeladen hat, drohte eine Abmahnwelle.

Aber so weit wird es voraussichtlich nicht kommen. Zwar hat der erste Zivilsenat des BGH offenbar tatsächlich Zweifel, ob das Framing ähnlich unproblematisch ist wie andere Formen der Vernetzung und Verlinkung. Sogenannte Deep Links hat der BGH beispielsweise 2003 für unbedenklich erklärt, obwohl sie ein wenig an Framing erinnern. Damit können Suchmaschinenbetreiber ihre Nutzer direkt etwa zu den gefundenen Presseartikeln leiten - unter Umgehung der Startseite, die viele Anbieter als ihre Schokoladenseite herzeigen wollen. Auch gegen Thumbnails, also kleine Vorschaubilder, hatte das Karlsruher Gericht keine Einwände.



darf ein Youtube-Video auf einer fremden Seite gezeigt werden?

Dass beim Framing die Interessenlage ein wenig anders liegt, lässt sich am BGH-Fall illustrieren. Dort ging es um ein Video zum Thema Wasserverschmutzung, den ein Hersteller von Filtersystemen bei Youtube eingestellt hatte. Einem Konkurrenten gefiel der Film so gut, dass er ihn kurzerhand der eigenen Kundschaft präsentierte. Während also Links und Thumbnails als Wegweiser im Netz dienen, macht sich, wer ein Video in den eigenen Frame einpasst, das fremde Werk ein wenig zu eigen. Das hat urheberrechtlich womöglich doch mehr Gewicht.

Ob der EuGH die Karlsruher Skepsis teilt, ist freilich noch längst nicht ausgemacht. Das EU-Gericht habe in dieser Frage zwar bisher keine ganz eindeutige Haltung vertreten, doch in der Tendenz stehe es eher für den freien Warenverkehr, sagt Christian Triebe, Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht in Hamburg: "Ich persönlich glaube nicht, dass der EuGH da ein urheberrechtliches Problem sieht."

Hinzu kommt: Selbst wenn das Framing nach dem Urheberrecht sensibler sein sollte als das bloße Verlinken, führt das nicht automatisch zum Verbot. Denn wer Videos auf Youtube hochlädt, kann eine Funktion aktivieren, die das Einbetten in eine fremde Website unterbindet. Das wäre ein einfacher und wirkungsvoller Weg, um den Interessen der Betroffenen gerecht zu werden. So hatte der BGH 2010 in der Thumbnail-Entscheidung argumentiert: Die Künstlerin, die damals gegen die Abbildung ihrer Kunstwerke in der Vorschaubildergalerie geklagt hatte, hätte ihre Werke von der Anzeige in der Bildersuchmaschine ausnehmen können. Ihre Werke wären dann - ebenso wie ein fürs Framing gesperrtes Video - nur noch auf der Originalhomepage zu besichtigen. Wenn man sie denn findet.

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